Landtag

Patrick Friedl, Klima-Experte der Landtagsfraktion der Grünen. (Foto: Niklas Wunderlich)

20.09.2019

Der Konsensorientierte

Im Porträt: Patrick Friedl, naturschutzpolitischer Sprecher der Grünen

Intellektuell beim Klimaschutz nicht auf der Höhe? Patrick Friedl könnte sich von dieser Attacke Markus Söders auf die Grünen persönlich angegriffen fühlen. Der Klimaschutz ist sein Herzensthema. Dennoch bleibt der Würzburger Grüne gelassen. „Lächerlich“ nennt er den Versuch des bayerischen Ministerpräsidenten, die Ökopartei derart plump anzugreifen. „Das Thema Klimaschutz ist zu wichtig, als dass wir uns darüber in der üblichen politischen Auseinandersetzung beharken“, betont Patrick Friedl.

Der 49-Jährige zog nach der Landtagswahl 2018 ins Maximilianeum ein. Er hatte es geschafft, in Würzburg das Direktmandat zu ergattern – als einziger Nicht-CSUler außerhalb Münchens. Eine kleine Sensation, die über die Grenzen Bayerns hinaus für Aufmerksamkeit sorgte. Und ein Erfolg, der viel mit Friedls Klima-Engagement zu tun hat. Würzburg heizt sich aufgrund seiner Kessellage schnell auf. Ist der Sommer heiß, ist es dort besonders unerträglich. Da kommt einer, der für Bäume in der Fußgängerzone und einen Park in der Innenstadt kämpft, gut an. Mit einem Bürgerbegehren setzte Friedl 2017 unter anderem gegen CSU, SPD und FDP im Stadtrat durch, dass ein Parkplatz nicht bebaut, sondern in eine begrünte Erholungsfläche umgewandelt wurde.

Die Sorge um die Welt hat Friedl schon als Kind umgetrieben

Seit über 20 Jahren ist Friedl bei den Grünen, seit 2008 sitzt er im Würzburger Stadtrat. Für Umwelt- und Klimaschutz aber engagiert er sich schon viel länger. Geboren und aufgewachsen ist Friedl in Rothenburg ob der Tauber. Als Kind hat er bereits die Tagesschau geguckt – „und von Beginn an hat mich die Sorge um die Welt umgetrieben“, erzählt er. Der Kalte Krieg, die Stationierung von Atomwaffen und vor allem die Bedrohung der Umwelt bewegten ihn bereits als Zehnjährigen. So sehr, dass er anfing, Müll zu trennen. „Ich wusste, in wie viele Teile man zum Beispiel eine Kakaodose zerlegen kann, um die Materialien einzeln entsorgen zu können.“ Die Eltern, damals beide FDP-Stadträte, machten notgedrungen mit – zu einer Zeit, in der man Blechdosen noch eigens zum Bauhof bringen musste.

Im Landtag sitzt Friedl nun konsequenterweise im Umweltausschuss, ist bei den Grünen für die Themen Naturschutz und Klimaanpassung zuständig. Dass sein Herzensanliegen nun endlich auch als bestimmendes Thema in Politik und Gesellschaft angekommen ist, freut Friedl.

Wäre da nur nicht seine Sorge darüber, dass am Ende vom Ankündigungsfuror der Staatsregierung nicht viel übrig bleiben könnte. Es wäre nicht das erste Mal, sagt Friedl: „Die Energiewende-Ziele, 2011 von Horst Seehofer per Regierungserklärung angekündigt, werden alle drastisch verfehlt.“ Was ihm aber vor allem gegen den Strich geht: die fehlende Bereitschaft der CSU, beim Thema Klimaschutz eine breite Debatte zu führen – etwa in Form eines runden Tisches. „Ich kann das nicht nachvollziehen“, klagt Friedl. „Das wird das Thema sein, das die Politik die nächsten Jahrzehnte bestimmt.“

Nach dem Abitur studierte Friedl zunächst Jura – eher ein Verlegenheitsstudium, wie er sagt. In der Familie gab es einige Juristen, seine Oma arbeitete als Anwältin in München, der Vater war Richter am Verwaltungsgericht. Und Friedl interessierte sich für Gerechtigkeitsfragen. Zweieinhalb Jahre lang arbeitete er als Anwalt, erst in einer Kanzlei in Rothenburg ob der Tauber, dann in Würzburg. Was ihm missfiel: In der Stadt war alles hektischer, die Fälle mussten schneller abgearbeitet werden – für Gespräche mit Klienten blieb immer weniger Zeit. Weshalb außergerichtliche Einigungen kaum ausgelotet wurden. Stattdessen wurde der klassische Klageweg öfter beschritten. „Ich war aber mehr daran interessiert, Konflikte zu lösen“, sagt Friedl.

