Ferdinand Mang sagt, er habe „die CSU schon mit der Muttermilch aufgesogen“. Die Eltern seien „tiefschwarz“ gewesen, der Vater lange Jahre Vizebürgermeister im mittelfränkischen Allersberg und noch länger im Vorstand der örtlichen CSU. Mit 14 klebte Mang für die CSU Wahlplakate, mit 16 trat er in die Partei ein, dann folgte das komplette Programm von der Jungen Union bis zum stellvertretenden Ortsvorsitzenden. Jetzt sitzt Ferdinand Mang (42) im Landtag – für die AfD.
Um den Entfremdungsprozess von der CSU zu beschreiben, hat sich Mang ein Bild zurechtgelegt: „wie ein Baum, der im Herbst die Blätter verliert“. Bleibt man im Bild, dann begann die Verfärbung mit der Euro-Krise und dem Wort Angela Merkels von der Alternativlosigkeit der milliardenschweren Währungsrettung. Es sei ein fortwährender Prozess der Enttäuschung mit der Union gewesen, der sich an den großen Krisen des letzten Jahrzehnts festmachen lasse, erklärt Mang. Geärgert hat ihn auch TTIP, das geplante Handelsabkommen der EU mit den USA, dessen Sinn er nie gesehen habe.
Mit der Flüchtlingskrise fielen bei Mang die ersten Blätter, den Rest fegte Horst Seehofer weg. Als Ministerpräsident und CSU-Chef habe Seehofer wortgewaltig gegen die Willkommenspolitik Merkels protestiert, gar mit einer Verfassungsklage gedroht, passiert sei am Ende nichts, rekapituliert Mang. „Irgendwann zieht man halt mal die Konsequenzen, bei mir war das 2017.“ Dass er sich 2015 noch zum CSU-Vize in Allersberg habe wählen lassen, sei für ihn der „letzte Versuch gewesen, innerhalb der Partei etwas an der Politik der CSU zu verändern“. Er habe viel mit Parteifreunden diskutiert, Amts- und Mandatsträger auch scharf kritisiert, bis er gemerkt habe: „Diese Partei hat sich von mir entfremdet, nicht ich mich von ihr. Ich bin der Alte geblieben.“
An dieser Stelle klaffen Selbsteinschätzung und Fremdwahrnehmung allerdings auseinander. Im Landtag vertritt Mang Positionen, die in der CSU nie mehrheitsfähig waren. Er wettert gegen deutsche Großkonzerne und deren unverhohlenen Lobbyismus, bezeichnet sich als „sozialen Patrioten“, Vokabeln wie „Meinungsdiktatur“ und „Asylindustrie“ gehen ihm locker von den Lippen. Als stellvertretender Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD im Landtag gehört er dem Minderheitenvorstand um die völkisch geprägte Katrin Ebner-Steiner an, als Schriftführer und Justiziar im bayerischen AfD-Landesverband zählt Mang nicht zu den „Gemäßigten“.
Spricht der Rechtsanwalt mit den Fachgebieten Strafrecht sowie Versicherungs- und Kapitalmarktrecht im Landtag, sinkt die Raumtemperatur gefühlt um ein paar Grad. Seine Reden sind schneidig, der Ton meist schneidend. Von seinem Anspruch, andere Meinungen gelten und sich von guten Argumenten überzeugen zu lassen, merkt man dann nichts. Als Mang in der Politik der „Altparteien“ in diesem Frühjahr „Wegmarken des Faschismus“ erkannte, handelte er sich eine Rüge des Präsidiums ein. Seine Gabe, im persönlichen Gespräch auch charmant, empathisch und differenziert zu plaudern, ist am Rednerpult wie weggeblasen. Nicht nur im Plenarsaal, auch auf den Podien von Corona- und Querdenker-Demos. Da scheint Mang nur seine Wahrheit zu kennen.
