Dass sich Kinder für Politik begeistern, dürfte nicht allzu häufig vorkommen. Der Münchner CSU-Abgeordnete Alexander Dietrich (47), der seit Oktober dem Landtag angehört, war so ein Fall. Er sei „schon als Kind fasziniert gewesen von Franz Josef Strauß“, erzählt Dietrich, „von der Kraft, die er ausgestrahlt hat, der Klarheit seiner Worte“. Als sein Idol im Jahr 1988 starb, war der damals 13-Jährige mit der Oma beim großen Trauerzug in der Münchner Ludwigstraße. Ein FJS-Poster überm Bett, wie der junge Markus Söder, hatte er zwar nicht, sagt Dietrich. „Aber eine Original-Strauß-Autogrammkarte über dem Schreibtisch.“
Tatsächlich lag die Begeisterung für die Politik im Allgemeinen und die CSU im Besonderen offenbar in der Familie: „Meine Großeltern waren große Strauß-Anhänger“, berichtet Dietrich. Bereits mit 16 Jahren trat er in die Junge Union ein und war das erste Mal bei einem CSU-Ortsverbandstreffen. Ein Freund seines Vaters hatte ihn mitgenommen. Drei Jahre später hatte Dietrich seinen ersten Posten: im Bezirksausschuss München-Moosach. 1999 avancierte er zum Ortsvorsitzenden in Moosach. „Die Politik“, resümiert Dietrich, „hat mich immer begleitet.“
Parallel zu seinem Engagement in der Kommunalpolitik studierte er in München Jura. Eigentlich wollte er Berufsoffizier werden; sein Wunsch scheiterte daran, dass man an der Bundeswehr-Uni zwar vieles studieren kann, Rechtswissenschaften aber nicht.
Anwalt zu sein war nicht sein Ding - zu einseitig
Obwohl er seit seiner Jugend politisch aktiv war, sammelte er einige Berufserfahrung. Seine Examensnoten erlaubten es Dietrich, als Staatsanwalt und Oberstaatsanwalt sowie als Richter zu arbeiten. Davor war er drei Jahre als Rechtsanwalt tätig, nebenbei promovierte er über „rechtliche Grundlagen der Mobilfunkanlagen“. Rechtsanwalt zu sein, bekennt Dietrich, „war nicht mein Ding“. Der Grund: Er mochte es nicht, „einseitiger Interessenvertreter des Mandanten“ zu sein.
Im Jahr 2010 konnte er schon mal ein bisschen in die Landtagsarbeit reinschnuppern. Dietrich, damals Richter am Amtsgericht München, Abteilung Miet- und Wohnungseigentum, erhielt ein Angebot der CSU-Fraktion: Als Referatsleiter der Landtags-CSU war er zuständig für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz, für Fragen des öffentlichen Dienstes – und auch für den NSU-Untersuchungsausschuss.
Nach vier Jahren bei der Fraktion kehrte er als Richter ans Amtsgericht zurück, diesmal in die Abteilung für Insolvenz- und Zwangsvollstreckungssachen. Er begründet das damit, dass es immer schwieriger geworden sei, Termine für die CSU-Fraktion und für sein kommunalpolitisches Engagement – im Bezirksausschuss, später im Münchner Stadtrat – unter einen Hut zu bekommen.
Berufspolitiker wurde Dietrich im Jahr 2016: Im Münchner Stadtrat fungierte er als hauptberuflicher Personal- und Organisationsreferent. Eine verantwortungsvolle Aufgabe – er war zuständig für die 43.000 Beschäftigten der Landeshauptstadt. Die Arbeit machte ihm Spaß, allerdings führte die Stadtratswahl 2020 zu einem Wechsel der politischen Mehrheiten. Das Vorschlagsrecht fürs Personalreferat lag nicht mehr, wie zuvor, bei der CSU, sondern bei der SPD. Was dazu führte, dass Dietrich im Jahr 2022 als Personalreferent ausschied.
