Landtag

Paul Knobloch.

24.11.2023

Der Parlamentssenior

Im Porträt: der Grünen-Abgeordnete Paul Knoblach (69)

Andere genießen in seinem Alter ihren Ruhestand, reisen nach Patagonien und in die Karibik, spielen Golf oder bespaßen die Enkel. Der Grüne Paul Knoblach dagegen kandidierte mit 69 Jahren erneut für den Landtag, das heißt: Beschaulich wird’s für ihn frühestens in fünf Jahren. Dann, nach insgesamt zwei Wahlperioden, ist der frühere Biobauer und Psychiatriepfleger 74.

Als ältestem Abgeordneten wurde Knoblach nach der Wahl im Oktober die Ehre zuteil, die konstituierende Landtagssitzung zu eröffnen. In seiner Rede legte er Wert darauf, nicht zu polarisieren. Er wollte, „dass alle Fraktionen sich angesprochen fühlen“. Und so schlug er den Abgeordneten beispielsweise vor, sich nicht nur in der eigenen Blase zu bewegen und auch mal mit Menschen zu sprechen, die anders denken. Oder nicht immerfort die gleiche Zeitung zu lesen, um Gewohntes zu hinterfragen. In Zeiten wie diesen, da Auseinandersetzungen zunehmend schärfer werden und die Fähigkeit, andere Meinungen zu erdulden, erkennbar abnimmt, waren das hübsche Appelle.

Tatsächlich zählt der aus Unterfranken stammende Knoblach nicht zu den strammsten Ideologen seiner Fraktion. Was auch daran liegt, dass er aus einem CSU-geprägten Elternhaus kommt. Er selbst war nie Mitglied der CSU, wurde aber trotzdem drei Mal auf einer CSU-Liste in den Bergrheinfelder Gemeinderat gewählt: in den Jahren 1990, 2002 und 2008.

Noch während seiner Zeit im Gemeinderat trat Knoblach bei den Grünen ein, im Jahr 2011. Grund war die Atompolitik der CSU – „die war für mich ein No-Go“. Es war die Zeit, als der Streit um die atomare Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf (WAA) tobte. Das AKW Grafenrheinfeld befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft seines Zuhauses.

Bei den Grünen trat er wegen der CSU-Atompolitik ein

Mit der Kernkraft als Energieträger hat er nach wie vor nix am Hut. Zu schmutzig, zu unsicher – mehr kriegt man von ihm dazu nicht zu hören. Dass Deutschland seine AKW abschaltet, aber trotzdem Atomstrom aus anderen Ländern importiert, ist das nicht Heuchelei? Auf derlei Einwände reagiert Knoblach ziemlich cool mit einer Gegenfrage: „Ist das so?“ Nein, zoffen kann man sich nicht mit diesem Mann, der zwar nicht rechthaberisch ist, aber eben auch nicht superoffen für Positionen, die seinen widersprechen. Er sagt dann Sätze wie: „Das kann jeder sehen, wie er will.“ Und dass er niemanden missionieren wolle.

Mit seiner unaufgeregten Art hat es der Unterfranke als einziger Grüner immerhin schon zwei Mal geschafft, die Landtags-CSU von grünen Anliegen zu überzeugen. Im ersten Fall war es um das Thema Herbizide im Weinbau gegangen: Knoblach hatte gefordert, dass von der Förderung des bayerischen Kulturlandschaftsprogramms KULAP auch Betriebe profitieren, die auf den Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln verzichten. Fall Nummer zwei befasste sich mit den Kosten der Fleischbeschau. Diese sind nämlich sehr unterschiedlich und abhängig davon, wie viele Tiere jeweils begutachtet werden müssen. Sind es nur wenige, kostet das bis zu 27 Euro je Schwein, sind es viele, belaufen sich die Kosten auf weniger als 2 Euro. Kleine Betriebe, hatte Knoblach zu Recht argumentiert, würden so klar benachteiligt und die Massentierhaltung belohnt.