Auf seiner Facebook-Seite findet sich der Mitschnitt eines Auftritts bei einer Corona-Demo Anfang November in Hilpoltstein, bei dem sich Mang – um es neutral auszudrücken – zumindest nicht von der Erzählung diverser Verschwörungstheoretiker distanziert. Er fordert wie auch im Landtag die sofortige Abschaffung aller Corona-Beschränkungen und geißelt angebliche Meinungsmanipulation durch öffentlich-rechtliche Sender und „Mainstream-Medien“.
Er träumt vom ewigen Leben
Mang selbst hat seit 20 Jahren keinen Fernseher mehr, er informiert sich hauptsächlich übers Internet. Den Verzicht aufs TV könne er nur empfehlen, nicht nur wegen der wenig erbaulichen Inhalte, sondern vor allem, weil mehr Zeit für soziale Kontakte und die Familie bleibe. Mang ist geschieden und hat zwei Kinder.
Als Beleg für die Meinungsmache der Medien verweist er auf das deren Manipulationstechniken angeblich entlarvende Handbuch der „Agora-Initiative“. Deren Argumentationsketten, die bei genauerer Betrachtung eine Sammlung selektiv ausgewählter Standarderkenntnisse der Kommunikationsforschung sind, nennt Mang „schlüssig“. Wer sich hinter dem in Passau ansässigen „Verein in Gründung“ verbirgt, weiß Mang nicht, es spielt für ihn auch keine Rolle. Verlinkt ist die Initiative jedenfalls mit mehreren rechten und „patriotischen“ Gruppen, die zum Teil im Blick der Verfassungsschützer sind.
Zu Mangs politischen Steckenpferden jenseits seiner Tätigkeit als Mitglied im Haushaltsausschuss des Landtags gehören sein Einsatz für „Dual-Fluid-Reaktoren“ und die Altersforschung. Erstere könnten nach seiner Einschätzung die künftige Energieversorgung sichern, indem sie Strom aus Atommüll erzeugen und diesen dabei, vereinfacht formuliert, „entstrahlen“. Dass die Anlagen bislang nur im Laborformat existieren und ihre großtechnische Tauglichkeit umstritten ist, lässt Mang nicht zweifeln. Man müsse Scheuklappen ablegen und sich von einer „ideologiegetriebenen Umwelt- und Energiepolitik“ verabschieden, sagt er.
Leuchtende Augen bekommt Mang beim Thema Altersforschung. Ihn fasziniert die Aussicht, dass einige Wissenschaftler es für möglich halten, den Menschen dank medizinischen Fortschritts schon im Jahr 2100 unsterblich zu machen. „Ich halte das nicht für ausgeschlossen.“ Die Frage, ob man sich eine Gesellschaft wirklich vorstellen mag, in der niemand mehr stirbt, beantwortet Mang kategorisch: „Es ist nicht die Frage, ob man das mag, sondern wie man es bewältigt.“
Mang sieht in der Unsterblichkeit gar eine Chance, die Überbevölkerung einzudämmen. In Afrika oder Asien würden nur deshalb so viele Kinder geboren, weil sie für deren Eltern die Altersversorgung seien. Wenn man sich auch im hohen Alter noch selbst versorgen könne, falle dieser Grund zum Kinderkriegen weg, glaubt Mang. Auch den Einwand, dass ohne Tod und unvermeidlich weiterer Geburten die Weltbevölkerung eher ins Unendliche wachsen würde, lässt Mang nicht gelten. Es gebe ja noch Unfälle, Krankheiten und Naturkatastrophen.
Privat ist Mang Fan von Camping-Urlauben. „Es gibt nichts Schöneres, als im Zelt zu liegen und das Meeresrauschen zu hören“, schwärmt er. Das, und vielleicht noch ein Lagerfeuer dazu, sei für ihn „tiefste Erholung“. Sportlich liebt es Mang etwas härter. In seiner Studentenzeit hat er Rugby gespielt, mit Einsätzen in der 2. Liga. Danach verlegte er sich auf Kampfsportarten, darunter Krav Maga, eine aus Israel stammende Nahkampftechnik zur Selbstverteidigung. (Jürgen Umlauft)
Kommentare (2)