Die Trennung von den Freien Wählern liegt nun schon sechs Jahre zurück. Doch noch immer ist sein Wechsel zur FDP eines der ersten Dinge, die einem in den Sinn kommen, wenn es um Alexander Muthmann (66) geht. Passiert ja schließlich nicht allzu oft, dass ein Abgeordneter seiner Partei den Rücken kehrt und einer anderen beitritt. Wobei die kleine FDP überproportional viele Wechsler in ihren Reihen hat. Zwei der zwölf Fraktionsmitglieder waren früher bei anderen Parteien: Alexander Muthmann und Franz Pschierer, ehemals CSU.
Dass Muthmann die Freien Wähler 2017 verließ, hatte keine inhaltlichen, sondern persönliche Gründe. Er sagt: „Das hatte ausschließlich mit Hubert Aiwanger zu tun.“ Als ab 2015 eine große Zahl Geflüchteter nach Deutschland kam, hatte FW-Chef Aiwanger eine andere Migrationspolitik verlangt. Ihm habe dessen „rechtslastiger Sprachduktus“ nicht gepasst, erklärt Muthmann. Nach zweijähriger Entfremdungsphase kam es zur Trennung. Die FDP nahm den Abtrünnigen gern auf – vor allem deshalb, weil sie 2017 gar nicht als Fraktion im Landtag vertreten war. Mit dem Juristen Muthmann hatten die Liberalen nun immerhin einen Abgeordneten im Maximilianeum. Als es dann 2018 mit dem Sprung in den Landtag klappte, machte die FDP Muthmann zum stellvertretenden Fraktionschef – ein Posten, den dieser zuvor auch bei den Freien Wählern bekleidet hatte.
Aus karrieretechnischen Gründen zur FDP? Ein absurder Vorwurf, findet Muthmann
Bei den FW kursierten damals Vermutungen, dass karrieretechnische Gründe hinter Muthmanns Schritt stecken könnten: Die Umfragen für die Freien waren zeitweise ungünstig. Muthmann findet derlei Überlegungen abstrus. Schließlich sei die FDP selbst eine Partei, die regelmäßig um ihren Einzug in den Landtag bangen müsse, betont er. So auch derzeit. Aktuelle Umfragen sehen die Liberalen in Bayern bei Werten zwischen 3 und 4 Prozent.
Muthmann schiebt die schlechten Umfrageergebnisse auf die Bundespolitik. Er klingt nicht übermäßig euphorisch, wenn es um FDP-Chef Christian Lindner geht. Als Finanzminister müsse dieser über solide Finanzen sprechen; damit, so Muthmann, „gewinnt man Profil, aber keine Wahlen“.
Bei der FDP gefalle ihm die Grundhaltung, sagt Muthmann: „Jeder ist für sich selbst verantwortlich, der Staat soll nur für gute Rahmenbedingungen sorgen.“ Sein Herzensanliegen ist der schlanke Staat. Mit übermäßigem Verwaltungsaufwand kennt sich Muthmann aus, er hat lange Zeit als Verwaltungsjurist im Landratsamt Straubing gearbeitet – und dort Einblick in praktisch alle Fachbereiche gewonnen. „Ich hab alles gemacht, was man am Landratsamt machen kann.“ Davon, so der FDP-Mann, „zehre ich bis heute“.
Während seiner Zeit am Landratsamt war Muthmann nie politisch aktiv. Er findet: Das gehört sich nicht im öffentlichen Dienst, wo man politisch unabhängig agieren müsse. Einer bestimmten politischen Richtung habe er damals nicht angehangen: „Ich war ein typischer Wechselwähler.“ Nur die SPD habe er nie gewählt, bekennt er. Weil sie „zu reglementierend“ sei.
Als er am Landratsamt tätig war, so erzählt es Muthmann, hätten ihn die Freien Wähler angesprochen – ob er als Landrat in Freyung-Grafenau kandidieren wolle. Er wollte, trat für die FW an, ohne dort Mitglied zu sein, und gewann.
Ein Bierzelttyp ist er nicht
Das war 2002. Sechs Jahre später jagte ihm dann der CSU-Kandidat das Amt ab. Eine schmerzhafte Erfahrung. Muthmann gibt offen zu: „Niederlagen können schon sehr weh tun.“
Wie konnte es so weit kommen? Eine Regionalzeitung titelte damals „Intellekt contra Emotion“. Muthmann räumt ein: Der CSU-ler sei ein leutseliger Bierzelttyp gewesen – „ich nicht so“. Und Wahlen würden nun mal „auf emotionaler Ebene entschieden“.
In der Tat kann man sich den nüchternen Muthmann nicht als sprücheklopfenden Polterer vorstellen. Seine Zeit als Verwaltungsjurist hat ihn geprägt. Er sagt: „Ich will seriös arbeiten, orientiere mich gern an der Sache.“
Im Landtag ist er für Innenpolitik zuständig. Und räumt unumwunden ein, dass Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) „gute Politik“ mache. Den einzig größeren Dissens mit Herrmann hatte er zuletzt beim Polizeiaufgabengesetz, dessen Befugnisse der gesamten Opposition zu weit gehen.
Als Innenpolitiker ist Muthmann auch Initiator des Volksbegehrens zur Verkleinerung des Landtags. Dass dem Parlament aktuell 205 statt der verfassungsmäßig vorgesehenen 180 Abgeordneten angehören, findet er übertrieben. Auch mit Blick darauf, dass Bayern ein Flächenstaat ist? „Ein immer größerer Landtag“, gibt Muthmann zu bedenken, „wird nicht besser, sondern teurer.“ Die angestrebte Landtagsverkleinerung will die FDP dadurch erreichen, dass die Zahl der Direktmandate von 91 auf 80 verringert wird. Eine Lösung, die jedenfalls der FDP kaum schaden könnte, denn keiner der derzeit zwölf FDP-Abgeordneten im Landtag hat ein Direktmandat. Dass ein solches Volksbegehren im Jahr der Landtagswahl zumindest ein bisschen populistisch motiviert ist, mag Muthmann zumindest nicht rundweg abstreiten.
Trotz seiner dann 67 Jahre will der Vater zweier erwachsener Kinder bei der Landtagswahl im Oktober wieder antreten. Der Wahlkampf wird ein harter Ritt. Aber als früherer Marathonläufer hat Muthmann einen langen Atem. Joggen geht er nach wie vor, gern auch mit Hund Theo im Englischen Garten.
Für Münsterländer Theo ist das Herrchen derzeit allein zuständig. Muthmanns 40-jährige Ehefrau arbeitet seit eineinhalb Jahren in Vietnam, wo sie für den Genossenschaftsverband tätig ist. War nicht leicht, sie ziehen zu lassen, gibt er zu. Aber er will auch im Privaten liberal sein. Und für seine Frau, eine Bankerin, war es „eine Riesenchance, noch mal etwas ganz anderes zu machen“. Muthmann sagt: „Ich freue mich für sie.“ Vergangenes Jahr haben sich die beiden nur zweimal gesehen. Möglicherweise werden die Begegnungen demnächst wieder häufiger – kommt auf das Wahlergebnis an.
(Waltraud Taschner)
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