„Aus einem verzagten Arsch kommt nie ein fröhlicher Furz.“ Albert Duins Wahlplakat mit dem Luther-Spruch unter seinem Konterfei gehörte im Landtagswahlkampf 2018 definitiv zu den Hinguckern. Aber nicht nur auf Postern kommt der 67-Jährige höchst unkonventionell daher. Mit seinen lockeren Sprüchen und seiner unverblümten, humorvollen, teils deftigen Art sticht der FDP-Abgeordnete auch im Landtag heraus. Zur Freude von Kollegen, wenn er mit einer emotionalen Rede und ansteckend guter Laune Debatten auflockert. Manchmal stöhnen sie aber selbst in der FDP über Duins unberechenbare Aussagen oder Posts.
Gerade war das wieder der Fall, als Duin auf Instagram als satirischen Kommentar zur coronabedingten 15-Kilometer-Regel riesige Roboterkampfmaschinen auf Wintersportler losließ. „Das Ordnungsamt rüstet auf“, steht über dem Bild. Natürlich, so Duin, wirtschafts- und tourismuspolitischer Sprecher seiner Fraktion, „haben sich da wieder einige aufgeregt“. FDP-Fraktionschef Martin Hagen nicht. Er sagt: „Albert ist ein Typ, wie es ihn in der Politik öfter geben sollte: kantig, ehrlich und mit beiden Beinen im Leben stehend.“ Und: „Der sagt, was er denkt, auch wenn er damit aneckt.“
Duin und Hagen kennen sich gut – und schätzen sich. Hagen war Landesgeschäftsführer unter Duin, als der noch Chef der Bayern-FDP war. 2018 traten die beiden gegeneinander bei der Urwahl des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl an. „Es war traurig für mich, dass Martin am Ende das Rennen machte“, gesteht Duin, erklärt aber auch: „Mit ihm hatten wir den besten Spitzenkandidaten, den wir herausholen konnten.“ Hagen sei jung, dynamisch und eloquent. Duin lacht. „Also vollkommen das Gegenteil von mir.“
Duin ist ein absoluter Bauchmensch
Was ihn von Hagen tatsächlich unterscheidet: Duin ist ein absoluter Bauchmensch. 2013 wirbelte der Münchner Unternehmer mit seiner Impulsivität seine am Boden liegende Partei – die FDP war gerade aus Bundestag und Bayerischem Landtag geflogen – mächtig durcheinander. Dass er damals beim Landesparteitag völlig spontan für den FDP-Vorsitz kandidierte und ihn überraschend gewann, entsetzte aber nicht nur die FDP-Granden. „Meine Frau war stinksauer“, erzählt Duin. „Unser ganzes Leben lang machst du immer wieder Sachen aus dem Effekt heraus – hätten wir nicht vorher darüber reden können?“, schimpfte die Gattin. Duins Antwort damals: „Wie denn, ich hab’s vorher ja selber nicht gewusst.“ Mit seiner Frau, einer Münchnerin, ist Duin seit 1988 verheiratet, sie haben drei erwachsene Kinder.
Der gebürtige Ostfriese kam 1969 für die Ausbildung zum Elektrotechniker bei der Deutschen Bahn nach München. „Das war lustig, ich sprach ja Richtung Platt“, sagt Duin. Da zu der Zeit gerade das Oktoberfest stattfand, ging er sogleich hin – „und ich war sofort assimiliert“, so Duin, der ungern einen Tag auf der Wiesn auslässt.
Nach der Lehre ließ sich Duin als Zeitsoldat zum Flugzeugfunktechniker ausbilden, sattelte ein Elektrotechnikstudium und eine Abendausbildung zum Betriebswirt drauf. Nach verschiedenen Positionen als Angestellter machte Duin sich 1983 mit der Produktion von Transformatoren für Maschinen aller Art selbstständig. Heute beschäftigt er rund 1000 Mitarbeiter*innen in München, Ungarn sowie Indonesien und ist als Unternehmer in der ganzen Welt unterwegs.
