Landtag

18.05.2018

Arbeitsplätze als Integrationsmotoren

Bayerischer Integrationspreis: Landtag und Staatsregierung zeichnen drei Initiativen für die besonders gelungene Integration von Flüchtlingen ins Berufsleben aus

Es ist eine Art Erste-Hilfe-Kurs für Flüchtlingshelfer. Das Bayerische Rote Kreuz im Kreisverband Landsberg am Lech bildet medizinische Laien als Trauma-Ersthelfer aus, um Geflüchtete bei posttraumatischen Belastungsstörungen nach Krieg, Folter, Flucht oder Vergewaltigung in ihrer Muttersprache beizustehen. „Es ist kein psychotherapeutischer Ansatz, sondern eine innovative psychosomatische Herangehensweise mithilfe von leichten körperlichen Interventionen“, erklärte Ärztin Ulrike Wichtmann, die das Konzept entwickelt hat. Die Teilnehmer reagierten auf die Kursinhalte sehr positiv – trotz zum Teil eigener traumatischer Erlebnisse. Für das Engagement wurde der BRK-Kreisverband Landsberg am Lech mit dem ersten Platz des Integrationspreises 2018 geehrt.

Der Preis stand heuer unter dem Motto „Startklar für Ausbildung und Beruf – Integration in den Arbeitsmarkt“ und wurde gemeinsam von Landtag und Staatsregierung vergeben (siehe Infokasten). „Trauma-Bewältigung ist eine Voraussetzung für einen erfolgreichen Einstieg in Ausbildung und Arbeitsmarkt“, begründete die Integrationsbeauftragte der Staatsregierung, Mechthilde Wittmann (CSU), die Auswahl des Siegers mit 3000 Euro Preisgeld. Mit dem Projekt trage der BRK-Kreisverband dazu bei, dass die, die zu uns kommen, auch wirklich ankommen.

Innenminister Herrmann ist laut CSU gar kein "harter Hund"

Der mit 2000 Euro dotierte zweite Preis ging an Learn4Work – Geflüchtete finden ihren Weg in den Arbeitsmarkt. Projektträgerin ist die Puchheimerin Marlies Eller. Sie ist Koordinatorin von Berufsintegrationsklassen und ermittelt zuerst mit anderen ehrenamtlichen Helfern den Förderungsbedarf. Anschließend wird die passende Schule oder Ausbildung ausgewählt. Danach werden die 18- bis 21-Jährigen zusätzlich an vier Tagen pro Woche in den klassischen Schulfächern unterrichtet. Mit Erfolg: Zwei ihrer Schützlinge werden ab September bei der Firma TM Ausbau eine Ausbildung zum Trockenbaumonteur beginnen. „Neben der schulischen Betreuung versuchen wir, den Geflüchteten mit Zuspruch, Aufmunterung und einem offenen Ohr Halt für ihre noch ungewisse Zukunft und Entwicklung zu geben“, erläuterte Eller.

Die Wahl fiel nicht zufällig auf Learn4Work. Denn wie wichtig eine zusätzliche Unterstützung für Geflüchtete ist, weiß auch Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU). Das Landtagsamt bildet derzeit selbst einen Afghanen aus. „Er hat einen hervorragenden Schulabschluss gemacht“, erzählte Stamm. „Dennoch reichen seine Deutschkenntnisse für die berufliche Situation nicht aus.“ Damit er seine Ausbildung trotzdem zu Ende machen kann, geben ihm jetzt Landtagsmitarbeiter ehrenamtlich jede Woche Sprachunterricht in Deutsch und Englisch.

Den dritten Platz mit 1000 Euro Preisgeld belegte der Verein StayWelcome. „Wir schaffen Netzwerke für Geflüchtete in Stadt und Landkreis München und unterstützen sie dabei, sich nachhaltig in die Gesellschaft zu integrieren“, berichtete Margaux Metze. Dazu gehört einerseits eine intensive Vorbereitung der Bewerber durch Workshops, Mentoring-Programme und andere Maßnahmen. Andererseits unterstützt StayWelcome Betriebe nach der Anstellung der Geflüchteten bei der Überwindung bürokratischer Hürden. So konnten Geflüchtete bereits in die unterschiedlichsten Berufe vermittelt werden – vom Altenpfleger bis zum Zeitungszusteller.

„Solche Initiativen können nicht die Welt verändern“, resümierte Integrationsminister Joachim Herrmann (CSU). „Aber in der Summe haben sie gewaltige Auswirkungen.“ Er betonte allerdings auch, dass nicht alle Geflüchteten bleiben dürften. „Als Innenminister haftet Joachim immer der Ruf des harten Hundes an“, sagte CSU-Frau Wittmann. Wenn man ihn auf Einzelschicksale anspreche, würde ihn das aber doch immer sehr bewegen. „In Wirklichkeit“, verriet sie, „ist er das größte Weichei vor dem Herrn.“ (David Lohmann)

INFO: Bayerischer Integrationspreis
Der Integrationspreis würdigt jedes Jahr Vorbilder besonders gelungener Integration, die Menschen mit ausländischen Wurzeln als Leistungsträger zeigen. Durch die Auszeichnung sollen auch andere zum Mitwirken angeregt werden.

Ins Leben gerufen wurde der Preis 2012 vom damaligen Integrationsbeauftragten der Staatsregierung, Martin Neumeyer, und Landtagspräsidentin Barbara Stamm (beide CSU) nach der Gründung des bayerischen Integrationsrats – ein Fachgremium aus Migrations- und Wohlfahrtsverbänden. Durch die Auszeichnung wollte man den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken und eine „Kultur des Hinschauens“ etablieren.

An der Ausschreibung teilnehmen können Personen, Vereine, Institutionen, Projekte oder andere Initiativen. Jedes Jahr steht der Preis unter einem anderen Motto. Heuer gab es 89 Bewerbungen und ein Preisgeld in Höhe von insgesamt 6000 Euro – 1000 Euro mehr als im Vorjahr. Die Entscheidung über die Sieger trifft eine unabhängige Jury aus dem Kreis des Integrationsrats.

Der Integrationspreis wird vom Landtag, der Integrationsbeauftragten der Staatsregierung und dem Integrationsministerium vergeben – Letzteres ist aufgrund der Regierungsumbildung heuer zum ersten Mal im Innenministerium angesiedelt. 2017 wurde der Preis noch vom Sozialministerium vergeben.

Das Preisgeld ist zweckgebunden und kann nur für die Förderung der prämierten Projekte beziehungsweise deren Fortentwicklung eingesetzt werden. (loh)

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