Landtag

Berthold Rüth. (Foto: dpa/Gebert)

31.03.2023

Der Beständige

Im Porträt: Der CSU-Abgeordnete Berthold Rüth

Wäre Berthold Rüth ein Gewässer, wäre er wohl so wie der Main in seinem Stimmkreis Miltenberg: ein ruhig dahinziehender Fluss. Rüth, seit Dienstag 65 Jahre alt, ist so etwas wie die Kontinuität in Person. Er lebt – mit Ausnahme der Studienzeit zum Diplom-Betriebswirt in Frankfurt – seit seiner Geburt im Elternhaus im Örtchen Hobbach. Seine Parteiämter waren stets langfristig angelegt: acht Jahre JU-Vorsitzender in seiner Gemeinde, zehn Jahre JU-Chef im Kreis Miltenberg, danach 23 Jahre CSU-Kreischef. Und im Landtag arbeitet er seit 2003 im Petitions- und – mit einem kurzen Intermezzo im Ausschuss für den öffentlichen Dienst – im Bildungsausschuss.

„Ich bin halt ein bodenständiger, wertkonservativer Mensch, der seine Heimat liebt“, sagt Rüth dazu. Aber er will auch gleich den Verdacht ausräumen, nur zu Hause zu sitzen. „Gut, ich bin jetzt kein Weltenbummler, aber ich komme schon auch herum“, betont er. Früher, in seinem Beruf als leitender Angestellter eines großen Chemiewerks in Obernburg am Main, hat er „schon einiges von der Welt gesehen“. Als sein Sohn mit Familie jüngst in San Diego lebte, war er zweimal für ein paar Wochen in den USA – inklusive Abstecher nach Hawaii, schiebt Rüth aufgekratzt hinterher.

Im Landtag ist Rüth keiner, der in Debatten die Konfrontation sucht. Klare politische Statements ja, „aber mir ist es immer lieber, wenn man einen Kompromiss findet“, betont er. Deshalb ist Rüth auch stolz darauf, vor acht Jahren die Enquete-Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ als Vorsitzender zu einem einstimmig verabschiedeten Abschlusspapier gebracht zu haben. Er ist sich sicher, dass diese breite Zustimmung den Ergebnissen mehr Wucht verliehen hat. „Wenn ich mir heute die Heimatstrategie der Staatsregierung anschaue, dann steckt da schon viel von unserer Arbeit drin“, bilanziert Rüth.

Das Adjektiv „konsensorientiert“ mag Rüth aber nicht unreflektiert auf sich beziehen. „Die einen sagen so, die anderen so“, meint er verschmitzt lächelnd. Im Prinzip sei er das wohl schon, aber manchmal gebe es in der Politik auch „Reibereien“. Rüth hat das selbst erlebt, als er sich kurz vor seinem Rückzug als CSU-Kreischef Angriffen der örtlichen Jungen Union gegen seinen Führungsstil ausgesetzt sah.

Nur einmal in seiner politischen Laufbahn hat Rüth für überregionale Schlagzeilen gesorgt. 2006 forderte er den Parteiausschluss der Fürther Landrätin Gabriele Pauli, weil die eine aus seiner Sicht parteischädigende Kampagne gegen den damaligen CSU-Regierungschef Edmund Stoiber losgetreten hatte. Ob er sich heute noch einmal so exponieren würde, dahinter macht er nach den damaligen Erfahrungen „mal drei Fragezeichen“.

Dass Rüth 2003 glatt in den Landtag eingezogen ist, hatte – das räumt er unumwunden ein – viel mit Stoiber zu tun. Der holte damals die Zweidrittelmehrheit für die CSU. In diesem Windschatten kam Rüth als Neuling auf 59,96 Prozent der Erststimmen. Trotzdem hat er versucht, auf dem Boden zu bleiben. Manche der damals mit ihm eingezogenen Kolleg*innen hätten „vor Kraft kaum laufen können“. „Hochmut war damals schon verbreitet, das hat der CSU nicht gutgetan“, erinnert er sich. Bei der Landtagswahl 2008 kam das böse Erwachen, die CSU musste in die Koalition mit der FDP.

