Landtag

Martin Mittag vor dem Bayerischen Landtag. (Foto: Privat)

24.04.2020

Das Kommunikationstalent

Im Porträt: Der CSU-Abgeordnete Martin Mittag

Auch Martin Mittag trägt Bart. Aber mit dem Räuber Hotzenplotz kann der CSU-Abgeordnete aus Oberfranken nicht mithalten. Dabei hatte Mittag vor ein paar Jahren leibhaftiges Anschauungsmaterial direkt vor der Haustür. In seinem Heimatort Seßlach, einem mittelalterlich erhaltenen Städtchen im Landkreis Coburg, drehten sie den Räuber Hotzenplotz mit Armin Rohde in der Hauptrolle, und auf dem Marktplatz vor dem Gasthaus von Mittags Eltern waren die Kulissen aufgebaut. Selbst auf der Leinwand ist Mittag nicht zu sehen, obwohl viele Seßlacher damals als Komparsen am Straßenrand standen.

„Ich war aber trotzdem dabei, wenn auch nur in der zweiten Reihe“, erzählt Mittag. Denn viele Schauspieler und Crew-Mitglieder des Hotzenplotz-Films und vorher schon der großen Luther-Verfilmung waren in der Landherberge von Mittags Eltern einquartiert. Mit seiner Mutter habe er da oft das Frühstück für die Filmleute vorbereitet. Handlangerdienste in der Gastronomie ist er gewohnt, das geht gar nicht anders als Kind von Wirtsleuten. „Ich bin wohl der Abgeordnete mit den meisten Stunden im Wirtshaus“, sagt Mittag und meint damit nicht nur die Zeit an den Stammtischen.

Inzwischen hat Mittags Bruder das Gasthaus übernommen. Auch als Abgeordneter hilft er noch aus, „wenn Not am Mann ist“. Er schenkt Bier am Tresen aus, holt mal was aus dem Keller und bedient gelegentlich. In der aktuellen Corona-Zeit hat Mittag sogar noch einen Zusatzjob bekommen. Weil das Lokal für Gäste geschlossen sein muss, hat der Bruder einen Lieferservice eingerichtet. „Da fahre ich sonntags auch mal Essen aus“, erklärt Mittag. Wie oft er da den Spruch höre, jetzt komme das Mittagessen vom Mittag? Die Frage entlockt ihm nur ein gequältes Lächeln: „Ich glaube, ich kenne jeden, wirklich jeden Witz, den es mit meinem Namen gibt!“

Das Wirtshaus, sagt Mittag, habe ihn auch politisch geprägt. „Im Wirtshaus triffst du alle, den Herrn Professor Doktor und den Handwerker von nebenan.“ Da bekomme man in den Gesprächen schon viel mit vom Leben draußen. Reden und Kontakte aufnehmen sei schon immer sein Ding gewesen. Deshalb hat sich Mittag nach dem Realschulabschluss bei der HUK Coburg zum Versicherungskaufmann ausbilden lassen und war anschließend in der Kundenbetreuung tätig. Auch die politische Karriere hat er seinem in der Gaststube trainierten Kommunikationstalent zu verdanken.

Mit 16 Jahren trat Mittag in die örtliche Junge Union ein, „vor allem wegen der Geselligkeit“, wie er bekennt. Zudem war er in vielen Vereinen engagiert und als Sohn vom Wirt ortsbekannt. 2002, noch vor seinem 20. Geburtstag, hatte ihn dann der CSU-Ortsvorsitzende bezeichnenderweise beim sonntäglichen Kirchgang angesprochen, ob er nicht auf der CSU-Stadtratsliste kandidieren wolle. „Du bist doch bekannt, du machst deinen Mund auf, wenn es notwendig ist“, habe der gesagt. Also ließ Mittag sich aufstellen und wurde gleich „mit einem starken Ergebnis“ in den Seßlacher Stadtrat gewählt. „Damit hat alles begonnen.“

Bei der Kommunalwahl 2008 war Mittag CSU-Bürgermeisterkandidat. Mit 26 Jahren forderte er den Amtsinhaber der Freien Wähler heraus, der bis dahin fast das ganze Leben Mittags lang die Geschicke des Städtchens geleitet hatte. Am Ende hätten ihm als Herausforderer „nur wenige Stimmen“ gefehlt, erinnert sich Mittag. Aber immerhin wurde er dank seines guten Ergebnisses Zweiter Bürgermeister. Sechs Jahre später klappte es schließlich. Gleich im ersten Wahlgang setzte sich Mittag gegen zwei Konkurrenten durch.