In die FDP trat Duin 2006 ein. Weil ihm damals Westerwelles marktliberale Ansagen und seine mitunter schrille Art gefielen. Sagen, was er denkt – das lässt sich auch Duin nicht nehmen. Auf politische Korrektheiten pfeift er. „In Wirklichkeit sind doch die meisten Politiker Schisser“, lästert er. „Sie denken bei jeder Aussage nur darüber nach, welche Auswirkungen die auf sie persönlich hat.“ Duin sagt, dass er die Atomkraft gut findet, spricht sich für ein Burkaverbot aus und schreibt regelmäßig für das rechtskonservative Meinungsblatt Tichys Einblick, kritisiert da zum Beispiel die „Willkommensorgie 2015“.
Duin selbst bezeichnet sich als „erzkonservativen sozialistischen Liberalen“. Sozialistisch? „Klar“, meint Duin, „ich stehe immer auf der Seite der Arbeitnehmer – mit meinem praktischen Wissen.“ Beispiel Mindestlohn. Hier sei der Staat der Hauptprofiteur, der die Steuern einstreiche, nicht der Arbeitnehmer, dem von der Lohnerhöhung kaum etwas übrig bleibe, so Duin. „Das macht mich wahnsinnig.“ Auch die Arbeitszeiterfassung geht ihm gegen den Strich. „Stempeluhren gibt es bei mir nicht. Wir mittelständischen Unternehmer setzen auf Vertrauensarbeit – anders geht es gar nicht.“ Nach seinem Einzug in den Landtag sei er völlig überrascht gewesen, wie wenig Praxisbezug in der Politik herrsche, erklärt er. „Fragen Sie da mal die Leute, was ein Rechnungsabgrenzungsposten ist oder eine A1-Bescheinigung“, ätzt Duin, der im Wirtschafts- und im Petitionsausschuss sitzt.
Wer was zu reparieren hat: Duin macht’s kostenlos
Die Arbeit im Petitionsausschuss mag Duin besonders, weil man dort direkte Erfolge erzielen kann. „Den Leuten zu helfen ist ein tolles Gefühl.“ Zum Beispiel dem Niederbayern, der seine Hackschnitzelheizungsanlage dank einer Sondergenehmigung doch noch im Hochwassergebiet bauen durfte. Duin erzählt in seiner unverblümten Art: „Dafür bin ich Umweltminister Glauber und dem damaligen Bauminister Reichhart jede Woche auf den Sack gegangen.“
Was Duin vor allem am Herzen liegt: das Handwerk. Er kämpft für die Meisterpflicht und eine Gleichstellung mit dem Master: „Genau wie das Studium muss auch die Meisterschule kostenfrei sein.“ Duin selbst hat allerdings selten einen Handwerker im Haus, er macht alles selbst: deckt das Dach des Gartenhäuschens oder baut eine Rampe für die Schwiegermutter samt Rollator. Beigebracht hat ihm das alles sein Opa, der Oberlokomotivführer war. Duin ist als Halbwaise bei den Großeltern in Emden aufgewachsen.
Für die Osterferien plant der Hobbyhandwerker eine besondere Aktion – sollte Corona es zulassen. „Ich biete Leuten im Raum München an, bei ihnen kostenlos kleinere Reparaturen durchzuführen“, kündigt Duin an. Wer Lampen zu montieren oder Bilder aufzuhängen hat, soll sein Büro kontaktieren. Es ist nicht das erste Mal, dass Duin diesen Service anbietet. „Aber bislang hat sich kaum einer getraut, sich zu melden.“
Duin ist ein Mann, der schlecht stillhalten kann – auch nicht in den Ferien. Selbst nach seinem kleinen Herzinfarkt 2014 trat er nicht kürzer. Immerhin: Seiner Gesundheit zuliebe kaufte er sich ein Fahrrad und wollte weniger rauchen. „Das Radl hab ich seitdem bestimmt schon fünf Mal benutzt“, sagt Duin und lacht. Und wie steht’s mit dem Nikotin?„Meine größte Schwäche ist, dass ich mich nicht beherrschen kann“, gesteht der 67-Jährige. Aber eben nicht nur beim Rauchen.
(Angelika Kahl)
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