Landtag

Peter Bauer. (Foto: privat)

27.11.2020

Der Idealist

Im Porträt: Peter Bauer, FW-Abgeordneter und Patienten- und Pflegebeauftragter der Staatsregierung

Es gibt viele Gründe, in die Politik zu gehen. Der Wunsch, etwas zu bewegen, spielt dabei wohl immer eine Rolle. Doch so leicht, wie man sich das anfangs vielleicht vorstellt, ist es nicht. Gute Ideen und Vorsätze zu haben genügt nicht. Immer muss man Verbündete suchen, Kompromisse schmieden. Manche nennen das mauscheln. Oder intrigieren. So oder so – Peter Bauer (71), Abgeordneter der Freien Wähler aus Ansbach, hat sich auch nach zwölf Jahren im Landtag noch nicht so recht daran gewöhnt. In der Kommunalpolitik, wo er zuvor lange Jahre aktiv war, geht es anders zu – sachorientierter.

„Für die Intrigen in der Politik bin ich nicht geeignet“, sagt der liebenswürdige Franke. Und gesteht, dass die Parlamentsarbeit für ihn einem „Kulturschock“ gleichkam, damals, als er etwas überraschend den Sprung in den Landtag geschafft hatte.

Im Jahr 2008 war das. Die Freien Wähler waren mit einem für sie spektakulären Ergebnis von 10,2 Prozent in den Landtag eingezogen, mit dem Zugpferd Gabriele Pauli, und wurden zweitstärkste Oppositionspartei nach der SPD. Bauer hatte bis dahin als Zahnarzt mit eigener Praxis gearbeitet. „Da war ich der Chef“, betont Bauer. Der Wechsel zum Oppositionsabgeordneten, gesteht er, „war nicht einfach“. Mit „hierarchischen Strukturen“ komme er nicht gut zurecht. Das hatte Bauer bereits vor vielen Jahren bemerkt, als er auf Wunsch seiner Eltern ein Priesterseminar besuchte. Nach vier Wochen hatte er genug, die Eltern zeigten sich verständnisvoll.

Während seiner ersten beiden Abgeordnetenjahre arbeitete der Vater eines Sohnes noch in der Praxis mit, die Hauptarbeit hatten seine Frau, ebenfalls Zahnärztin, und ein Assistent übernommen. Dann reichte es ihm. Zu viel Stress. Die Bauers gaben die Praxis ab.

Zu seinen Schwerpunkten im Landtag zählt die Sozial- und Gesundheitspolitik – da kennt er sich aus. Und wird fraktionsübergreifend geschätzt. „Ruhig und sachlich“ sei Bauer, sagt die CSU-Abgeordnete Ute Eiling-Hütig. Doch dass fachliche Expertise nicht genügt, um als Parlamentarier Furore zu machen, ist eine Erfahrung, die selbst Abgeordnete von Regierungsfraktionen machen. „Mit qualitativ hochwertiger Arbeit“, räumt Bauer desillusioniert ein, „hat man Erfolg als Praxisinhaber.“ Im parlamentarischen Wettstreit zählten andere Kriterien.

Die vielen Juristen im Landtag und in den Ministerien nerven ihn

Was ihm zusätzlich missfiel: „Man ist im Landtag von zu vielen Bedenkenträgern überdominiert.“ Die Allmacht der Rechtsexperten hatte selbst Horst Seehofer immer wieder beklagt, und der war als Ministerpräsident immerhin mit einiger Machtfülle ausgestattet.

Für besonderen Verdruss sorgte bei Peter Bauer seine Mitarbeit im Modellbau-Untersuchungsausschuss. Das Gremium hatte zwischen 2014 und 2017 eine Reihe ethischer, dienst-, straf- und steuerrechtlicher Beschuldigungen gegen die Ex-Gesundheitsministerin Christine Haderthauer (CSU) und ihren Mann, einen Psychiater, untersucht. Die Haderthauers hatten 1990 ein Unternehmen gegründet, das Modellautos vermarktete, die von psychisch kranken Straftätern in forensischen Kliniken hergestellt wurden. Christine Haderthauer trat 2014 als Gesundheitsministerin zurück.

Dass der Untersuchungsausschuss keine weitreichenderen Konsequenzen für die Haderthauers hatte, ärgerte Bauer gewaltig. Die Freien Wähler legten 2017 einen eigenen Schlussbericht zum Untersuchungsausschuss vor, der die Vorwürfe als nicht ausgeräumt anprangerte – die anderen Oppositionsparteien hatten sich den FW nicht angeschlossen. SPD-Fraktionschef Horst Arnold, von Beruf Richter und damals Chef des Untersuchungsausschusses, sagt, Bauer sei juristisch schlecht beraten worden. Gleichwohl hat er Bauer als „konstruktiv“ und „sehr kollegial“ in Erinnerung.

