Natürlich, viele Abgeordnete sind versiert im Umgang mit anderen Menschen, haben eine verbindliche Art und sehr oft ein gewinnendes Wesen. Vor allem im Umgang mit Presseleuten. Schließlich wollen sie ja erstens gewählt werden und zweitens eine möglichst positive Berichterstattung. Aber irgendwie ist der Freie-Wähler-Abgeordnete Tobias Beck (36) trotzdem eine Ausnahme. Sein Nettsein wirkt auf eine herzwärmende Art ungekünstelt und frei von jeder Berechnung, als sei er nie mit den Schlechtigkeiten der Welt in Berührung gekommen.
Tatsächlich ist vieles im Leben des Landtagsneulings Tobias Beck aus dem niederbayerischen Mallersberg gut gelaufen. Was auch an den wohlmeinenden Menschen liegt, von denen er offenbar umzingelt ist. Seine Eltern zuvörderst – alles, was ihr Sohn vorhatte, haben sie vorbehaltlos unterstützt, erzählt Beck. Ohne, wie Eltern das gerne tun, ihre eigenen Vorstellungen zum Thema Lebensplanung in den Vordergrund zu stellen. „Mach, was du willst“, habe der Papa erklärt, „ich helfe dir in jedem Fall.“ Und der Sohn wollte dann nach dem Quali und im Anschluss an seine Lehre bei BMW nach England – da war er 19 Jahre alt – und später auch nach Schweden. Tobias Becks Eltern, die eine kleine Landwirtschaft betreiben, haben da vermutlich erst mal geschluckt.
Im englischen Oxford blieb er dann, mit Unterbrechungen, sechs Jahre, bis 2012. Ergeben hatte sich das, weil sein Ausbildungsbetrieb BMW Beck und anderen Energieelektronikern nicht nur Jobs in München und Leipzig offerierte. Sondern auch in Oxford. Dahin wollte Tobias Beck. „Ich fand das cool“, bekennt er. Wobei: „Mein Englisch war ganz schlecht.“ Was nicht die einzige Schwierigkeit für den Landwirtssohn war. Er boxte sich durch, fand Freunde, lernte die Sprache und freut sich darüber, dass sein Englisch inzwischen „perfekt“ ist.
In Oxford arbeitete er durch und schlief wenig
Außerdem bildete er sich berufsbegleitend zum Bachelor of Communication Networks und zum Master of Wireless Systems fort. Das bedeutete: wenig Freizeit und noch weniger Schlaf. Im ersten Studienjahr, erzählt er, „arbeitete ich bei BMW Wochenendschichten von Freitag bis Sonntag, Montag bis Donnerstag war ich an der Uni“. Sonntags machte er die Nacht durch. Denn die Schicht bei BMW endete am Montag Früh um sechs Uhr, um neun musste er bereits in der Vorlesung sitzen.
In England erfuhr er vom Erasmus-Bildungsprogramm der EU, bewarb sich und ergatterte einen Platz als Austauschstudent in Schweden, wo er ab 2008 ein Jahr lang studierte. Von der schönen skandinavischen Landschaft und dem leckeren Essen – Elchfleisch – schwärmt er noch immer.
In den Sommerferien war er regelmäßig zu Hause, half in der Landwirtschaft. Und entdeckte die Politik. Im Jahr 2010 wurden Pläne bekannt, eine Umgehungsstraße im Laabertal zu bauen. „Das wollten wir nicht“, erzählt Beck. Er engagierte sich bei der Bürgerinitiative, die das Projekt verhindern wollte. Und trat den Freien Wählern bei, die die Straße ebenfalls ablehnten. Ein Bürgerentscheid beendete dann die geplante Umgehungsstraße. Und Tobias Beck entdeckte: Wenn man sich politisch engagiert, kann man was erreichen. 2014 kandidierte der damals 27-Jährige für den Gemeinderat – mit Erfolg.
Der Pferdeschwanz ist ab – dank Tochter Klara
Nach einem vergeblichen Anlauf im Jahr 2018 – damals fehlten ihm 1000 Stimmen – klappte es 2023 dann auch mit dem Einzug in den Landtag.
Warum er nicht in England oder Schweden geblieben ist, wo er sich superwohl fühlte? Nun ja: Die Oma vermisste ihn – und außerdem hatte er sich in eine Niederbayerin verliebt. 2018 heiratete Beck seine damalige Freundin, inzwischen ist er Vater einer vierjährigen Tochter.
Dass die Freien Wähler zu seiner politischen Heimat werden sollten, stand im Grunde außer Frage, sagt Beck. Hubert Aiwanger kannte er ohnehin seit Jahren: „aus dem Wirtshaus“. Aiwanger stammt wie Beck aus Niederbayern. Man versteht sich. „Hubert Aiwanger ist einer, der sagt, was er denkt“, erklärt Beck. Das gefällt ihm und komme in der Heimat, wo man gern Klartext rede, gut an. „Die deftigen politischen Veranstaltungen finden alle in Niederbayern statt“, gibt Beck zu bedenken.
Er selbst neigt nicht zum Poltern, ist aber Aiwanger-Fan
Auch wenn er selbst nicht zum Poltern neigt, ist Beck bedingungsloser Aiwanger-Fan. Die Aufregung um die Erdinger Demo hat er nicht verstanden. Beck findet: Aiwangers oft gerügte Aussage, die schweigende Mehrheit müsse sich „die Demokratie zurückholen“, sei aus dem Kontext gerissen und „immer mehr verkürzt worden“. Er sagt auch: „Das hat mich schon ein bisschen nachdenklich gemacht.“ Auch die Flugblattaffäre, die Aiwanger im Wahlkampf zusetzte, hat ihn „geärgert“. Stärkere Missfallensbekundungen oder gar Wutanfälle sind von dem bedächtigen Niederbayern nicht zu erwarten. Er sei halt „ruhig und ausgeglichen“, meint Beck.
Im Landtag ist er Mitglied des Ausschusses für Wohnen, Bau und Verkehr; in dessen Unterausschuss zur Zukunft der Münchner S-Bahn-Stammstrecke fungiert Beck als Vizechef. Zuständig ist er außerdem für Fragen der Digitalisierung – mit Blick auf seine Ausbildung ist Beck tatsächlich der einzige echte Digitalexperte seiner Fraktion. Im Verkehrsausschuss will er sich vor allem für den Ausbau des ÖPNV in seiner Heimat Niederbayern einsetzen. Diese sei nämlich krass unterversorgt: beim Nahverkehr sei sie „die schlechteste Region Deutschlands“.
Dass er wenig Freizeit hat, ist Beck bereits gewohnt. Spektakuläre Hobbys pflegt er ohnehin nicht. Fußballgucken zählt dazu. Gern zusammen mit Frau und Tochter am Bolzplatz. Überhaupt, die Familie: Die jungen Becks leben direkt neben dem Hof der Eltern, Becks Mama kocht oft für die ganze Truppe, samstags immer. Wegen seiner Tochter hat Tobias Beck sogar den heiß geliebten Pferdeschwanz abgeschnitten, an dem die Kleine leider gern gezogen hat. Schade eigentlich – ein FW-Abgeordneter mit schulterlanger Mähne, das hätte für einiges Aufsehen gesorgt.
(Waltraud Taschner)
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