Bayerischer Finanzminister: Das war in den vergangenen Jahrzehnten stets der Super-Job im Kabinett. Das reiche Bayern erwirtschaftete mehr Steuereinnahmen als die meisten anderen Länder, konnte es sich leisten, auf neue Schulden zu verzichten, zahlte gar Altschulden zurück und plante, bis zum Jahr 2030 komplett schuldenfrei zu sein.
Die Corona-Krise hat das gehörig durcheinandergewirbelt. Der ausgeglichene Etat ist perdu, Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) kommt mit dem Schuldenmachen nicht mehr nach und wird als der Kassenwart in die weiß-blaue Geschichte eingehen, der die höchsten Kredite und Bürgschaftszusagen in der Historie des Freistaats zu verantworten hat. Insgesamt 60 Milliarden Euro fasst der Rettungsschirm, den Bayern für die Wirtschaft spannt – 20 Milliarden Euro für mögliche Staatsbeteiligungen und 40 Milliarden für Bürgschaften und Kredite. Zum Vergleich: Das entspricht der Summe der kompletten bayerischen Staatsausgaben pro Jahr.
Er habe schon mehr Spaß gehabt, meinte Füracker (52) jetzt, als er seinen Nachtragshaushalt mit den astronomischen Minuszahlen im Landtag präsentierte. Das war’s dann auch schon mit dem Jammern. Ruhig und gefasst erläuterte der frühere Landwirt das Hilfspaket des Freistaats, verpackt in den Satz, man wolle mit dem Geld „möglichst viel Krise von möglichst vielen Menschen fernhalten“.
Während anderen dieser Tage die Stimme flattert, bleibt Füracker völlig cool
Im Kreis der bayerischen Regierungsmitglieder fällt der Finanzminister dieser Tage durch maximale Coolness auf. Wo andere mit teils flatternder Stimme Zahlen und Konzepte vom Blatt ablesen müssen, vermittelt Füracker in zumeist freier Rede, dass er nicht nur den Durchblick, sondern auch alles im Griff und zudem die Ruhe weg hat.
Corona ist die bisher größte Prüfung in der politischen Laufbahn des Oberpfälzer CSU-Politikers, der 2008 in den Landtag kam. Mit Finanzpolitik hatte er dort zunächst nichts zu tun – als gelernter Landwirt betraute ihn seine Fraktion mit dem Bereich Agrarpolitik. Offenbar stellte er sich geschickt an, jedenfalls stieg Füracker bereits nach einem Jahr im Landtag zum Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses auf. Weitere vier Jahre später, 2013, berief ihn der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer ins Kabinett. Füracker wurde Staatssekretär im Finanzministerium unter Markus Söder. Fünf Jahre arbeiteten die beiden dort zusammen – bis Söder im Jahr 2018 Ministerpräsident und Füracker sein Finanzminister wurde. Zwischenzeitlich hatte Füracker auch in der Partei Karriere gemacht: 2015 ergatterte er den Vorsitz des CSU-Bezirksverbands Oberpfalz.
Nach allem, was man weiß, lief und läuft das Miteinander von Füracker und Söder problemlos. Obwohl – oder vermutlich gerade weil – sie so unterschiedlich sind: hier der machtbewusste, ungeduldige und medienaffine Söder, da der bodenständige Füracker, der nie danach trachtete, seinem Chef die Show zu stehlen oder freche Widerworte zu geben.
Als Team hatten sich Söder und Füracker bereits früher bewährt: Als Söder Landesvorsitzender der Jungen Union war, fungierte Füracker von 1997 bis 2001 als sein Stellvertreter.
Als Füracker Finanzminister wurde, atmeten die Mitarbeiter auf
Im Finanzministerium hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damals aufgeatmet, als nach dem als überaus anstrengend geltenden Söder der bedächtige Füracker das Ruder übernahm. Nicht, dass fortan weniger gearbeitet wurde. Der Stresspegel war nur niedriger. Vor allem deshalb, weil Füracker, anders als sein quirliger Vorgänger, nicht täglich neue Initiativen ausrief – und sich duldsamer zeigte, wenn mal was suboptimal lief.
Das beharrliche und gleichmütige Arbeiten pflegte Füracker bereits daheim auf dem Bauernhof. Insgesamt 23 Jahre war er Landwirt. Als er in den Landtag gewählt wurde, schloss er einen Bewirtschaftungsvertrag mit einem Kollegen, der sich nun um den Hof kümmert. Als Bauer, sagt Füracker, „lernt man, viel und hart zu arbeiten“. Im Vordergrund stehe „nicht die Freizeitgestaltung, sondern das zu tun, was nötig ist“. Er sagt auch: „Ich habe das immer gerne gemacht.“
Sein einziger Luxus als Jungbauer war die Politik. „Das war mein Hobby“, erzählt Füracker. Und was macht er, wenn er mal abschalten will von der Politik? Ganz unspektakulär nennt er: Rad fahren.
Wieder Bauer sein? Warum nicht
Ein bisschen lag ihm das politische Engagement wohl auch im Blut. Schon sein Urgroßvater war Landtagsabgeordneter gewesen, sein Vater saß im Gemeinderat. Füracker selbst schaffte mit 22 Jahren den Sprung in den Gemeinderat Lupburg, später wurde er Kreisrat sowie stellvertretender Landrat. Zur CSU gab’s für ihn nie eine Alternative. Welche hätte das auch sein sollen – bei ihm auf dem Land hatten die Schwarzen praktisch das Monopol, und die SPD als einzige andere Partei befasste sich mit Themen, die ihm als Landwirt wenig nahelagen. Ob er sich eine Rückkehr auf den Bauernhof vorstellen kann? Klar, sagt der vierfache Vater und lacht. „Das ist meine Rückkehroption, für meine Zeit nach der Landespolitik.“
Nun ja – bis dahin ist noch etwas Zeit, die Herausforderungen sind gewaltig. Gut möglich, dass demnächst neue, große und ungewohnte Aufgaben auf Füracker zukommen: dann nämlich, wenn der Freistaat tatsächlich von den 20 Milliarden Euro Gebrauch machen darf und muss, die als staatliche Beteiligungen an Unternehmen gedacht sind, die durch Corona ins Trudeln geraten sind.
Ob solche Hilfen überhaupt zulässig sind, entscheidet demnächst die EU. Eigentlich hat sich der Freistaat vor vielen Jahren mit einer Privatisierungswelle fast vollständig als Unternehmer zurückgezogen. Wenn sich das nun ändert, müssen viele umdenken. Vor allem der Finanzminister, der als Beteiligungsminister dafür sorgen müsste, dass die richtigen Leute dann die richtigen Entscheidungen treffen. Denn sobald der Freistaat als Unternehmer mit einsteigt, kann er bei strategischen Entscheidungen der Firma auch mitreden.
Die Herausforderungen, so viel ist gewiss, werden Albert Füracker so schnell nicht ausgehen.
(Waltraud Taschner)
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