Es dauert nur einen kurzen Moment, dann klicken die Handschellen bei dem jungen Mann, der gerade noch in Richtung der Polizisten gepöbelt hat. Die Situation beruhigt sich. Mehrere Jugendliche waren zuvor unvermittelt auf einen jungen Burschen losgegangen – doch die Polizei schritt schnell ein, sodass die Schlägerei glimpflich ausging. Nicht nur die Beamten riskierten an diesem nasskalten Tag Ende Februar kurz nach Ende des Mammendorfer Faschingsumzugs offenbar ihre eigene Gesundheit, um andere zu schützen. Auch Benjamin Miskowitsch, der nun etwas abseits steht, ging, wie er sagt, dazwischen: „Man kann da ja nicht einfach zusehen.“ Und noch etwas außer Atem fügt er hinzu: „Mit meinem Gewicht geht das auch.“
Miskowitsch trägt eine rote Uniform, schließlich sorgt er als Helfer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) an diesem Tag dafür, dass die vielen Besucher des närrischen Spektakels im oberbayerischen Landkreis Fürstenfeldbruck bei bester Gesundheit bleiben. „In den Vorjahren war ich sogar für den Einsatz der etwa 20 BRK-Leute beim Umzug verantwortlich“, sagt der 34-jährige gelernte Bürokaufmann. Doch weil er seit Oktober für die CSU im Landtag sitzt, hat er nun schlicht weniger Zeit für die Vielzahl an Vereinen und Verbänden, in denen er sich engagiert. Mit rund einem Drittel der Stimmen und nur sieben Prozent Abstand vor dem populären Grünen-Kandidaten Martin Runge hatte er sich im Wahlkreis Fürstenfeldbruck Ost durchgesetzt. Er sei schon froh gewesen, dass das geklappt habe. „Die Zeiten, in denen manche gespottet haben, wir könnten hier einen Besenstil als Kandidaten aufstellen, sind ja lange vorbei“, weiß Miskowitsch. Gerade im Osten seines Wahlkreises punktete die Ökopartei.
Politisch ist er ein absoluter Newcomer. Miskowitsch sitzt seit 2008 im Mammendorfer Gemeinderat, zog 2014 in den Kreistag ein. Die Zeit im Ortsparlament präge auch seinen Umgang mit anderen Mitgliedern des Maximilianeums, erklärt er „Ich höre mir immer genau an, was ein Kollege zu sagen hat, auch wenn er einer Oppositionspartei angehört.“ Bei seiner Wahl der Landtags-Gremien spiegelt sich diese Einstellung wider, sagt er. Neben dem Wirtschafts- sitzt er auch im Petitionsausschuss. In Letzterem fahre „ja immer auch ein Mitglied der Opposition quer durch den Freistaat zu den Ortsterminen mit – „so lerne ich nicht nur Bayern kennen, sondern auch die Kollegen“. Bislang sei die Zusammenarbeit mit Mitgliedern anderer Fraktionen jedenfalls „super gelaufen“.
Miskowitsch kann gut mit den Leuten. Auch an diesem Februartag begrüßen ihn viele Mammendorfer im Akkord – man kennt sich. Obwohl der Festumzug schon vorbei ist, ist die Party noch im vollen Gange. „Hodi odi ohh di ho di eh“, grölt eine Gruppe. Hexen, Clowns oder Fledermäuse laufen vorüber. Ein Auftritt in der Heimatgemeinde ist für die meisten Politiker eine gmaade Wiesn, wie das Münchner Original Monaco Franze sagen würde. Doch Miskowitsch wird im Minutentakt euphorisch begrüßt. „Der ist der Beste – schreiben Sie das“, sagt eine junge Frau mit Bier in der Hand. Ein anderer lobt die Verbundenheit des Abgeordneten mit seiner Region. Ein älterer Herr, der mittlerweile in München lebt, fragt Miskowitsch, warum er bei der Landtagswahl so weit hinten auf der Zweitstimmen-Liste gestanden habe. Als er ihn dort entdeckt habe, habe er seine Kreuze schon gemacht gehabt, den Stimmzettel aber noch nicht in die Urne geworfen. Er habe diesen dann vor den Wahlhelfern zerrissen und doch noch für Miskowitsch gestimmt. Das viele Lob der Mammendorfer ist dem Parlamentarier offenbar unangenehm. Eine so gute schauspielerische Leistung werde teuer, witzelt er später über die euphorischen Gesprächspartner – Humor hat der Christsoziale.
Für BRK oder Wasserwacht: Oft für andere im Einsatz
Wer mit Menschen im Landkreis spricht, merkt jedenfalls schnell, dass die Volksnähe nicht gespielt ist. Gerade räumt er ein paar Scherben vom Gehweg weg. Doch irgendwann wird es ihm nach einer viele Stunden dauernden Schicht schlicht zu kalt. Miskowitsch öffnet sich im Feuerwehrhaus – natürlich ist er auch dort aktives Mitglied – eine Entspannungs-Halbe.
Thematisch will er sich unter anderem dafür einsetzen, für ehrenamtliche Helfer und Vereine staatliche Bürokratie abzubauen und unnötige Haftungsrisiken zu vermeiden. Exemplarisch sei das Schild „Betreten der Eisfläche verboten“. Früher hätte jemand, der auf dünnem Eis eingebrochen ist, gesagt: „Da bin ich selbst schuld.“ Heute werde gleich ein Schuldiger gesucht und geklagt.
Der CSU-Mann, der seit vielen Jahren in der Wasserwacht ist, glaubt an faire Bildungschancen in Bayern. Er sei das „beste Beispiel“. Nach dem Quali arbeitete er unter anderem im Vertrieb eines Verlags. Fünf Jahre lang war er selbsständig – er verstehe die Nöte kleiner Unternehmer. Und er sagt auch: „Es muss nicht jede Firma in München sitzen.“ Es müsse künftig „noch besser als bislang gelingen, mehr Firmen in strukturschwächere Regionen wie etwa in Ostbayern anzusiedeln“. Ob dafür mehr staatliche Mittel nötig seien, lässt der Mann, der seit seiner Geburt in Mammendorf lebt, aber offen.
In den kommenden viereinhalb Jahren wolle er sich insbesondere für die Menschen in seinem Landkreis einsetzen. „Es sollten mehr Züge an den kleinen Stationen halten“, findet er. Nur so würden auch Menschen auf dem Land das Auto öfter stehen lassen. Veränderungen fangen im Kleinen an, weiß Miskowitsch. (Tobias Lill)
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