Auf Status legt Johann Groß keinen Wert. Der Freie-Wähler-Abgeordnete aus dem Landkreis Dachau fährt einen mittlerweile 21 Jahre alten Skoda Fabia. „Nur weil ich Abgeordneter bin, muss ich keinen BMW kaufen“, sagt Groß.
Gerade erst bescherte der TÜV seinem Benziner weitere zwei Jahre. Mindestens so lange will der 68-Jährige damit auch weiterfahren. „Das ist nachhaltig“, findet der Landwirt.
In seiner Anfangszeit im Landtag fuhr er mit dem Auto auch nach München. Inzwischen nimmt er die S-Bahn – und nutzt die Fahrtzeit zur Vorbereitung auf die Sitzungen des Landwirtschaftsausschusses, dem er angehört. Dass die S-Bahn öfter mal zu spät kommt, stört ihn nicht. „Ich nehme einfach immer eine Bahn früher“, sagt Groß.
Sich so mühelos in der Landeshauptstadt zurechtzufinden, das war zunächst alles andere als selbstverständlich für ihn. Der Milchbauer kommt aus einem Weiler der Gemeinde Bergkirchen, in München war er zuvor nur selten zu Besuch. „Ich bin eigentlich ein Landei“, räumt er lächelnd ein. „Das war schon eine Umgewöhnung.“ Auch im Landtag: In den ersten Monaten verlief er sich regelmäßig im Gebäudekomplex. Dass es so lange dauert, bis die Ergebnisse von Entscheidungen zu sehen sind, irritierte ihn ebenso. Das kannte er aus der Kommunalpolitik nicht. „Den Fraktionszwang war ich auch nicht gewohnt“, sagt Groß.
Auch technisch musste sich Groß umstellen: Er besaß – als Einziger in seiner Fraktion – zunächst gar kein Handy. Man legte ihm nahe, sich eines zuzulegen. Beim Kauf begleitete ihn eine seiner drei Töchter. Groß holt sein Smartphone hervor und wiegt es in der Hand. „Ist schon praktisch“, sagt er. Auch auf Facebook und Instagram ist er inzwischen aktiv. „Das macht aber eine Büroangestellte“, gibt er zu.
Den Landtagswahlkampf hatte er noch ohne bestritten. Trotzdem wurde er – auch zu seiner eigenen Überraschung – von Listenplatz 19 auf Platz sieben vorgewählt und zog damit in den Landtag ein. Ein besonderes Geburtstagsgeschenk: Am Tag der Wahl wurde Groß nämlich 67 Jahre alt.
Lange war Groß der einzige FW-Abgeordnete ohne Handy
Dabei hatte er ursprünglich nur für den Bezirkstag kandidieren wollen. Weil sich aber kein Kandidat für den Landtag fand, bekniete ihn seine Partei – und Groß sagte schließlich zu. „Meine Frau hat auch gesagt: Mach’s.“
Dass andere mit 67 Jahren ein ruhigeres Leben wählen, statt einen neuen Karriereweg einzuschlagen, weiß auch Groß. „Solang ich geistig und körperlich fit bin, möchte ich was bewegen.“ So pflegte er es bereits vor der Zeit im Landtag. Zwar übergab er im Juli 2018 die Milchviehlandwirtschaft an seinen Sohn, er stand aber weiterhin jeden Tag um 5.30 Uhr auf, um die Kühe zu melken. Das macht er heute noch so – sofern es die Termine als Abgeordneter zulassen.
Schon als Kind half er auf dem Bauernhof mit, der sich seit 1640 im Besitz der Familie befindet. 1987 übernahm Groß dann den Betrieb von seinen Eltern. Bald darauf schaffte er dort die Anbindehaltung – also das Festbinden der Tiere an einer Stelle im Stall – ab. Im Landwirtschaftsausschuss setzt er sich aber dagegen ein, ein gesetzliches Enddatum für die ganzjährige Anbindehaltung festzulegen. „Sonst bricht ein großer Teil der Milchviehhaltung weg“, warnt Groß. Nicht jeder Betrieb könne sich einen Umbau leisten.
In seiner Fraktion herrscht darüber Konsens, anders sehen das etwa die Grünen-Vertreter im Landwirtschaftausschuss. Doch mit denen, Andreas Birzele und Paul Knoblach, verstehe er sich trotz politischer Differenzen gut, sagt Groß. Auch zu Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) hat er – anders als sein Vorsitzender Hubert Aiwanger – einen guten Draht. Apropos Aiwanger: Auf den lässt Groß nichts kommen. „Der Hubert hat mir schon immer imponiert“, betont er.
Groß’ Weg bei den Freien Wählern fing mit den Kommunalwahlen 2002 an. Die Ortsvereinigung suchte Mitstreiter, Groß ließ sich aufstellen und zog in den Gemeinderat ein. Dort sitzt er nach wie vor, inzwischen als Dritter Bürgermeister. Einmal, erzählt er, sei der CSU-Ortsvorsitzende auf ihn zugekommen, um ihn abzuwerben. Doch Groß sagte ohne zu zögern ab. „Ich bin halt ein Freier Wähler.“
Vor seiner Zeit im Landtag spielte Groß gerne Fußball. Dazu fehlt inzwischen die Zeit. Auch die sechs Enkelkinder sieht er seltener, als es ihm lieb wäre.
Ob er bei der nächsten Landtagswahl antritt? Groß hat sich damit noch nicht beschäftigt. „Ich weiß ja nicht mal, was morgen ist. Wie soll ich dann wissen, was 2028 sein wird?“ (Thorsten Stark)
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