Später mal will er Klarinette spielen lernen, und backen

Erfüllender gestaltete sich Bauers Landtagskarriere, als die Freien Wähler nach der Wahl 2018 zum Koalitionspartner der CSU avancierten. Endlich konnte er einige seiner Herzensanliegen umsetzen. Zum Beispiel den Erhalt kleinerer Kliniken auf dem Land, die nicht immer wirtschaftlich arbeiten. Das sei deshalb wichtig, weil es gerade älteren Menschen in ländlichen Regionen helfe, erklärt Bauer. Wenn ein Angehöriger nur zu einem Routineeingriff ins Krankenhaus müsse, sei es für die Verwandten meist ein Horror, in eine große und anonyme Einrichtung zu gehen, wo man sich schlecht zurechtfinde. Durchsetzen konnten sich die FW auch mit ihrer Forderung nach einer Landarztquote.

Nach der Landtagswahl 2018 wurde Bauer zum Patienten- und Pflegebeauftragten der Staatsregierung berufen – eine ehrenamtliche Aufgabe, die ihm auf den Leib geschneidert ist. „Da bin ich der Vermittler und Kümmerer“, erklärt Bauer. Alle, die ein Anliegen im Patienten- und Pflegebereich haben, können sich an ihn wenden. Oft geht es um ärztliche Kunstfehler. Oder um die Not bei der Suche nach einem Pflegeplatz. Hier könne er zwar keinen Platz vermitteln, aber Ansprechpartner nennen, die weiterhelfen, sagt Bauer. Gern sähe er die Schaffung einer bayernweiten Pflegebörse – eigentlich eine Oppositionsforderung. Doch die CSU ist dagegen.

Pro Woche erreichen den Pflegebeauftragten etwa 20 bis 30 Anfragen. Konkret helfen konnte er zuletzt bei einem Streit, den eine Senioren-Wohngemeinschaft mit einer großen Krankenkasse hatte. Die Kasse wollte bestimmte Hilfsleistungen nicht mehr bezahlen, Bauer schrieb einen Offenen Brief an die Krankenkasse – und plötzlich klappte es.

Seine Geschäftsstelle mit insgesamt 4,5 Vollzeitstellen ist im Gesundheitsministerium angesiedelt. Mit der zuständigen Ministerin Melanie Huml (CSU) pflegt er ein gutes Verhältnis.
Zahnarzt ist Bauer erst nach einigen Umwegen geworden. Eigentlich wollte der Adenauer-Stipendiat Augenarzt werden, oder Gynäkologe. Seine Frau, mit der er 48 Jahre verheiratet ist, war dagegen. So studierten beide Lehramt. Als sie fast fertig waren, lenkte Bauers Frau ein – und studierte gemeinsam mit ihrem Mann Zahnmedizin. 30 Jahre war Bauer Zahnarzt, promovierte in Erlangen und habilitierte sich später noch – mithilfe eines Projekts der Vereinten Nationen in Peru. Dort lehrte er anschließend auch an der Uni, bis die politische Lage 1992 zu unsicher wurde.

Die aktuelle Corona-Politik missfällt ihm. Er plädiert dafür, Risikogruppen gezielt zu schützen

Die aktuelle Corona-Politik in Bayern beobachtet Bauer mit Missfallen. Er will keinen Dauer-Lockdown, der alle Menschen gleich beschränkt. Man solle innerhalb eines vorgegebenen Rahmens von Schutzmaßnahmen Räume schaffen für Risikogruppen, fordert der Mediziner.

Bei der nächsten Landtagswahl 2023 will er nicht mehr antreten, aus Altersgründen und weil er noch viel vorhat: Kuchen backen zum Beispiel. Das liegt seiner Frau nämlich weniger. Vor Jahren stieß er sie mal mit der Bemerkung vor den Kopf, dass er „dieses Brikett“ – es war ein etwas zu hart geratener Schokokuchen – nicht essen könne. Die Gattin verzichtete fortan aufs Backen. Dafür musiziert sie gern und gut. Ihr zuliebe will Bauer deshalb mit Mitte 70 noch ein Instrument lernen: Klarinette. Damit er gemeinsam mit seiner Frau spielen kann. (Waltraud Taschner)

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