Allzu lange währte seine Zeit als Stadtoberhaupt jedoch nicht. „Das Bürgermeisteramt hat mir extrem viel Spaß gemacht, aber dann kam der Verzicht von Jürgen Heike“, blickt Mittag zurück. Der Ex-Staatssekretär Heike war eine gefühlte Ewigkeit Coburger Stimmkreisabgeordneter, trat aber zur Landtagswahl 2018 nicht mehr an. Martin Mittag, seit 2015 CSU-Kreischef im Coburger Land, bewarb sich um die Nachfolge. „Manche Chancen gibt es im Leben nicht so oft, die muss man ergreifen, wenn sie da sind“, beschreibt Mittag seine Motivation. Bei der Wahl setzte er sich dann recht deutlich gegen den damals amtierenden SPD-Landrat Michael Busch durch, der immerhin über die Liste den Einzug in den Landtag schaffte.

Im Maximilianeum arbeitet Mittag in den Ausschüssen für Gesundheit und Pflege sowie für Wirtschaft, Energie und Landesentwicklung. Beide Themenfelder hätten mit seiner Herkunft zu tun, sagt Mittag. Als Bürgermeister sei er Sprecher der Gesundheitsregion im Raum Coburg gewesen, zudem habe sich die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in Seßlach wie ein roter Faden durch seine Amtszeit gezogen, nachdem kurz nacheinander drei der vier Ärzte am Ort ihre Praxis aufgegeben hätten. Und die Wirtschaftsthemen kenne er aus Kontakten mit örtlichen Unternehmern und natürlich aus seiner Erfahrung in der Gastronomie.

Nur als Räuber Hotzenplotz war er nie unterwegs

An seinen Einstieg in den Landtag hat Mittag nur beste Erinnerungen. Nicht nur, dass er als Neuer gleich gut aufgenommen wurde in der CSU-Fraktion, es gab auch ein prägendes Erlebnis. Vor der ersten Fraktionssitzung stand er mit oberfränkischen Kollegen beisammen, als Ministerpräsident Markus Söder direkt auf ihn zu marschierte und ihm zu dem nicht unbedingt erwartbaren Erfolg gegen den SPD-Mann Busch gratulierte. Das hatte Söder offenbar imponiert. „Jedenfalls war das eine Begebenheit, die ich bestimmt nie vergessen werde“, schwärmt Mittag noch heute. Auch so funktioniert das „System Söder“.

Privat bezeichnet sich Mittag als Familienmensch. Die Eltern, Bruder und Schwester leben am Ort, man sieht sich, trifft sich, hilft sich. Seine freie Zeit verbringt er gerne mit der Angel, am liebsten gleich hinter dem Wohnhaus an der dort vorbeifließenden Rodach. Anders als früher, als er viele Wochenenden als Sportangler auf der Jagd nach den größten Fischen war, muss er heute nicht unbedingt etwas mit nach Hause bringen. „Ich sitze gerne am Wasser und genieße, dass mal kein Telefon klingelt, keine E-Mail beantwortet werden muss und ab und zu der Eisvogel vorbeifliegt.“

Auch die Fußballschuhe hat Mittag inzwischen an den Nagel gehängt. Es sei ohnehin nie so gewesen, „dass ich eine große Fußballer-Karriere vor mir gehabt hätte“. Defizite habe er nicht nur im Bereich Schnelligkeit gehabt, gibt Mittag unumwunden zu. Meistens spielte er in der Reserve, geleitet vom Mannschaftsgedanken, „damit immer elf Mann auf dem Platz stehen“.

100 Prozent Leidenschaft kommt bei ihm jedes Jahr zur Faschingssaison auf. „Das ist eine Passion“, outet sich Mittag, seine Frau teilt sie. Jedes Jahr ein neues Kostüm ist Pflicht für die beiden. Bei bunten Abenden stand er auch schon auf der Bühne, eine Saison lang regierte er als Faschingsprinz. Nur als Hotzenplotz war er noch nicht unterwegs. (Jürgen Umlauft)

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