Landtag

Stefan Löw (AfD). (Foto: BSZ)

08.10.2021

Der Jung-Pensionär

Im Porträt: Stefan Löw, Abgeordneter der AfD

Um es kurz zu machen: Stefan Löw ist der „Mann mit der Gasmaske“. Als solcher hat es der AfD-Abgeordnete aus der Oberpfalz im Juli 2020 bundesweit in die Medien geschafft. Im Landtag war gerade die Maskenpflicht eingeführt worden, da trat Löw mit einer martialisch aussehenden Vollschutzmaske ans Rednerpult. Was er sagen wollte, konnte man nicht verstehen, er bekam aber auch nur wenig Zeit dafür. Denn Sitzungsleiter Alexander Hold (FW) rügte Löw für sein „ungebührliches Verhalten“ und entzog ihm nach mehrmaliger Aufforderung, das Teil abzusetzen, schließlich das Wort. Löw habe versucht, „das Hohe Haus lächerlich zu machen“.

Löw legt noch heute Wert auf die Feststellung, dass es sich damals um keine Gasmaske, sondern eine „Vollatemschutzmaske“ gehandelt habe. Er habe darauf aufmerksam machen wollen, dass die seinerzeit als Standard geltenden Community-Masken „sinnlos“ seien, weil sie keinerlei Schutzwirkung gehabt hätten. Seine Ausrüstung dagegen hätte wirklich geholfen, denn der Filter schütze auch vor Viren. Außerdem verhindere diese Maskenart eine Übertragung über die Augenschleimhäute. „Ich habe den Mund-Nasen-Schutz mit dem Face Shield kombiniert“, rechtfertigt sich Löw.

Auf die Frage, ob er im Umkehrschluss mit dieser Begründung entgegen den Maske-weg-Parolen der AfD nicht für eine Atemschutzmaskenpflicht eintreten müsse, damit die Bürger*innen bestmöglich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus geschützt wären, antwortet Löw nach kurzem Überlegen mit Nein. Ob er wieder so handeln würde? „Aktuell nicht“, antwortet Löw. Aber durch die Aktion sei die „bis dahin öffentlich verschwiegene Position der AfD“ zur Maskenpflicht bekannt geworden, gewährt er einen Einblick in seine Motivation.

Löw ist mit nun 31 Jahren der mit Abstand Jüngste unter den Abgeordneten der AfD – und trotzdem schon Pensionär. Im Alter von 27 Jahren wurde er von der Bundespolizei in den vorläufigen Ruhestand versetzt. Nach der Mittleren Reife war Löw in den Polizeidienst eingetreten und später zum Dienst an der deutsch-österreichischen Grenze eingeteilt worden. Mit der großen Flüchtlingswelle ab dem Herbst 2014 seien ihm Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Tätigkeit gekommen, erzählt Löw. Echte Kontrollen und die Zurückweisung illegal Einreisender seien da nicht mehr möglich und politisch auch nicht erwünscht gewesen. „Wir durften unsere eigentliche Aufgabe, für Sicherheit beim Grenzübertritt zu sorgen, nicht mehr erfüllen“, so Löw aus seiner Sicht und berichtet von Fällen, als sogar mögliche Gefährder hätten durchgewunken werden müssen.

Derartige „Rechtsbrüche“ habe er nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren können. Das habe sich dann auch auf seine Gesundheit durchgeschlagen. Er habe deshalb um Versetzung gebeten. „Ich habe mich auf mehrere Stellen beworben, aber man wollte mich nicht haben. Wahrscheinlich habe ich denen nicht gepasst – aus welchen Gründen auch immer“, schiebt er die Verantwortung für die Frühpensionierung auf seinen Arbeitgeber. Bei der zuständigen Bundespolizeidirektion München heißt es auf Nachfrage, man könne sich aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu einzelnen Personalmaßnahmen äußern. Allgemein nur so viel: „Grundsätzlich werden freie Stellen innerhalb der Bundespolizei ausgeschrieben und im Rahmen einer Auswahl nach Eignung, Leistung und Befähigung besetzt.“

