Landtag

Martin Huber. (Foto: Stark)

28.03.2024

Der Ex-Republikaner

Im Porträt: Der AfD-Abgeordnete Martin Huber

Um die politischen Ansichten von Martin Huber zu verstehen, hilft es, weit zurück in seine Vergangenheit zu gehen. Als Kind, so erzählt es der im niederbayerischen Velden an der Vils geborene AfD-Abgeordnete, habe er oft nach der Schule im Wirtshaus gesessen, weil zu Hause niemand war, der ihn betreuen konnte. Eine traumatische Situation für ihn. „Ich habe mich oft allein gefühlt.“ Die Eltern mussten beide arbeiten, damit die Familie über die Runden kommt. Der Vater, der schon mit 45 starb, war Maurer, die Mutter arbeitete in der eigenen kleinen Landwirtschaft. „Wir waren sehr arm“, sagt Huber.

Deswegen ist für den 64-Jährigen die Familie so wichtig. Der Vater von zwei erwachsenen Kindern und zweifache Opa nennt sich selbst einen Klammerer. Dass Eltern heute gezwungen sind, ihre Kinder schon im Säuglingsalter in Kinderkrippen zu geben, ist für Huber schlimm. Der Staat müsse entsprechende Vorkehrungen treffen können, damit das nicht notwendig ist, findet er. Etwa, indem Unternehmen gezwungen wären, das Gehalt der Person, die zu Hause bleibt, drei Jahre voll weiterzuzahlen.
Die Angst vor zu viel Einwanderung treibt Huber ebenso um wie die Angst vor Identitäts- oder Wohlstandverlusten. Er habe nichts gegen Ausländer*innen, sagt Huber. Wer bereit sei, die Sprache zu lernen, zu arbeiten und die Kultur und Lebensweise hier zu akzeptieren, der sei willkommen. „Aber wer sich nicht anpasst, hat in unserem Land nichts verloren.“ Das habe nichts mit Diskriminierung zu tun. Er sei auch gegen die Herabwürdigung von queeren Menschen. Nur solle die Ehe von Mann und Frau rechtlich höhergestellt sein als gleichgeschlechtliche Verbindungen. Und alle sollten ihrem Glauben so nachgehen, wie sie es wollten, sagt der gläubige Katholik. Doch wenn plötzlich Minarette das Ortsbild in christlich geprägten Orten verändern, sei für ihn eine Grenze erreicht.

Huber hat wie sein Vater Maurer gelernt. Rund 25 Jahre arbeitete er auf dem Bau. Dann heuerte er bei einer Gebäude-Management-Firma in München an – und blieb dort als Beauftragter für Qualitätsmanagement und Vertrieb bis zu seinem Einzug in den Landtag im Herbst 2023.

Politisch fühlte er sich in der CSU unter Franz Josef Strauß gut aufgehoben. Doch nach dessen Tod rückte die Partei aus seiner Sicht weit nach links. Huber fand eine neue Heimat bei den Republikanern und zog 1990 für diese in den Kreistag und den Gemeinderat in Taufkirchen an der Vils ein. Überzeugungen hatte er damals schon, aber nur wenig Ahnung, wie er zugibt. Eine Schulung vermittelte ihm ein Grundverständnis für Kommunalpolitik und Verwaltungsabläufe. Bei der nächsten Kommunalwahl trat Huber dann fachlich gestärkt auch als Bürgermeisterkandidat an – und verlor erst in der Stichwahl mit 40 zu 60 Prozent der Stimmen gegen den CSU-Kandidaten. Bis heute sitzt Huber in beiden Kommunalgremien.

Bei den Republikanern machte Huber Karriere. Er stieg bis zum Bezirksvorsitzenden und stellvertretenden Landesvorsitzenden auf. Doch die Partei verschwand in der Bedeutungslosigkeit. 2017 warb Alice Weidel ihn für die AfD ab. Bei der Landtagswahl 2018 scheiterte er noch knapp, 2023 reichten die Stimmen locker zum Einzug.

Die Parteizugehörigkeit spielt für ihn keine Rolle

Im Münchner Merkur stand nach der Wahl, Huber sei kein Rechtsradikaler, aber eben „Mitglied in einer rechten, vom Verfassungsschutz überwachten Partei“. „Schmarrn“, sagt Huber dazu. In der Fraktion seien bei vielen Themen alle einer Meinung. Er nutze nur oft eine andere Wortwahl. „Ich sage denen dann auch: Drückt es halt anders aus.“ Verfassungsfeinde, so sieht er das, gebe es in der Fraktion keine. Dass der Abgeordnete Daniel Halemba, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt, weiterhin Teil der Fraktion ist, erklärt Huber mit dem noch nicht abgeschlossenen Verfahren. So lange gelte die Unschuldsvermutung. „Und dann entscheiden wir.“

Die Aufregung um die auch von der AfD gewünschte Remigration – also eine Umsiedlung von Menschen – hält Huber für „politisch ausgeschlachtet“. Niemand sei für eine Abschiebung von Deutschen mit Migrationshintergrund. Es gehe darum, Recht umzusetzen – also, abgelehnte Asylbewerber*innen auszuweisen. Die AfD wolle auch nicht raus aus EU oder Nato. „Wir wollen nur reformieren“, erklärt der Abgeordnete. „Ins Mark erschüttert“ habe ihn als Katholik die Distanzierung der Bischofskonferenz von seiner Partei.

Mit dem Einzug in den Landtag erfüllte sich für Huber ein „Lebenstraum“, wie er sagt. „Aber ich war entsetzt, wie es hier abläuft.“ Anders als in der Kommunalpolitik sei der Umgang oft rüde bis feindselig. Beleidigungen in Richtung AfD würden von der Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) nicht geahndet. „Ich schätze sie sehr, aber das geht so nicht“, sagt Huber. „Eine Präsidentin muss über den Parteien stehen.“ Dass auch aus der AfD-Fraktion viele sprachliche Entgleisungen kamen, will Huber aber nicht bestreiten.

Für ihn spiele es keine Rolle, in welcher Partei jemand sei, sagt Huber. Er habe auch kein Problem, einem guten Antrag der Grünen zuzustimmen. „Ich bin kein Parteisoldat. Ich entscheide für unsere Bürger.“ Dass für die Unionsparteien offiziell eine Brandmauer zu seiner Partei besteht, kann er daher nicht verstehen. So werde man die AfD jedenfalls nicht kleinhalten.

Auch wenn er im Landtag im Bauausschuss sitzt: Hubers Steckenpferd ist die Gesundheitspolitik. Da habe die Politik auch im Freistaat viel geredet, aber zu wenig gehandelt, sagt Huber. Und die vom Bund geplante Krankenhausreform ist für ihn „eine Katastrophe“, weil sie die Eigenheiten des ländlichen Raumss ignoriere. Es müsse dringend etwas zur Rettung der kleinen Krankenhäuser getan werden.

Als Ausgleich dienen Huber, der früher auch Fußball gespielt hat und aktiv im Schützenverein war, seine Tiere. Er züchtet Burenziegen. „Wenn ich mich politisch ungerecht behandelt fühle, nehme ich eine Halbe Bier mit und gehe zu den Ziegen. Das ist mein Rückzugsraum.“ (Thorsten Stark)

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