Landtag

Ein begeisterter Schlagzeuger: der Grüne Hep Monatzeder. (Foto: privat)

06.03.2020

Der Oberrealo

Im Porträt: Hep Monatzeder (Grüne), Münchner Ex-Bürgermeister

Eigentlich war alles ganz anders geplant. Der Grüne Hep Monatzeder hatte schon seinen Ruhestand im Blick. „Im April dieses Jahres sollte Schluss sein mit der Politik“, sagt der 68-Jährige. 30 Jahre wäre er dann im Münchner Stadtrat gesessen. 18 Jahre davon als Dritter Bürgermeister. Doch dann klingelte das Telefon – und der Anrufer, ein namhafter Grüner, fragte Monatzeder, ob er bei der Landtagswahl 2018 nicht gegen den damaligen CSU-Bürgermeister Josef Schmid antreten wolle. Monatzeder warf seine Ruhestandspläne über den Haufen. „Ein Duell der Bürgermeister“, sagt er, das war „ein Sahnehäubchen“, das er sich nicht entgehen lassen wollte.

Das Duell um das Direktmandat im Münchner Westen gewann dann zwar Schmid – mit 2,8 Prozent Vorsprung. Mit dem Ruhestand wurde es trotzdem nichts. Monatzeder zog über die Liste in den Landtag ein. Denn die Wähler katapultierten den prominenten Grünen von Platz 18 auf Platz 7. Jetzt ist er der Älteste in der Fraktion und zuständig für Entwicklungspolitik. „Nun schließt sich der Kreis gewissermaßen“, sagt Monatzeder. Als junger Mann wollte er nämlich einst in den Entwicklungsdienst. Doch als sich die Gelegenheit bot, über eine Stiftung für zwei Jahre nach Indonesien oder Kamerun zu gehen, war seine damalige Frau mit dem ersten Kind schwanger. „Ich hatte einen guten Job“, sagt er. Monatzeder, Sozialpädagoge und Politologe, war erst Heimleiter bei der Wohlfahrt Hör- und Sprachgeschädigter, dann Gesamtleiter der sozialen Einrichtungen im Schulzentrum München-Johanneskirchen. „Wir blieben lieber auf der sicheren Seite.“

Die Landtagsarbeit macht Monatzeder viel Spaß. „Als Bürgermeister musste ich querfeldein alles beackern, jetzt kann ich mich auf meine Themen konzentrieren.“ Aktuell arbeitet er mit Fraktionskollegen an einer Nachhaltigkeitskonferenz, die Ende April in München stattfinden soll. Monatzeder will Bürger, Initiativen, Wissenschaft, Wirtschaft und Politiker zusammenbringen, um die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele voranzubringen.

Bei den Grünen schätzt man Monatzeder sehr. Aufgrund seiner Erfahrung, die er durch kluge Anmerkungen und Einwände einfließen lasse – „ohne besserwisserisch zu sein“, wie ein Fraktionskollege erklärt. Aber auch, weil er im Gegensatz zu anderen in der Fraktion keinerlei „Profilierungsnöte“ habe. Monatzeder hat sich weder für einen herausgehobenen Posten in der Fraktion noch für einen Ausschussvorsitz beworben. „Mir ist wichtig, dass sich die jungen Leute profilieren können“, erklärt er.

Kurzzeit-Präsident von 1860: "ein furchtbarer Abend"

So entspannt war das Verhältnis zwischen Monatzeder und seiner Partei früher selten. „Die Grünen müssen sich ändern“, forderte er bereits 1996 bei seinem Amtsantritt als Bürgermeister selbstbewusst. Er, der Oberrealo, sah oft einiges anders als die linken Parteikollegen im Stadtrat. Monatzeder war für den Bau der Allianz Arena und eines zweiten S-Bahn-Tunnels. Außerdem unterstützte er die Bewerbung für die Winterolympiade und blieb Protesten gegen die deutsche Beteiligung am Nato-Einsatz in Afghanistan demonstrativ fern. Und so führte Monatzeder immer auch einen Machtkampf gegen die eigene Partei – den er 2012 verlor. Die Münchner Grünen kürten in einer Kampfabstimmung mit deutlicher Mehrheit Sabine Nallinger zur grünen OB-Kandidatin für die Kommunalwahl 2014. Eine Niederlage, die für Monatzeder auch deshalb besonders bitter war, weil er sich echte Chancen auf den OB-Sessel ausgemalt hatte. Christian Ude (SPD) – von der Zusammenarbeit mit ihm schwärmt Monatzeder noch heute – durfte aus Altersgründen nicht mehr kandidieren. „Und ich war nach ihm der Politiker mit den höchsten Bekanntheits- und Sympathiewerten in der Stadt“, so Monatzeder.

