Die Lektüre der Bayerischen Staatszeitung kann durchaus karrierefördernd sein. Sie kann einen aus der Gemeindeverwaltung von Hallbergmoos bis in den Landtag spülen. Natürlich gehört noch ein bisschen mehr dazu, aber für den frisch gebackenen CSU-Abgeordneten Alfons Brandl war der Blick ins Blatt die Initialzündung für seinen beruflichen Aufstieg. 2001 entdeckte er eine Annonce der Freien Wähler im mittelfränkischen Herrieden, die auf der Suche nach einem Bürgermeisterkandidaten für die Kommunalwahl im Jahr darauf waren.
„Mei, Bürgermeister, des wär doch was“, habe er sich damals gedacht. 35 sei er da gewesen und habe sich nicht vorstellen können, bis zur Pension im gehobenen Verwaltungsdienst einer Gemeinde zu arbeiten. „So optimal sind die Karrierechancen da nicht“, lautete seine Einschätzung. Also habe er sich als Parteiloser auf den Weg Richtung Ansbach gemacht, sich bei den Freien Wählern dort vorgestellt und diese von sich überzeugt. „Dann habe ich 14 Tage Urlaub genommen, Wahlkampf gemacht – und plötzlich war ich Bürgermeister von Herrieden.“ Brandl blieb es 18 Jahre lang.
Allerdings schloss sich Brandl schon 2003 der örtlichen CSU an. „Es hatte halt nicht mehr gepasst“ mit den Freien Wählern dort, sagt Brandl. Aus Hallbergmoos habe er diese als „gestaltende Kraft“ gekannt, in Herrieden sei das eher nicht der Fall gewesen. Erschwerend kam hinzu, dass sich die FW-Fraktion im Stadtrat nicht an Absprachen mit ihm gehalten habe und ihn einmal sogar in einer Stadtratssitzung schlicht im Regen stehen gelassen habe. „So kommst du hier nicht weiter“, sei seine Überzeugung gewesen. Da erinnerte sich Brandl seiner Wurzeln in der Jungen Union.
Überhaupt, seine Wurzeln: Brandls Mutter stammt aus Kärnten, der Vater aus der Oberpfalz, geboren wurde er in Regensburg. Aufgewachsen wiederum ist er in Hallbergmoos im Landkreis Freising – aber nur, bis der Wechsel ans Gymnasium anstand. Da sollte es zurück nach Regensburg gehen, denn der musikalische Bub hatte die Aufnahmeprüfung zu den Domspatzen geschafft. Doch mit dem Internat wurde es nichts, weil er zweimal den Test für das angeschlossene Gymnasium versemmelte. „Ich habe in der vierten Klasse nicht so recht kapiert, was die von mir in Mathe wollten“, offenbart Brandl seine Schwachstelle. Heute kann er darüber herzlich lachen.
Statt Regensburg wurde es dann Salzburg. In Hallbergmoos haben die Herz-Jesu-Missionare einen Stützpunkt, und einer der dortigen Pater habe ihn nach Kräften gefördert, erzählt Brandl. Der vermittelte ihn ins Internat der Missionare nach Salzburg, wo Brandl die Matura, das österreichische Abitur, machte. Erst habe er Pfarrer werden wollen, dann etwas mit Musik machen – bis seine Eltern gemeint hätten, das sei doch eher eine brotlose Kunst. Letztlich schrieb er sich dann an der TU München für Elektrotechnik ein, in der Hoffnung, über die Technikschiene doch noch in der Musikbranche Fuß zu fassen.
Lang hat diese Hoffnung nicht getragen. „Ich habe feststellen müssen, dass mein altes Problem mit Mathe immer noch da war“, sagt Brandl selbstironisch. Eines Tages jedenfalls sah er in der U-Bahn ein Werbeplakat der Stadt München, die Nachwuchs für den gehobenen Verwaltungsdienst suchte. Der Slogan „Studieren und Geld verdienen“ habe ihn relativ schnell überzeugt. Die Bewerbung verlief gut, also ging Brandl bei der Landeshauptstadt in die Lehre und machte parallel dazu den Abschluss zum Diplom-Verwaltungswirt an der Beamten-Fachhochschule in Hof.
