Landtag

Marcel Huber. Foto: dpa/Carmen Jaspersen

11.06.2021

Der Krisenmanager

Im Porträt: Marcel Huber, CSU-Landtagsabgeordneter

Zu den beliebtesten Berufswünschen von Buben gehört seit jeher der Feuerwehrmann. Bei Marcel Huber (63) war das erstaunlicherweise anders. Erstaunlich deshalb, weil der CSU-Abgeordnete und Ex-Minister im Laufe seines Lebens eine steile Feuerwehrkarriere hingelegt hat, an deren Ende er 15 Jahre lang Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr seines Heimatorts Ampfing im Landkreis Mühldorf war. Als 16-Jähriger sei er auf einem Gartenfest gefragt worden, ob er nicht bei den Floriansjüngern mitmachen wolle. „Die Kombination aus Technik und Helfen hat sich gut angehört“, erinnert sich Huber. Seinen Kindheitstraum, nämlich Tierarzt zu werden, erfüllte er sich später aber auch noch.

Als Feuerwehrkommandant muss Huber ziemlich hartnäckig gewesen sein. Jedenfalls forderte ihn 2001 der damalige Ampfinger Bürgermeister ziemlich ultimativ auf, in die Politik zu gehen. Er würde ständig „gscheit daherreden“ und Forderungen stellen, zitiert Huber dessen mahnende Worte. Wenn er wirklich etwas bewirken wolle, müsse er in eine Partei eintreten und sich um Ämter bewerben. Das tat Huber dann mit 43 Jahren. Als konservativer, katholisch geprägter Mensch ging er in die CSU und geriet sofort auf die Überholspur. Schon 2003 zog er als Neuling mit 71,4 Prozent der Erststimmen in den Landtag ein, vier Jahre später war er Staatssekretär. Den für eine Parteikarriere üblichen Werdegang stellte Huber damit auf den Kopf. Denn kommunale Mandate und der CSU-Kreisvorsitz kamen erst später.

Nach der Landtagswahl 2008 war Huber schon gefühlter Agrarminister

Den Kommandantenposten musste Huber 2009 aufgeben, weil er zeitlich nicht mehr zu schaffen war neben dem Regierungsjob in München. Er wechselte aber ins Fach des politischen Feuerwehrmanns, wo ihm seine Erfahrungen als Tiermediziner wie als Manager von Großeinsätzen halfen. Hubers Einstieg als Staatssekretär im Umweltministerium war da noch vergleichsweise unspektakulär. Der damalige Ministerpräsident Günther Beckstein war auf ihn in seiner Funktion als Leiter der Fraktionsarbeitsgruppe „Grüne Gentechnik“ aufmerksam geworden. In dieser sei es ihm gelungen, so Huber, die bis dato nahezu kritiklose Zustimmung der CSU zur Gentechnik „distanzierter und ausdifferenzierter“ zu gestalten, sprich die in weiten Teilen der Bevölkerung herrschenden Bedenken aufzunehmen.

Nach der Landtagswahl 2008 war Huber schon gefühlter Agrarminister. Der frisch gewählte Ministerpräsident Horst Seehofer hatte ihn dafür vorgesehen, bis eine Rebellion der niederbayerischen CSU den Plan zu Fall brachte. Am Ende des Proporzgerangels war der Bayerwäldler Helmut Brunner Agrarminister und der oberbayerische Tierarzt Huber ausgerechnet Kultusstaatssekretär.

Heute kann Huber schmunzeln, wenn er an die ungewöhnliche Rochade zurückdenkt. Damals aber sei er im Ministerium doch „recht reserviert“ aufgenommen worden. Er habe sich seinerzeit erlaubt, als Fachfremder „Fragen zu stellen, die in diesem Haus noch nie jemand gestellt hatte“. Dass sein Blick von außen nicht geschadet hat, glaube er noch heute. Immerhin habe er Projekte wie die „flexible Grundschule“ und die Weiterentwicklung der Haupt- zur Mittelschule mitangestoßen.

Seinen ersten Feuerwehreinsatz in der Staatsregierung hatte Huber im Frühjahr 2011, als er den ins Präsidentenamt der Landeszentrale für neue Medien gewechselten Siegfried Schneider als Staatskanzleichef ersetzte. Schon ein halbes Jahr später musste er die Lücke schließen, die der Umzug von Markus Söder vom Umwelt- ins Finanzministerium riss. Und 2014 heilte er den politischen Katastrophenfall, den die seinerzeitige Staatskanzleichefin Christine Haderthauer mit ihrem Rücktritt im Zuge der Modellbau-Affäre ausgelöst hatte. Huber wechselte da wieder zurück an die Spitze der Regierungszentrale.

