Bevor der CSU-Abgeordnete Thorsten Freudenberger (51) aus Neu-Ulm vor mittlerweile einem Jahr in den Landtag gewählt wurde, hatte er bereits zwei respektable Jobs ausgeübt: Er war Lehrer. Und Landrat.
Insgesamt 14 Jahre unterrichtete Freudenberger an Gymnasien die Fächer Deutsch, Geschichte und Sozialkunde. Er betont: „Ich war sehr gern Lehrer.“ Noch lieber aber wollte er sich politisch betätigen. Jedenfalls mündete sein jahrelanges kommunalpolitisches Engagement im Jahr 2014 in die Wahl zum Landrat von Neu-Ulm – ein Amt, das man, anders als Stadt- oder Kreisrat, hauptberuflich ausüben muss. Politik nennt er sein „Hobby“. Und der Job als Landrat habe ihm die Möglichkeit geboten, „mein Hobby zum Beruf zu machen“.
Dass Landräte in den Landtag wollen, kommt deutlich seltener vor als andersherum. Wer Landrat ist, will das zumeist bleiben. Denn Landräte besitzen eine große Gestaltungsmacht; sie werden deshalb oft als „kleine Könige“ bezeichnet. Als einzelner Abgeordneter bestimmte Vorhaben umzusetzen, ist dagegen ziemlich schwer. Neben Freudenberger sitzen derzeit drei weiterere ehemalige Landräte im Parlament. Zwei von ihnen schafften es in Regierungsämter: Christian Bernreiter wurde von Söder direkt als Bauminister berufen, der Freie Wähler Roland Weigert avancierte zum Wirtschaftsstaatssekretär. Ex-Landrat Thorsten Freudenberger wiederum blieb „normales“ Mitglied der CSU-Fraktion.
Das Hobby zum Beruf machen
Warum Freudenberger lieber einfacher Abgeordneter als kleiner König ist? „Es war die Chance, noch mal was Neues zu machen“, sagt er. Und dass er Herausforderungen möge. Die Chance für eine Landtagskandidatur hatte sich geboten, weil Vorgängerin Beate Merk bei der Landtagswahl 2023 nicht mehr angetreten war. Merk kam ebenfalls aus der Kommunalpolitik, sie war Oberbürgermeisterin von Neu-Ulm, im Landtag stieg sie zur Justiz- und zur Europaministerin auf.
Man darf davon ausgehen, dass sich Freudenbergers kommunalpolitische Expertise durchaus karrierefördernd auswirkt. Dass er also die Hoffnung hegen kann, nicht für immer einfacher Abgeordneter zu bleiben. Sofern er keine Fehler macht.
Im Landtag gehört er den Ausschüssen für Inneres und Kommunales sowie für Gesundheit an. Eigentlich hätte man den ehemaligen Lehrer im Bildungsausschuss verortet. Nö, sagt Freudenberger, da wollte er gar nicht hin. „Als Landrat hatte ich viel mit Gesundheitspolitik zu tun.“ Und diese Erfahrung will er in den Landtag einspeisen. Gesundheit und Pflege, glaubt er, „sind die absoluten Zukunftsthemen“.
Corona-Aufarbeitung? Naja ...
In seine Zeit als Landrat fiel die Corona-Pandemie – eine herausfordernde Phase. „Als Landrat musste ich da ständig Entscheidungen treffen.“ Ihm ist bewusst, dass viele Menschen mit dieser Zeit und etlichen Entscheidungen hadern. Freudenberger selbst spricht von „Absurditäten“, nennt das Beispiel, dass Baumärkte in seinem Landkreis Neu-Ulm geschlossen, im benachbarten Ulm aber geöffnet waren. Er sagt auch: „Fehler machen nur die, die nichts entscheiden.“ Bei der Frage nach einer Aufarbeitung der Pandemie bleibt er unverbindlich. Betont, dass man Dinge, die nicht gut gelaufen sind „nicht instrumentalisieren darf für politische Zwecke“. Dass es keinesfalls einen „Pranger“ geben, man aber durchaus „auf fachlicher und sachlicher Basis“ diskutieren solle, was man aus der Pandemie lernen kann.
Freudenberger ist so eloquent wie diplomatisch. Schwer vorstellbar, dass er irgendwann zu denjenigen CSU-Leuten zählt, die ihre möglicherweise vorhandenen Zweifel an der offiziellen Parteilinie auch offen formulieren.
Gehadert hat er anscheinend nie mit seiner CSU, zu der er schon in jungen Jahren fand. Ein Jahr vor dem Abitur trat er in die Junge Union (JU) ein. Er war politisch interessiert, erzählt, dass er bereits mit 15 Jahren Michail Gorbatschows Perestroika gelesen hatte. Ihm sei damals klar geworden, sagt er, „dass man etwas ändern kann“. Er habe dann von allen Partei-Jugendorganisationen Material angefordert. „Die JU hat am schnellsten und am umfangreichsten informiert.“ Ein Jahr nach seinem Eintritt wurde er JU-Ortsvorsitzender in seinem Heimatort Vöhringen.
Mit 28 Jahren wollte er Nachfolger von Theo Waigel werden
Bald darauf folgte eine große Niederlage. Noch während seines Referendariats als angehender Gymnasiallehrer hatte sich Freudenberger um ein Bundestagsmandat beworben. Im Jahr 2001 kämpfte er um das Direktmandat, das frei wurde, weil Theo Waigel nicht mehr kandidierte. In der Delegiertenversammlung unterlag der 28-Jährige dem Kandidaten Georg Nüßlein. „Mit 59 zu 61 Stimmen“, entsinnt sich Freudenberger. Sein Widersacher Nüßlein blieb fast 20 Jahre im Bundestag, sein Abschied geriet zur Blamage. Im Kontext der sogenannten Maskenaffäre während der Pandemie war Nüßlein ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten; er trat aus der CSU aus, kandidierte nicht erneut, wurde jedoch vom Bundesgerichtshof vom Vorwurf der Bestechlichkeit entlastet.
Neben der Politik zählt Sport zu Freudenbergers Hobbys. Mit seinem zwölfjährigen Sohn lebt er in einer Patchworkfamilie, in der Fußball hoch im Kurs steht. „Sport ist ein wesentlicher Teil meines Lebens“, betont der 51-Jährige. Er ist einer der wenigen Abgeordneten, die regelmäßig das landtagseigene Fitnessstudio nutzen, auch laufen und schwimmen geht er gern. Er ist Vorsitzender des Bayerischen Landessportbeirats und fordert, dass der Breiten- wie der Spitzensport besser gefördert werden müssen.
Und natürlich findet er Söders Idee toll, dass sich Grundschulkinder jeden Tag 30 Minuten bewegen sollten. Überhaupt, die Jugend: „Da müssen wir mehr tun“, meint er mit Blick darauf, dass rechte Parteien bei Jugendlichen hoch im Kurs stehen.
Wie man dem begegnet, ist derzeit eine der Fragen, auf die auch die CSU eine Antwort finden muss. (Waltraud Taschner)
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