Seine Leidenschaft: Pferde und Kutschen

Wenn Rüth im Herbst freiwillig aus dem Landtag ausscheidet, blickt er auf ein seltenes Jubiläum: 20 Jahre Petitionsausschuss. Die Arbeit dort ist seine „Leidenschaft“. Man kann konkrete Politik machen, ist bei Ortsterminen nah an den Menschen und ihren Problemen. „Ich bin nicht der Mann für Anträge und lange Gesetzestexte, ich brauche die praktische politische Arbeit“, sagt Rüth.

In den Bildungsausschuss ist er dagegen mehr aus Zufall geraten. Eigentlich hatte er mit seiner Berufserfahrung in den Wirtschaftsausschuss gewollt, doch das hat damals nicht geklappt. Er hat sich aber in die Bildungsthemen hineingearbeitet, war sogar für einige Zeit Vorsitzender des Bildungsarbeitskreises der Landespartei. Auch in Sachen Bildung steht Rüth für eine wertkonservative Politik, progressive Ideen sind von ihm nicht überliefert.

Mit seinem sachbezogenen Arbeitsstil und ausgleichenden Wesen hat es Rüth auch in bedeutsame Ehrenämter geschafft. Er ist Präsident des Musikverbands Untermain, obwohl seine musikalische Expertise auf wenige Jahre Tenorhornspiel zu Schülerzeiten begrenzt ist, und seit 2014 Vorsitzender des Landessportbeirats. Hier kann Rüth auf seine Erfahrung als Jugendleiter im heimischen Sportverein sowie auf fußballerische Ambitionen zurückgreifen. Höhepunkt sei einst die Berufung ins Training der Miltenberger Kreisjugendauswahl gewesen. „Das war’s dann aber auch schon mit der großen Fußballerkarriere“, hakt der FC-Bayern-Fan diese Episode schmunzelnd ab.

Hört man Rüth beim Reden zu, kann man sich gut vorstellen, dass er vor seiner Landtagszeit in seinem Heimatort 18 Jahre lang als Faschingspräsident den Conférencier der von ihm federführend organisierten Prunksitzungen gegeben hat. Natürlich waren die Sitzungen nicht so groß wie der bekanntere Franken-Fasching mainaufwärts in Veitshöchheim, „aber für das kleine Hobbach schon ein Highlight“. Prinzenpaar, Sänger, Büttenredner und eine kleine Garde, all das habe es gegeben, die Eintrittskarten seien immer schnell weg gewesen. Inzwischen ist das närrische Treiben im Ort „leider eingeschlafen“.

Rüths große Leidenschaft gilt heute Pferden und dem Kutschenfahren. Er ist stolzer Inhaber des „kleinen bronzenen Fahrabzeichens“, das ihm immerhin das Fahren eines Zweispänners erlaubt. Wettkämpfe hat er nie bestritten, aber schon mehrmals Hochzeitskutschen gesteuert oder ist bei Kindergartenausflügen an den Zügeln gesessen. Nun überlegt Rüth, ob er nach der Zeit im Landtag das silberne Fahrabzeichen erwirbt. „Mein Traum ist schon, irgendwann mal vierspännig zu fahren“, schwärmt er.

So oder so – Rüth glaubt nicht, dass es ihm im Ruhestand langweilig wird. Seine kommunalen Mandate will er bis 2026 behalten, auch Musikpräsident würde er gern noch bleiben. Außerdem hat er ein Haus, seinen Hof, einen Traktor, ein bisschen Wald, ein paar Apfelbäume und natürlich die Enkel. Bei Rüth wird wohl vieles ruhig und entspannt einfach weitergehen. (Jürgen Umlauft)

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