Vor vielen Menschen zu reden, musste er erst lernen

Und so war die Antwort klar, als der damalige Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell (Grüne) Friedl 2002 fragte, ob er nicht jemanden kenne, der in seinem Wahlkreisbüro arbeiten möchte: „Ja“, erklärte Friedl erfreut, „mich!“ Ein Glücksfall. „Da konnte ich jemandem zuarbeiten, der sich mit Lösungen für unsere ökologischen Probleme beschäftigt.“ Elf Jahre war Friedl wissenschaftlicher Mitarbeiter von Fell – und machte berufsbegleitend eine Ausbildung zum Familienberater. Er arbeitete zum Beispiel mit Eltern in Scheidung daran, die Beziehung zu den Kindern während der Trennungszeit zu stärken. Konflikte lösen – als Familienberater ist Friedl da angekommen, wo er als Anwalt ursprünglich hin wollte.

Kommunizieren, Gemeinsamkeiten ausloten, Kompromisse suchen – das will Friedl auch als Politiker. Der konfrontative Politikstil liegt ihm nicht. Er will an Lösungen arbeiten über Fraktionsgrenzen hinweg. Im Würzburger Stadtrat hat das gut geklappt, dort gab es interfraktionelle Arbeitskreise zu den Themen Migration und Klima. Friedl hat sich vorgenommen, diese politische Kultur auch in den Landtag hineinzutragen. „Das ist nicht einfach“, so Friedls eher ernüchternde Bilanz nach seinem ersten Jahr im Maximilianeum. Ein Landtag sei nun mal viel größer als ein Stadtrat. Und die Zeiten vor Ort in München sind bei Friedl, Vater einer kleinen Tochter, begrenzt. Für neue Arbeitsstrukturen brauche es deshalb einen langen Atem.

Den hat Friedl. Immerhin war er sechs Mal Direktkandidat bei Bundestags- und Landtagswahlen – bis es 2018, beim siebten Mal, mit dem Einzug ins Maximilianeum klappte. Ein für ihn besonderer Moment dort: seine erste Plenarrede im Februar zum Thema Artenschutz. Er hat hart gearbeitet, um so weit zu kommen. Denn der Grüne war mal ziemlich schüchtern. „Ich habe mich früher nicht leicht getan, vor mehreren Menschen zu reden“, gesteht er. Ein Rhetorikseminar bei einem Schauspieler half. Lange ist das her. Ein mitreißender Bierzeltredner wird Friedl wohl dennoch nie sein. Dazu ist er viel zu ruhig und freundlich. Eigenschaften, die man jedoch nicht nur in der eigenen Partei schätzt. Fachwissen und Sachlichkeit statt derber Sprüche – das kommt überall gut an.

Neben Politik und Familie bleibt für Hobbys oder Sport derzeit kaum Zeit. „Doppelkopf mit Freunden geht manchmal noch“, sagt Friedl. Sportlichen Ausgleich holt er sich auf dem Fahrrad, sein bevorzugtes Transportmittel. Für die Familie versucht er, den Sonntag von Terminen freizuhalten. Das klappt nur bedingt. Und dennoch: Im nächsten Jahr will Friedl erneut für den Stadtrat kandidieren. „Weil dort sehr viele, sehr konkrete Dinge bewegt werden können“, erklärt er. Und weil er an dem dranbleiben wolle, was in Würzburg passiert. Auch den Landtag möchte er nicht mehr missen. Wenn Friedl von der Demut spricht, die er dort empfindet, klingt das fast ein bisschen pathetisch. Aber eben auch authentisch – und deshalb sympathisch: Es sei „etwas Besonderes, im Landtag sein zu dürfen“.
(Angelika Kahl)

Kommentare (1)

  1. HK am 20.09.2019
    Ich kenne Patrick schon lange,. Patrick setzt sich voll für seine Umwelt (Mensch+Natur) ein. Nicht nur im Landtag und vor der Presse. Weiter so für eine positive Klimawende.
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