Was für eine erstaunliche Karriere: mit 29 Jahren in den Landtag gewählt und dort sogleich auf einem Spitzenposten gelandet. Fabian Mehring (Freie Wähler) aus dem schwäbischen Meitingen hat geschafft, wovon alle Landtagsneulinge träumen. Statt erst mal ein jahrelanges mühseliges Dasein als Hinterbänkler zu fristen, sitzt er an den Schalthebeln der Macht. Bereits wenige Wochen nach seinem Einzug in den Landtag im Oktober 2018 berief ihn die FW-Fraktion zum Parlamentarischen Geschäftsführer – also zum Manager des politischen Alltagsgeschäfts im Landtag.
Üblicherweise ist das ein Posten, den Fraktionen an erfahrene Abgeordnete vergeben. Schließlich müssen die Parlamentarischen Geschäftsführer nicht nur themensicher sein, sie müssen sich auch gut mit parlamentarischen Abläufen auskennen und Verhandlungsgeschick besitzen, zumal in Koalitionen. Als Parlamentarischer Geschäftsführer ist Mehring Mitglied im schwarz-orangen Koalitionsausschuss. Zusammen mit seinem Kollegen Tobias Reiß von der CSU ist er dafür zuständig, „dass die Koalition im Parlament funktioniert“, sagt Mehring. Sämtliche Themen landen auf den Tischen der beiden Parlamentarischen Geschäftsführer. Das, schwärmt Mehring, sei „hochspannend“.
Dass die Wahl auf ihn fiel, räumt der Jungpolitiker ein, „war sehr mutig“. FW-Fraktionschef Florian Streibl war offenbar überzeugt von den Qualitäten des Jung-FWlers. Er halte Mehring für „sehr fleißig, intelligent und sympathisch“ und traue ihm viel zu, begründet Streibl seine Entscheidung.
Bereits als Student jobbte er im Landtag
Tatsächlich hat der junge Mann eine respektable Vita vorzuweisen: Bereits während seines Politikstudiums in Augsburg und Berlin arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die FW-Fraktion im Landtag. „Davon profitiere ich bis heute“, sagt Mehring. In der FW-Fraktion gebe es keinen Mitarbeiter, dessen Aufgabenspektrum er nicht aus eigener Erfahrung kenne.
Mehring bezeichnet sich selbst als bürgerlich-liberal. In seiner Heimatgemeinde gab es früher nur Jugendorganisationen von SPD und CSU. Beides passte ihm nicht: „Die Jusos waren ein linksalternativer Haufen, und die Junge Union war so ein g’schleckter Parteikader“, entsinnt er sich. „Beides war nicht meine Welt.“ Der junge Fabian Mehring träumte von einem Politikmodell, das von unten nach oben funktioniert und Ideologie außen vor lässt. Er fand es bei den Freien Wählern. „Unsere Ideologie“, sagt er, „ist der Pragmatismus.“
Joggen mit der FDP
Deutlich macht er das am Beispiel Umwelt: Klar sei das ein hochwichtiges Thema, betont er. Aber man müsse es praktisch angehen. Und so ist er dagegen, Dieselfahrzeuge pauschal zu verdammen und das E-Auto in den Himmel zu heben: „Für Vielfahrer ist ein E-Auto nicht sinnvoll, für Menschen, die nur in der Stadt unterwegs sind, aber schon“, sagt der FW-Mann. „Wir brauchen den Mix.“ Auch warnt er davor, die Umweltpolitik zum Fokus der bürgerlichen Parteien zu machen. Die Menschen wählten nämlich lieber das Original. „Und wir sind nicht die besseren Grünen“, unterstreicht Mehring.