#dietrichkocht auf Instagram: Rouladen und Lasagne zum Beispiel
Er schaffte es, hauptberuflich in der Politik zu bleiben. Die Landtagswahl stand bevor, und Dietrich warf seinen Hut in den Ring. Bei der Delegiertenversammlung, die über die Direktkandidat*innen entscheidet, erhielt er 98 Prozent Zustimmung. Und schaffte es bei der Wahl im Oktober 2023, das Direktmandat von den Grünen in München-Moosach zurückzuerobern. Dietrichs Wahlslogan: „Für Sie vor Ort.“ Er sagt, die Menschen hätten es wohl honoriert, dass er im Gegensatz zum Grünen Benjamin Adjei eben in Moosach wohnt. Inhaltlich setzte Dietrich im Wahlkampf auf die Themen innere Sicherheit und Migration.
Das sind auch die Bereiche, um die er sich nun im Landtag vorrangig kümmern will; dort gehört er den Ausschüssen für Recht und für Fragen des öffentlichen Dienstes an. Die Zuwanderung, sagt Dietrich, „muss dringend begrenzt werden“: über eine konsequente Anwendung der Drittstaatenregelung, besseren Grenzschutz oder funktionierende Rückführungsabkommen – das ganze CSU-Programm halt, das diese Woche noch mal präzisiert und wahlkampftauglich festgezurrt wurde.
Rückführungen: Das hat auch ein Kreis von AfD-Leuten und anderen Rechtspopulisten kürzlich diskutiert; die Forderung nach Remigration sorgte für Aufruhr. Dietrich sagt dazu, man müsse bei der Debatte über Remigration „differenzieren“: Natürlich müssten Personen ohne Aufenthaltsrecht das Land „schnellstmöglich verlassen“. Das habe aber nichts mit völkerrechtswidrigen Abschiebungen zu tun, die „natürlich strikt abzulehnen“ seien.
Die AfD ausgrenzen: Er hält das für kontraproduktiv
Im Übrigen hält Dietrich die Ausgrenzungsstrategie im Umgang mit der AfD für falsch. Dass AfD-Abgeordneten zum Beispiel keine Ausschussvorsitze überlassen werden, sagt der CSU-Mann, „ist nicht zielführend“. Der AfD bringe das mediale Aufmerksamkeit und eröffne ihr zudem die Möglichkeit, sich als Opfer zu stilisieren. Sinnvoller sei es, sich inhaltlich mit der Partei auseinanderzusetzen. Es müsse deutlich werden, dass die AfD „nur Zustandsbeschreibungen bietet, aber keine Lösungsvorschläge“.
Seine Positionen trägt Dietrich angenehm unaufgeregt vor, als Bierzelt-Polterer kann man sich den eloquenten Juristen nur schwer vorstellen. Er selbst hält Ausgeglichenheit für seine beste Eigenschaft und sagt, „man kann mich nur schwer aus der Ruhe bringen“.
Was ihn tatsächlich nerven kann, ist umständliches Herumgelaber: „Wenn jemand langatmig ist“, gesteht Dietrich, „kann ich ein schlechter Zuhörer sein.“ Nun ja – in der Politik dürfte ihn das vor Herausforderungen stellen.
Entspannung bietet dem Polit-Junkie unter anderem das Kochen. Unter dem Hashtag #diet-
richkocht findet man auf seinem Instagram-Account diverse Kochvideos: Dietrich, ausgerüstet mit dunkelblauer Küchenschürze, brät Rouladen nach Omas Rezept, bereitet Spaghetti aglio e olio oder Lasagne zu. Die – ebenso politikbegeisterte – Familie freut’s. Dietrichs Ehefrau, eine Produktmanagerin, sowie eines seiner drei erwachsenen Stiefkinder sind ebenfalls in der CSU aktiv – im Bezirksausschuss. Für Alexander Dietrich ist das höchst praktisch: Noch nie gab’s wegen zu vieler Politiktermine Zoff daheim.
(Waltraud Taschner)
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