Stolz ist Monatzeder darauf, was er als Bürgermeister in München erreicht hat. Auf „sein Windradl auf dem Fröttmaninger Berg“ etwa, in dem er das Symbol dafür sieht, dass München mit ihm verstärkt auf erneuerbare Energien setzte. Auch die Isar-Renaturierung zählt er zu seinen Verdiensten. „Ich war der Radl- und Isar-Bürgermeister“, sagt Monatzeder und rechnet vor: „Als ich anfing, lag der Anteil des Radverkehrs bei sechs Prozent, als ich aufhörte, bei über 22.“ Allerdings hatte er auch Skandalthemen zu verantworten: das Sanierungsdrama um das Deutsche Theater etwa und den Hygieneskandal im Münchner Klinikum.

Sein größter persönlicher Fehler aber war wohl, 2013 das Präsidentenamt beim TSV 1860 anzunehmen. Nach nur 25 Tagen im Amt wählten ihn die Delegierten ab. „Ich habe das völlig falsch eingeschätzt“, sagt Monatzeder, der noch heute mit Grauen an diesen „furchtbaren Abend“ denkt.

Verliebt und happy: So kam er zu seinem Namen Hep

Ein eingefleischter Blauer aber blieb Monatzeder, der bereits als kleiner Bauernbub für die Löwen schwärmte. Im niederbayerischen Siegenburg wurde er 1951 geboren und auf den Namen Josef getauft. So nennt ihn aber keiner. Als er 14 Jahre alt war und schwer verliebt, verpassten ihm die Kumpels den Namen „Happy“, weil er ständig mit einem Dauergrinsen im Gesicht herumlief. Schnell wurde daraus „Happ“ und in München später „Hep“ – weil Monatzeder sichergehen wollte, dass seine potenziellen Wähler den Namen auch richtig aussprachen.

Nach München kam Monatzeder 1968, um sein Abitur zu machen. Damals war er gerade einmal 17 Jahre alt. Er genoss die Freiheit fern von den Eltern in vollen Zügen und war viel im Schwabinger Nachtleben unterwegs. In Clubs, in denen Led Zeppelin oder Jimi Hendrix spielten. Auch Monatzeder ist leidenschaftlicher Musiker, brachte sich das Gitarrespielen selbst bei. Sein Lieblingsinstrument aber ist das Schlagzeug. Sein Leben lang spielte er in Bands – unter anderem mit OB Dieter Reiter (SPD).

Aber nicht nur das Nachtleben faszinierte ihn als jungen Mann. „In dieser Zeit bin ich auch politisch geworden“, erzählt Monatzeder. Dabei ging es ihm um den Kampf gegen konservative Moralvorstellungen und vor allem um Themen wie den Vietnamkrieg. Als Student schloss sich Monatzeder linkssozialistischen Gruppen an und trat 1971 in die SPD Willy Brandts ein. Nach elf Jahren trat er wieder aus – wegen des Nato-Doppelbeschlusses unter Helmut Schmidt. „Nach vier Jahren Abstinenz“ wurde er 1986 Mitglied der Grünen. Seine Magisterarbeit brachte ihn darauf. Der Titel: „Gewaltfreier Widerstand in der Ökologiebewegung“.

Und tatsächlich haben sich seine Grünen mit der Zeit stark verändert. „Auch weil man erkannt hat, dass es Mehrheiten braucht, will man Dinge, die einem wichtig sind, umsetzen“, sagt Monatzeder. Aber es habe sich auch die Gesellschaft gewandelt. „Früher war der Klimaschutz ein reines Kopfthema. Mittlerweile ist er ein Gefühlsthema. Denn die Menschen spüren den Klimawandel heute ganz konkret.“

Das bringt auch eine Menge Auftrieb für die Münchener Grünen. Mit großer Spannung blickt Monatzeder auf die Kommunalwahl. Er setzt auf eine Stichwahl zwischen Reiter und der Grünen Katrin Habenschaden. Dann sei alles offen, glaubt er. „Denn in einer Stichwahl sind schon manche Favoriten gestürzt worden.“
(Angelika Kahl)

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