Das Ausscheiden aus dem Dienst hat Löw aber nicht daran gehindert, bei seiner Landtagskandidatur 2018 den Eindruck zu erwecken, als sei er noch aktiver Polizist. Das Kürzel „a. D.“ für „außer Dienst“ ließ er bei seiner Berufsbezeichnung auf dem Wahlzettel weg. Es gab deshalb Beschwerden wegen möglicher Wählertäuschung, die allerdings keinen Erfolg hatten. Rein rechtlich war alles in Ordnung. Im Landtag gehört Löw dem Innenausschuss an. Wo er im fraktionsinternen Lagerstreit der AfD steht, ist nicht so leicht auszumachen. Von ihm sind keine scharfmacherischen Auftritte bekannt, andererseits gehörte er auch nicht zu den „Rebellen“, die vergangene Woche den mehrheitlich dem völkischen Flügel der AfD zuneigenden Fraktionsvorstand abgewählt haben. Er habe sich da bewusst herausgehalten, sagt Löw, weil er die politische Arbeit und nicht Personalquerelen in den Mittelpunkt stellen wolle.

In die AfD ist Löw 2016 eingetreten, vorher war er nach eigenen Angaben politisch nicht aktiv. Auslöser für den Eintritt seien seine Erfahrungen als Bundespolizist gewesen. Die AfD sei die einzige Partei gewesen, die die Zustände an den Grenzen habe beenden wollen. Politisch beschreibt sich Löw als Idealisten, er stehe für mehr Pragmatismus in der Politik. So würde er sich wünschen, dass im Landtag auch mal Anträge der AfD Zustimmung fänden und nicht einfach pauschal abgelehnt würden. Neben der Innen- und Sicherheitspolitik nennt Löw die „demokratische Bildung“ und die Landwirtschaft als Themen, die ihm am Herzen lägen. Außerdem trete er für eine unabhängige Justiz ein. Störend finde er, dass Staatsanwälte politisch weisungsgebunden seien.

Knochenmarkspende ist ihm ein besonderes Anliegen

Für den Fall, dass es mit dem Landtagseinzug nichts geworden wäre, habe er als Alternative eine Firma gegründet, erzählt Löw. Er wollte eine eigene Erfindung zur Marktreife führen – die Flaschenreifung von Whiskey und Rum. So nebenbei habe er sich mit der Herstellung der Getränke beschäftigt, da sei ihm die Idee eines Nachts gekommen: statt der langwierigen Reife im Holzfass die individuelle in der Flasche. Nach Rücksprache mit Experten habe sich aber herausgestellt, dass eine lebensmittelechte Holz-Glas-Verbindung technisch nicht umsetzbar sei.

Als Ausgleich zur Politik ist Löw seit einiger Zeit als Imker tätig. „Ich mag es, wenn es summt“, sagt er. Leider habe er über den vergangenen Winter seine drei Völker verloren, jetzt versuche er einen Neustart mit einem zugekauften Stock. Hobbymäßig ist er zudem als Sportschütze aktiv. Das Landtagshandbuch weist Löw auch als Ehrenmitglied des Burschenvereins Floß aus. Schmunzelnd räumt Löw ein, dass damit keine besondere Leistung verbunden gewesen sei: „Das wird man automatisch mit 30 oder wenn man heiratet.“

Ein besonderes Anliegen ist Löw die Knochenmarkspende. Er selbst habe sich schon vor vielen Jahren typisieren lassen und wolle nun auch andere dazu motivieren. Spender zu sein sei mit einem gewissen persönlichen Aufwand verbunden, aber es lohne sich, weil man anderen Menschen helfen könne. Dass Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) seinen Vorschlag nicht aufgenommen habe, im Landtag eine Typisierung zu starten, bedauert Löw. Er vermutet dahinter seine AfD-Mitgliedschaft. Aus dem Landtagsamt war zu erfahren, dass bereits kurz vor Löws Initiative eine entsprechende Aktion stattgefunden habe, mit allerdings geringer Resonanz. Deshalb habe man nach Rücksprache mit den Organisatoren solcher Angebote beschlossen, vorerst davon abzusehen. (Jürgen Umlauft)

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