Landtag

Michael Koller. (Foto: Rammel)

31.01.2025

Der Gottesfürchtige

Im Porträt: Der Freie-Wähler-Abgeordnete Michael Koller (48)

Vorletzten Sonntag war es wieder so weit. Nach dem Gottesdienst und dem Neujahrsempfang packte Michael Koller die Skier und freute sich auf die weiße Weite. Beim Skiwandern auf dem Rossfeld konnte er ideal runterkommen und den Stress des Politikbetriebs vergessen. „Gerade wenn sich das Rad im politischen Betrieb zu schnell dreht, kann ich dort den Kopf beim Blick von oben auf die Landschaft freibekommen“, sagt Koller.

Der Landtagsabgeordnete der Freien Wähler will jedes Mal die Spitze erreichen – auch letztes Mal schaffte er es zum Gipfelkreuz. Regelmäßig genießt der 48-Jährige die Naturschönheiten seines Heimatlandkreises Berchtesgadener Land, wandert etwa hinauf auf den Watzmann. Wenn er sich etwas vornimmt, sagt er, lasse er nicht nach, bis er sein Ziel erreicht hat.

Beharrlich und unaufgeregt

Andere Parlamentarier beschreiben ihn als unaufgeregt und beharrlich. Schon als junger Mensch lernte Koller durchzuhalten, auch wenn es einmal anstrengend wird. Nach der Hauptschule besuchte er die Realschule und absolvierte danach eine Ausbildung zum Schreiner. „Mein Opa war Schreiner, mein Onkel auch“, sagt Koller. Ein wirklich schöner, aber mitunter auch fordernder Beruf, findet Koller: „Das Beste ist, dass du selbst gestalten kannst. Und du siehst am Ende, was du geschaffen hast, wenn das Möbelstück fertig ist.“ Auf sein Gesellenstück, eine Vitrine, ist er bis heute stolz. Er könne jungen Menschen diesen Beruf und das Handwerk generell „nur ans Herz legen“, sagt Koller, der sich als „Berchtesgadener Urgewächs“ bezeichnet.

Für ihn ist klar: „Es muss nicht jeder Abitur machen. Auch nach der Mittel- oder Realschule stehen den jungen Menschen in Bayern alle Wege offen“, sagt er mit Verweis auf den zweiten Bildungsweg. Er habe sich selbst „hochgearbeitet“. Das Schlechtreden von Mittelschulabschluss oder Lehrberufen müsse ein Ende haben. „Dort kann man gutes Geld verdienen. Man darf auf berufliche Ausbildung und das Handwerk nicht herabblicken.“ Vielmehr solle sich jeder fragen, wer denn seinen Wasserhahn oder den Herd repariere, sagt der Oberbayer, der für seine Fraktion im Bildungsausschuss sitzt. Es sei wichtig, sagt der Freie Wähler, die Kinder „entsprechend ihren Talenten zu fördern“.

Auch beim Kirchenasyl hat er schon mitgeholfen

Koller selbst entdeckte nach dem Wehrdienst eine weitere Begabung: das Unterrichten von Kindern. Ab 1997 ließ er sich in Augsburg zum Fachlehrer ausbilden. Sein Referendariat machte er anschließend an einer Hauptschule im Münchner Hasenbergl. Dort war der Anteil an Kindern aus bildungsfernen und migrantischen Familien sehr hoch. „Für viele war das Leben nicht unbedingt eitel Sonnenschein.“ Doch er habe um jedes Kind gekämpft, erinnert er sich. Zwischen 2003 und 2008 arbeitete Koller dann als Fachlehrer an einer Münchner Realschule. Ab 2006 war er zudem Dozent für die Ausbildung von Fachlehrern.