Er hat den Männerverein Tuntenhausen aufgefrischt

Dort war er schnell als echter Krisenmanager gefragt. Denn kaum, dass er im Amt war, rollte die große Flüchtlingswelle über Bayern. Auf Wunsch Seehofers sollten bei Huber alle Fäden zusammenlaufen. „Ich bin da rangegangen wie an eine Katastrophenlage als Feuerwehrkommandant“, erzählt Huber: täglich Lagebericht und Einsatzbesprechung. Nach einigen harten Wochen hatte Huber die Lage im Griff. Er blieb bis Anfang 2018 die rechte Hand Seehofers, bis der seinen Stuhl als Regierungschef für Markus Söder räumen musste. Der schickte Huber zurück ins Umweltministerium, wo er die im Bayern-Ei-Skandal von der Opposition wund geschossene Ulrike Scharf ablöste – schon wieder so ein Feuerwehreinsatz. Kurze Zeit später stand er wegen Bayern-Ei selbst im Feuer – völlig zu Unrecht, wie er bis heute findet.

Nach der Landtagswahl 2018 endete Hubers Kabinettskarriere abrupt. Söder musterte Seehofers Feuerwehrmann kühl aus. Er sei eben „lange sehr nahe an Seehofer dran“ gewesen, sagt Huber. Dass Söder bei der bekannten Rivalität der beiden ein Kabinett mit seinen Vertrauten habe bilden wollen, dafür habe er Verständnis. Trotzdem nagt es noch an Huber. „Ich hätte gerne weitergemacht, ich habe mir ja nichts zuschulden kommen lassen“, sagt er. „Es war nicht so, dass ich in dieser Phase zwingend hätte entfernt werden müssen.“ Was ihm das Ende seiner Karriere im Kabinett zusätzlich bis heute nicht leicht mache, sei der Blick auf die heutige Umweltpolitik. Im Ministerium würden gerade Dinge von einem Minister der Freien Wähler umgesetzt, die er, Huber, damals „mit großer Mühe oft gegen den Willen der Freien Wähler“ in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt habe. „Das tut schon ein bisserl weh, aber so ist Politik“, sagt Huber.

Ohne Kabinettsposten wollte Huber als Abgeordneter noch einmal etwas Neues starten. Er ging in den neu gegründeten Ausschuss für Bauen und Verkehr. Aber schon gut ein Jahr später war es damit schon wieder vorbei. Innerfraktionelle Rochaden lösten seinen Wechsel in den Gesundheits- und in den Innenausschuss aus. Huber fügte sich klaglos. „Ein ganz klarer Fall von Parteisoldat“, sagt er dazu. Inzwischen hält er es für eine glückliche Fügung. Denn während Corona habe er seine Erfahrung als Seuchenmediziner im Gesundheits- und als Feuerwehrmann im Innenausschuss einbringen können.

Ganz ohne Ämter ist Huber aber auch heute nicht. Seit 2009 leitet er den legendären Katholischen Männerverein Tuntenhausen. Der früher als reaktionär gescholtene Verein, eine Art erzkatholischer Außenposten der CSU, hat sich unter Huber zu einem, wie er sagt, „wertevertretenden Verein“ gewandelt, der einer immer säkularer und beliebiger werdenden Welt eine nicht eifernde, aber doch christlich-konservativ ausgerichtete Grundeinstellung entgegenhalten will.

Stark eingespannt ist Huber seit Ende 2020 als Präsident des Bayerischen Musikrats. Dort ackert er dafür, die Musikschaffenden gut durch die Pandemie zu bringen. Heilfroh ist er, dass nun endlich geprobt und auch gespielt werden darf. „Als Tuba-Spieler weiß ich, wennst da ein paar Monate ned neiblast, dann ist der Ansatz weg, dann passt die Lippenspannung nicht mehr“, verrät Huber. Nebenher bewirtschaftet er einen kleinen Privatwald, dem Stürme und der Borkenkäfer schwer zugesetzt haben. Ein klimaresistenter Umbau steht da an – ganz so, wie er es als Umweltminister immer gefordert hatte. (Jürgen Umlauft)
 

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