Seinen ersten großen Auftritt im Landtag hatte Mehring zwei Monate nach der Landtagswahl. Als Ministerpräsident Markus Söder seine erste Regierungserklärung hielt, durfte für die Freien Wähler auch Fabian Mehring reden. Was ungewöhnlich ist, denn üblicherweise treten nach Regierungserklärungen zuerst die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden an die Mikrofone. FW-Fraktionschef Streibl aber teilte seine Redezeit mit dem Jungspund Mehring – aus gutem Grund: Mehring ist rhetorisch überaus begabt. Auch der Opposition ist das schon aufgefallen. Der Kollege sei „ein hervorragender Redner und ein kluger Kopf“, lobt FDP-Fraktionschef Martin Hagen, der selbst zu den besten Rednern im Landtag zählt. Und fügt hinzu: „Das rhetorische Fingerhakeln mit ihm macht Spaß.“
Doch wie bei vielen erfolgreichen Menschen gibt es auch in Mehrings Fall Stimmen, die ihm vorwerfen, für eigene politische Erfolge gelegentlich zu weit zu gehen. Der umgängliche und joviale Mehring sei „absolut karriereorientiert“ und kämpfe bisweilen mit harten Bandagen – auch gegen die eigenen Leute, sagt einer, der ihn lange kennt. Im Kreistag von Augsburg, wo Mehring für die FW als Fraktionschef fungiert, hat er sich damit auch bei der CSU und den FW Sympathien verscherzt.
Manche halten ihn für allzu karriereorientiert
Eines seiner Hauptziele im Landtag lautet: „Wegkommen vom Münchner Zentralismus.“ Mehring ist überzeugt vom FW-Credo, dass man die ländlichen Räume stärken müsse. 60 Prozent seiner Freunde, die in München arbeiteten und lebten, würden sofort zurück aufs Land ziehen, wenn sie dort einen attraktiven Arbeitsplatz hätten, sagt er. Deshalb müsse man daran arbeiten, Jobs zu verlagern. Ein wichtiger Schritt sei hier die von der schwarz-orangen Koalition geplante Behördenverlagerung.
Dass er mal in die Politik gehen würde, war für Mehring nicht vorgezeichnet. Dass er gern den Ton angibt, schon. Am Gymnasium Wertingen, wo er Abitur machte, fungierte er als Schülersprecher. Später war er Vorsitzender eines Sportvereins. Mit Politik befasste er sich zunächst nur in theoretischer Form: an der Uni. Seine 1500-Seiten-Dissertation schrieb er darüber, wie sich Politikberatung auf die Außenpolitik auswirkt. Ergebnis: Da geht noch was. Politiker müssten offener sein für Beratung, sagt Mehring. Und umgekehrt müssten Berater erkennen, dass Politiker nicht alle Vorschläge eins zu eins umsetzen können – weil die Realität oft anders aussieht, als sich ein Professor das am grünen Tisch so vorstellt.
Gummibärchensüchtig
Professor sein, eine wissenschaftliche Karriere – wäre das für ihn selbst eine Option gewesen? Durchaus, sagt Mehring. Er entschied sich dann aber für ein Leben als Praktiker. Er wollte selbst gestalten. Und empfindet es heute als Privileg, sein Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Auch um den Preis, dass sein Leben jetzt weitgehend fremdbestimmt ist.
Sport treiben, mal die Rezepte der Oma nachkochen – das würde er gern öfter tun. „Aber dafür müssten die Tage mehr Stunden haben“, stöhnt Mehring. Das Tennisspielen hat er weitgehend eingestellt, seine sportlichen Aktivitäten beschränken sich auf gelegentliches Joggen. Wenn er in München ist, läuft Mehring gern frühmorgens – oder auch mal spätabends – an der Isar entlang, meist in Begleitung seines FDP-Kollegen Matthias Fischbach, der ebenfalls als Parlamentarischer Geschäftsführer fungiert. Auch CSU-Mann Tobias Reiß ist ab und zu mit von der Partie.
Sport, räumt Fabian Mehring ein, helfe halt auch, das Gewicht zu halten. Seine Kollegen hätten ihm bereits prophezeit, dass er im Landtag kontinuierlich Kilos zulegen werde – wegen der langen Sitzungstage, die dann oft nur Zeit für Junkfood ließen. Und in der Tat: „Die Hemden werden immer enger“, klagt Mehring, der zugibt, gummibärchensüchtig zu sein. Immerhin: Seine Freundin ist dabei, ihn davon zu überzeugen, dass es vegane Alternativen zur Bockwurst gibt. Und dass Yoga eine erwägenswerte Form der Entspannung ist.
Noch hat der Schnelldenker und Schnellsprecher Mehring dafür keinen Sinn. Und auch keine Zeit. Das Zeitproblem könnte ihm bleiben. „Der Mehring“, attestiert ihm ein erfahrener Oppositionspolitiker, „ist ein Talent, der wird bei den FW noch mehr werden.“
(Waltraud Taschner)
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