Landtag

Der Mann mit Tolle: Martin Brunnhuber. (Foto: loh)

08.03.2024

Der Ausgeglichene

Im Porträt: Martin Brunnhuber (Freie Wähler), Vorsitzender des Ausschusses öffentlicher Dienst

Martin Brunnhuber (Freie Wähler) aus Traunstein scheint nichts aus der Ruhe zu bringen. Während andere Abgeordnete in den Tagen nach dem Wahlsonntag um den Einzug in den Landtag zitterten, ging der Schulleiter des Beruflichen Schulzentrums in Freilassing am Montag wie gewohnt seiner Arbeit nach und bereitete die nächste Lehrkräftefortbildung vor. An einen Landtagseinzug hatte er selbst nach dem guten Abschneiden seiner Fraktion nicht geglaubt. Einmal Landtagskandidat gewesen zu sein und nicht komplett „abzulosen“ – das hätte dem 49-jährigen Gemeinderat in Grabenstätt schon gereicht. Natürlich sei es aber eine „hochemotionale Phase“ gewesen, als ihm die Nachricht übermittelt wurde, sagt er. Und wie darf man sich das vorstellen? Er musste sich erst mal hinsetzen. 

Sein auffallend niedriger Ruhepuls ist aber keine Umschreibung für langweilig, sondern eher für entspannt. „Was mich locker gemacht hat, war, dass mir mein Beruf so gut gefällt – da klammert man nicht so sehr am Ziel“, sagt Brunnhuber. Er habe im Wahlkampf auch vermieden, auf andere einzuhacken. Das nervt ihn nämlich, zum Beispiel bei den Plenardebatten im Landtag. „Entweder man macht es besser, oder man hält den Mund.“ Das passt zu seinem Motto, sich immer so zu verhalten, „dass andere Leute nicht die Straßenseite wechseln“. Oder ernst gesprochen: „immer fair gegenüber anderen sein“.

Was er nicht mag: zu viel Social Media. Er hat sich vorgenommen, auch als Abgeordneter nicht ständig E-Mails oder Chat-Nachrichten zu checken. „Ich bin nicht so wichtig, dass ich immer präsent sein muss“, unterstreicht er. 

Ganz unwichtig ist Brunnhuber allerdings nicht, denn der Landtag wählte ihn zum Vorsitzenden des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Diensts – ein ungewöhnlich hoher Posten für einen Landtagsneuling. Brunnhuber war das am Anfang gar nicht bewusst. „Erst als mich alle darauf angesprochen haben, habe ich gemerkt, was das für eine Ehre ist.“ Warum die Wahl auf ihn fiel? Lange Beamtenkarriere, Behördenleiter, Promotion, außerschulische Erfahrungen am Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, richtiges Alter und als Berufsschullehrer ein guter Draht zu den Kammern und Kommunen, hieß es als Begründung aus der Fraktion.

Die Sitzungsleitung fällt dem Lehrer leicht, Menschen „auf charmante Art zu steuern“ sei sein Job. Angespannt ist Brunnhuber trotzdem, nicht zuletzt wegen des Livestreams, den das Landtagsamt teilweise für Ausschusssitzungen bietet. Auch die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen laufe gut, selbst mit der AfD. „Bei uns wird anders als im Plenum über Inhalte gesprochen.“

Nicht ganz glücklich war der Ausschusschef darüber, dass Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Januar angekündigt hat, 5000 Verwaltungsstellen im öffentlichen Dienst zu streichen. Das habe bei ihm zu einem erhöhten Anrufaufkommen geführt. Brunnhuber befürchtet einen Personalmangel, wenn die Babyboomer-Generation in Pension ist. Die Nachwuchsgewinnung bezeichnet er daher als wichtigstes Thema im Ausschuss.

Brunnhuber nervt das gegenseitige Politbashing 

Einflussreich ist Brunnhuber auch als bildungspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Nach 22 Jahren Berufserfahrung, mit einer Lehrerin als Ehefrau und zwei Töchtern (13 und 23) weiß er, wo im Schulsystem der Schuh drückt. Das lässt er auch die neue Kultusministerin und Parteikollegin Anna Stolz wissen. „Wir tauschen uns regelmäßig aus“, versichert er. Es sei wichtig für Stolz, mit externen Personen zu sprechen, weil sie im Ministerium nicht mehr so viel offene Kritik höre. Bisher, urteilt Brunnhuber, mache Stolz aber vieles richtig, weil sie viel vor Ort sei und ein Ohr für die Probleme der Betroffenen habe. „Aber es müssen auch Ergebnisse geliefert werden“, mahnt er selbstbewusst.

Wichtig ist ihm: die gemeinsame Beschulung von Kindern mit deutscher und nichtdeutscher Muttersprache. „Integrieren, nicht separieren“, betont Brunnhuber. Er hat selbst einen Migrationshintergrund, seine Mutter stammt aus Kroatien. Integration, glaubt Brunnhuber, funktioniere nur, wenn die Schulen mehr Eigenständigkeit, ausreichend Ressourcen wie digitale Endgeräte und vor allem mehr Personal für multiprofessionelle Teams erhielten. 

Zu den Freien Wählern kam Brunnhuber 2018 durch einen Freund, der ihn mal zu einer Gemeinderatssitzung mitnahm. Brunnhuber fand das so spannend, dass er zwei Jahre später selbst für den Gemeinderat kandierte – und gewählt wurde.
Kann er sich mit den oft polternden Aussagen seines Parteichefs identifizieren? Bei der Antwort windet er sich etwas. „Ich habe meinen eigenen Kopf, und was Hubert Aiwanger macht, kann ich nicht bewerten“, antwortet er. Allerdings sei er nicht zu den Freien Wählern gegangen, um Aiwanger „hinterherzurennen“. Und außerdem: Ohne dessen plakative Ansagen und die dadurch gewonnenen Extraprozente für die Freien Wähler säßen er und etliche andere heute nicht im Landtag. 

In seiner Freizeit treibt Brunnhuber gern Sport, gemeinsam mit seiner Frau: Skifahren, Langlaufen, Radlfahren gehören zu den Favoriten. Brunnhuber hat Glück, seine Frau begleitet ihn am Wochenende oft zu Terminen. „Sie interessiert’s, mich beruhigt’s und die jüngere Tochter hat Zeit, daheim ihre Netflix-Serien zu schauen“, sagt er und lacht.

Bis 2021 war Brunnhuber sogar Handballtrainer der Jugendmannschaft Erlstätt – ohne jemals Handball gespielt zu haben. „Da ging’s ums Ehrenamt“, erklärt er. „Wir können doch nicht immer nur unsere Töchter ins Training schicken, ohne selbst etwas beizusteuern.“

Und am Ende findet sich doch noch etwas, das Brunnhuber aufregt – na ja, ein bisschen. Seit dem Landtagseinzug, stöhnt er, werde er ständig auf seine Frisur mit der ausgeprägten Tolle angesprochen. „3 Minuten“, sagt er. „Ich brauch wirklich nur 3 Minuten fürs Styling.“ Wichtig sei, dass die Haare gut geschnitten sind. Wer mehr wissen wolle, solle bitte den syrischen Friseur im Salon Goldene Schere in Traunstein befragen. (David Lohmann)

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