Landtag

Flexible und billige Lösung für die Hochschulen: Lehrbeauftragte halten Seminare und manchmal sogar Vorlesungen. (Foto: dpa)

15.04.2016

Allzu billige Arbeitskräfte an den Unis

Wissenschaftsausschuss: Abgeordnete bemängeln einmal mehr unisono prekäre Beschäftigungsverhältnisse an Bayerns Hochschulen

Immer wieder poppt das Thema im Landtag auf: die extrem prekären Beschäftigungsverhältnisse an bayerischen Unis. Und regelmäßig fordern die Abgeordneten parteiübergreifend dann, es müsse sich endlich etwas ändern. Bewegt aber hat sich bislang wenig. Und so stand das Thema auch diese Woche wieder im Fokus des Wissenschaftsausschusses. Und einmal mehr wurde deutlich, woran es liegt: an der Autonomie der Hochschulen. „Mit der Eigenständigkeit der Hochschulen geht auch eine Verantwortung gegenüber dem Personal einher“, betonte Ausschusschef Michael Piazolo (FW). „Wenn das nicht klappt, muss die Politik reagieren, und auf dieser Stufe sind wir jetzt.“

Was in den Augen der Abgeordneten zum Beispiel gar nicht klappt: der Umgang mit Lehrbeauftragten. Sie sind weder Arbeitnehmer noch Beamte und nebenberuflich in der Lehre tätig – eigentlich. Denn in manchen Fakultäten tragen sie bereits das wesentliche Studienangebot, wie ein Bericht aus dem Wissenschaftsministerium zeigt. An fast jeder Hochschule gibt es einzelne Bereiche, in denen Lehrbeauftragte bereits mehr als 40 Prozent der gesamten Lehre übernommen haben. An den Unis Passau und Würzburg sowie einigen Fachhochschulen gibt es gar welche mit mehr als 50 Prozent. Das Problem dabei: Lehrbeauftragte sind weder sozialversichert noch haben sie Mitwirkungsrechte. Planungssicherheit gibt es nicht – „gerade für Frauen eine nicht hinnehmbare Situation“, sagte die SPD-Abgeordnete Isabell Zacharias. Und auch Verena Osgyan (Grüne) betonte: „Spätestens jetzt sind wir aufgefordert zu handeln.“

CSU: "Es kann nicht sein, dass der Gesetzgeber daran herumschraubt"

Doch dann kam sie wieder, die Eigenständigkeits-Keule. Bernd Kränzle (CSU) mahnte, die Autonomie der Hochschulen zu achten. „Auch mir sträuben sich die Nackenhaare, wenn ich sehe, dass Vergütungen von Lehrbeauftragten auf dem Niveau von Sport-Übungsleitern liegen“, sagte er, betonte aber zugleich: „Es kann nicht sein, dass der Gesetzgeber daran herumschraubt“, wenn an den Unis etwas falsch liefe.

Was am Ende als Zwischenlösung übrigblieb: Vertreter der Hochschulen sollen sich demnächst im Ausschuss erklären. Ob das etwas bringt, ist zweifelhaft. Die bayerischen Unis haben sich in jüngster Vergangenheit zwar schon einmal auf gemeinsame Standards verpflichtet, um die katastrophale Situation wissenschaftlicher Mitarbeiter, die oft mit Kurzzeitverträgen über Jahre hinweg abgespeist werden, zu verbessern. Ob diese Minimalstandards aber tatsächlich Verbesserungen mit sich bringen, bleibt abzuwarten.

Mit Unis reden bringt meist nicht viel - es ändert sich zu wenig

Andere Gespräche mit den Hochschulverbünden zeigten dagegen gar keine Wirkung: Die Lage der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter an den Unis ist so prekär wie eh und je. Rund 1400 Verträge wurden 2014 abgeschlossen – sage und schreibe 92 Prozent davon befristet, ein Drittel sogar sachgrundlos. Und das obwohl die Stellen oft Daueraufgaben betrafen, wie Personalräte von 13 der 17 bayerischen Hochschulen monieren. In einer Petition forderten sie deshalb, Jobs nicht mehr grundlos zu befristen und bestehende Befristungen zu verstetigen.

Leider war das ein aussichtsloses Unterfangen. Es gebe schlicht die Stellen nicht, hieß es in der Stellungnahme des Ministeriums. Und: Es sei nicht sinnvoll, den Universitäten „detaillierte Vorgaben in der Personalplanung zu machen“. Da war sie also schon wieder: die viel beschworene Autonomie.

Der Ausschuss lehnte denn auch eine Berücksichtigung der Petition mit den Stimmen der CSU ab, auch wenn Ausschuss-Vize Oliver Jörg (CSU) offenkundig Sympathie zeigte für die Forderung der Opposition, mit einer Berücksichtigung des Anliegens ein starkes Zeichen in Richtung Hochschulen und Ministerium zu setzen. Doch mehr als ein vages Versprechen des Ministeriumvertreters, mit dem nächsten Haushalt zu versuchen, die Rahmenbedingungen für die Mitarbeiter an Unis zu verbessern, kam am Ende nicht heraus. Und eine einstimmig angenommene sogenannte Würdigung, mit der die Petition an die Staatsregierung überwiesen wird. Das ist zwar ein Signal – allerdings kein sonderlich starkes.
(Angelika Kahl)

Kommentare (1)

  1. NEUES SCHAFFEN am 18.04.2016
    Dort, wo die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, könnten auf Dauer angelegte Stellen entfristet werden. Deshalb geht es in erster Linie um die Höhe und Priorisierung der Finanzmittel, die den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden. Die Autonomie der Hochschulen hier ins Feld zu führen, erscheint mir als Vorwand, um Nichts ändern zu müssen.
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