Zu seiner Heimat hat er die Bindung nie abreißen lassen. 2008 wurde er Fachlehrer an der Realschule im Rupertiwinkel in Freilassing. „Ich bin sehr heimatverbunden und traditionsbewusst“, sagt Koller. Er ist „fest in der katholischen Kirche verwurzelt“. Dort engagiert er sich seit seiner Kindheit ehrenamtlich. Koller sitzt im Pfarrgemeinde- und Diözesanrat sowie in kommunalen Aufsichtsgremien und ist auch in der Brauchtumspflege aktiv. Seit 2016 arbeitet Koller zudem mehrere Stunden in der Woche als Verwaltungsleiter im Pfarrverband Stiftsland Berchtesgaden.

Zu den Freien Wählern stieß er 2007. Damals traten diese im Berchtesgadener Land noch als parteifreie Gruppe an. Er zog im Jahr darauf in den Gemeinderat ein. FW-Urgestein Eva Gottstein überzeugte ihn, für den Landtag anzutreten. Zweimal scheiterte er aufgrund eines schlechten Listenplatzes, 2023 zog er endlich ins Maximilianeum ein. Mit 24,3 Prozent hatte er das drittbeste Erststimmen-Ergebnis in ganz Oberbayern.

Vor Ort sieht er die Folgen der Bundespolitik ganz genau. „Der Bund muss die Aufgaben, die er an die Kommunen gibt, auch gegenfinanzieren.“ Am Ende fehle das Geld sonst bei der öffentlichen Daseinsvorsorge. Koller ist nicht verheiratet, hat keine Kinder. Wenn es zeitlich irgendwie möglich ist, verbringt er viel Zeit mit der Verwandtschaft.

„Der Glaube ist mir sehr wichtig“, sagt Koller. Bei der Flüchtlingspolitik schlagen in ihm als gläubigem Katholiken zwei Herzen. Einerseits seien Staat und Gesellschaft bei der Aufnahme von Migranten längst am Limit. Andererseits sei ein menschlicher Umgang mit Geflüchteten wichtig. Zweimal hat er bei einem Kirchenasyl mitgewirkt. „Das überlegt man sich natürlich genau.“ Aber wenn es gut integrierbare Menschen sind, sollten sie bleiben dürfen. Im Konflikt zu Hubert Aiwangers eher härterer Linie in der Migrationspolitik steht er nicht. Auch Koller sagt: „Wir können als Deutschland nicht allen helfen. Das ist auch nicht unsere Aufgabe.“ Für den FW-Mann ist klar: „Die Gesellschaft darf nicht weiter kippen“.

Berufliche Ausbildung stärken

Fest steht: Nach Deutschland kommen vor allem Muslime als Schutzsuchende. Koller weiß, dass Deutschland Zuwanderung braucht. Es gehe aber darum, Fachkräfte wie Erzieherinnen oder Pfleger anzuwerben. „Und illegale Migration ist dafür nicht der Weg.“

Bildungspolitisch setzt sich Koller unter anderem dafür ein, die Zahl der Sonderpädagogen und Erzieherinnen in den Schulen zu erhöhen. „Multiprofessionelle Teams sind unerlässlich für Inklusion und Integration.“

Sein zentraler Fokus liegt jedoch darauf, die berufliche Ausbildung innerhalb der Schulen zu stärken. Jüngst war er in der Schweiz. Dort sei man in diesem Punkt bereits weiter als Deutschland. Eine Herzensangelegenheit ist Koller der Kampf für eine bessere Bezahlung von Fachlehrerinnen und Fachlehrern. So heißen die Lehrkräfte mit Berufserfahrung aus der Praxis, die eine Ausbildung statt eines Studiums machen. Bis heute verdienen diese weit weniger als andere Lehrer. „A10 statt A13“, zitiert Koller die Besoldungsstufen. Koller würde das gerne ändern. Er arbeitet an einem Antrag zur Verbesserung von deren Arbeitsbedingungen. „Ich weiß, wovon ich rede“, sagt Koller. Seine letzte Schule hätte beinahe keinen Ersatz für ihn gefunden. (Tobias Lill)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Bayerns Kommunen eine Verpackungssteuer einführen?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

BR Player
Bayerischer Landtag
Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.