Die CSU sah das ebenso. Theoretisch hat Knoblach damit einen Erfolg erzielt, praktisch aber nicht. Zwar legte die Staatsregierung nach zwei Jahren einen Gesetzentwurf vor, der eine einheitliche Bepreisung fordert. Allerdings steht dem Plan eine EU-Vorschrift entgegen. Bayern ist hier auf das Entgegenkommen der EU-Kommission angewiesen, die nun eine Ausnahme für Bayern genehmigen müsste. Knoblach hofft, dass das bald passiert.

Er hat auch schon mit der CSU gestimmt

Er selbst hat im Landtag übrigens auch schon CSU-Anliegen unterstützt, erzählt Knoblach. Wenn’s der Sache nutzt, hat er damit kein Problem. „Nur mit der AfD würde ich nie stimmen.“ Egal, worum es geht. Gespräche führen mit der AfD? Lieber nicht. Knoblach weigert sich sogar, den AfD-Abgeordneten zum Gruß die Hand zu reichen. Denn die, sagt Knoblach, „wollen ein anderes Bayern“. Und was ist mit seinem Anspruch, mit allen zu reden und auch mal die Standpunkte der anderen zu hören? Sinnlos, meint Knoblach mit Blick auf die AfD. Anders sehe es aus, wenn sich Menschen überlegten, Rechtspopulisten zu wählen. Die würde er im Gespräch schon gern vom Gegenteil überzeugen.

Knoblach wurde 2018 das erste Mal in den Landtag gewählt und saß während der zurückliegenden fünf Jahre für seine Fraktion im Agrarausschuss. Dort arbeitet er jetzt erneut mit, außerdem ist er Mitglied im Gesundheitsausschuss.

Eine „irre schwierige“ Zeit war das in der Psychiatrie

Beide Bereiche kennt er aus eigenem Erleben. Er stammt selbst aus einer Landwirtschaft. Im Jahr 1984 hatte er den 35-Hektar-Betrieb seiner Eltern im Nebenerwerb übernommen und acht Jahre später auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt. Seit drei Jahren kümmert sich nun einer der beiden erwachsenen Söhne um den Hof.

Sein Weg ins Berufsleben begann in einem völlig anderen Bereich: Knoblach absolvierte eine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker. Damals war er, wie viele Jungs, Autofan. Und noch heute, gesteht er, „kann ich mich noch für ein Auto begeistern“. Auch bei der Bundeswehr ist der Katholik und Kirchgänger Knoblach, ganz Grünen-untypisch, gewesen. Den Wehrdienst verweigern, auf diese Idee sei er damals nicht verfallen, entsinnt er sich. „Das war in meinem Bekanntenkreis kein Thema.“ So richtig wohl fühlte er sich als Mechaniker jedoch nicht – und überlegte Alternativen. Einer seiner Freunde arbeitete als Krankenpfleger und animierte Knoblach, sich um eine Ausbildung zu bewerben – in der Psychiatrie.

Dort war Knoblach dann über drei Jahrzehnte tätig, zuletzt als Stationsleiter. „Irre schwierig“ sei das teilweise gewesen, entsinnt er sich, vor allem anfangs: geschlossene Säle, fixierte Patient*innen, schreckliche Schicksale. Einmal wurde Knoblach Opfer einer Patientenattacke, wurde gewürgt und verletzt, fiel wochenlang aus.

Der Bauernhof war stets ein schöner Ausgleich. Noch heute liebt er die Arbeit auf dem Hof, hilft seinem Sohn, so oft es geht – „es ist immer noch eine Freude“. Ansonsten verbringt er seine knappe Freizeit am liebsten beim Wandern mit seiner Frau. Und mit Enkel Adam (2).

Die kommenden fünf Jahre will er nutzen, um für die Landwirtschaft weitere Verbesserungen zu erreichen: mehr Kontrollen bei Tierhaltungsbetrieben etwa. Wer weiß, vielleicht kann er die CSU auch hier zu einem Umdenken bewegen.
(Waltraud Taschner)

 

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