Eine Steirische Quetschn lässt Brandls Augen funkeln
Neben der Mathematik ist auch die fränkische Mundart bis heute keine Stärke Brandls. Dass einer wie er mit keinem Bezug zur Gegend und mit breitem oberbayerischen Dialekt in einem 8000-Seelen-Städtchen im doch sehr ländlich geprägten Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen auf Anhieb Bürgermeister werden konnte, lässt auf eine gewinnende Art schließen. Nichts und niemanden habe er damals gekannt, völlig unbeleckt sei er in Herrieden „angewackelt“, sagt Brandl. Er sei herzlich aufgenommen und vor allem in seiner ersten Amtszeit sehr umsorgt worden. Denn nicht nur unterschwellig habe es die Sorge gegeben, dass er 2008 den frei werdenden Bürgermeisterposten in Hallbergmoos anstreben werde. „Geht’s dir gut, passt alles?“, sei er immer wieder gefragt worden. Doch der Wechsel zurück wäre für ihn ohnehin kein Thema gewesen.
Jetzt also Landtag, als Nachrücker für den CSU-Abgeordneten Manuel Westphal, der im März zum Landrat des Kreises Weißenburg-Gunzenhausen gewählt wurde. Brandl hat alles auf diese Karte gesetzt und damit einen geschmeidigen Übergang geschafft. Als erster Nachrücker auf der Liste der CSU Mittelfrankens wusste er, dass ein Erfolg Westphals seine Fahrkarte ins Maximilianeum ist. Da fiel es noch leichter, bewusst nach 18 Jahren als Bürgermeister aufzuhören. „Ich bekam allmählich das Gefühl, dass drei Amtsperioden reichen“, sagt Brandl. In der ersten komme man an im Amt, lerne und schaue, was zu tun sei. In der zweiten versuche man, seine Ideen umzusetzen, in der dritten möchte man die angestoßenen Projekte zu Ende begleiten und für Nachhaltigkeit sorgen. „Und man verbraucht sich auch in dieser Zeit“, hat Brandl festgestellt.
Was wäre gewesen, wenn es Westphal nicht geschafft hätte? Er habe keinen Plan B gehabt, gibt Brandl zu. Aber sein Gottvertrauen habe ihn bislang immer gut durchs Leben getragen. Und wenn es nicht geklappt hätte, „mei, dann hätte ich mir was anderes suchen müssen“. Sich mit 53 auf der ihm gesetzlich zustehenden Bürgermeisterpension auszuruhen, wäre ihm in jedem Fall zu langweilig gewesen.
Im Landtag arbeitet Brandl nun in zwei Ausschüssen mit, beides „Herzensangelegenheiten“, wie er sagt. Der sozialen Erziehung im Internat und den Erfahrungen seiner Frau als Altenpflegerin folgend gehört er dem Ausschuss für Gesundheit und Pflege an. Dazu kommt der Agrarausschuss. Die Oma hatte einen Bergbauernhof in Kärnten, auf dem er so manchen Sommer verbrachte, und als Bürgermeister wohnte er ein paar Jahre auf einem Biobauernhof und hat dabei viel über die harte Arbeit der Landwirte gelernt.
Wenn es die Zeit zulässt, geht Brandl mit seinem Xaver spazieren, einem schwarzen Labrador. Daneben nennt er Bergsteigen und das Segeln auf dem Brombachsee als Hobbys. Und dann ist da natürlich noch immer die Liebe zur Musik. Er sei Mitglied der Gruabstoa-Buam, einer Freizeit-Band, die sich überwiegend aus Mitgliedern des Herriedener Stadtrats zusammensetzt. Vor zwei Jahren habe er sich schließlich einen Kindheitstraum erfüllt und sich eine Steirische Quetschn gekauft. Als Brandl davon erzählt, meint man, sogar durchs Telefon die Augen funkeln zu sehen. (Jürgen Umlauft)
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