Als Markus Söder im vergangenen November im Landtag als Ministerpräsident vereidigt wurde, fehlte einer aus den Reihen der CSU-Abgeordneten: Klaus Steiner. Der Chiemgauer aus Übersee lag am gefährlichen Dengue-Fieber erkrankt in der Klinik. „Es stand Spitz auf Knopf“, erzählt der 65-Jährige. Im südindischen Bundesstaat Karnataka hatte ihn eine mit dem Virus infizierte Stechmücke erwischt, als er Ende Oktober dort einige vom Freistaat unterstützte Projekte besuchte. Zurück in Bayern fühlte sich Steiner plötzlich schwach, dachte an eine Grippe, die er mit Hausmitteln zu kurieren versuchte. Bis ihn seine 21-jährige Tochter Karin, die Medizin studiert, zum Arzt schickte. Zum Glück. Denn die Tropenkrankheit, die Blut und innere Organe zerstört, kann tödlich enden. Als Steiner ins Krankenhaus kam, waren seine Nieren bereits so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass er auf die Intensivstation musste. Noch heute hat er gesundheitliche Probleme.
„Klar, diese Geschichte macht einen schon nachdenklich“, sagt Steiner, der als entwicklungspolitischer Sprecher der CSU-Fraktion oft in exotischen Ländern unterwegs ist. Das entwicklungspolitische Engagement deshalb aufzugeben, stand für den Oberbayern aber nie zur Debatte. Bereits in seiner Jugend lag ihm das am Herzen. Er war 17 und aktiv in der katholischen Landjugend, als ihn ein Kaplan für Missionsprojekte in Lateinamerika begeisterte. Mit 18 fuhr Steiner das erste Mal nach Chile und packte mit an bei der landwirtschaftlichen Ausbildung von Kindern der Mapuche, ein indogenes Andenvolk. „Es ging nicht darum, sie zu braven Katholiken zu erziehen, die mit der Bibel herumlaufen“, erzählt Steiner. Man zeigte ihnen, wie man mit Rinder-, Kaninchen- und Alpakahaltung ein gutes Auskommen erzielen konnte. „Das Ziel war, sie von den Slums in den Städten fernzuhalten“, erklärt Steiner.
In Afrika hat Steiner eine Zweitfrau
Aus diesem ersten Einsatz entwickelte sich bei Steiner nicht nur eine Faszination für Südamerika; er engagierte sich bald auch in Afrika. Seit Jahrzehnten unterstützt er vor allem in Tansania Schul- und Wasserprojekte. Bei einem Besuch wurde ihm von einem Massai-Häuptling eine besondere Ehre zuteil. „Er hat mich mit einer Massai-Frau verheiratet.“ Eine Zweitfrau in Afrika? Was sagt Steiners Ehefrau dazu? „Die freut sich für mich“, antwortet der dreifache Familienvater grinsend und ergänzt: „Natürlich weiß sie, dass das nur eine Geste der Gastfreundschaft war und diese Ehe nicht zum Vollzug geeignet ist.“ Noch in diesem Jahr will er den Massai-Häuptling wieder besuchen. „20 Frauen könnte ich nach Massai-Recht haben“, sagt Steiner und lacht. „Aber des mog i ja gar ned.“
Seine Lust am Reisen hat das Dengue-Fieber also nicht zerstört. Seinen Humor auch nicht – den schätzen seine Landtagskollegen sehr. Auch wenn der Spaß manchmal auf deren Kosten geht. Auf einer Auslandsreise soll Steiner zum Beispiel mal einem CSU-Kollegen heimlich Besteck in die Jacketttasche gesteckt haben, bevor es zum Flughafen ging. Aufgefallen war das erst beim Sicherheitscheck – der Kollege staunte nicht schlecht.
Doch Steiner kann auch anders. 2015 zum Beispiel, als ihm die zur Schau gestellte „Willkommenseuphorie“ gegen den Strich ging. Als Initiator einer Resolution von CSU-Kreisverbänden in seiner Region warnte er den Bund damals vor den Folgen der „unkontrollierten Zuwanderung“. In der Asylpolitik gehört Steiner zu den Hardlinern in der CSU, er plädiert für konsequente Abschiebung auch von gut Integrierten mit Arbeit.
Auch bei der Entwicklungspolitik hat er einen klaren Standpunkt: „In Afrika ist sie weitgehend gescheitert. Noch mehr Milliarden bringen nichts.“ Afrika brauche keine Almosen, sondern Hilfen auf Augenhöhe und Geschäfte auf fairer Basis. Dazu aber müssten die Regierungen das Schicksal ihrer Staaten selbst in die Hand nehmen: Korruption abschaffen, verlässliche Sicherheits- und Verwaltungsstrukturen und Bildungsangebote aufbauen. „Das müssen wir unterstützen“, sagt Steiner.
Zur Politik kam Steiner über die katholische Landjugend. 1972 trat er in die CSU ein. Über viele Jahre war er Ortsvorsitzender, Gemeinde-, Kreis- und Bezirksrat. 1989 wechselte er, bis dahin Rechtspfleger beim Amtsgericht Traunstein und bei der Staatsanwaltschaft München, in den Landtag. Er arbeitete zunächst als Referent bei der CSU-Landtagsfraktion, 2003 wurde er persönlicher Referent des damaligen Landtagspräsidenten Alois Glück. 2008 zog Steiner als Abgeordneter in den Landtag ein – für den Stimmkreis Traunstein.
Schnapsbrennen in Opas Waschhäusl
Aktuell sitzt er in den Ausschüssen für Landwirtschaft und für Umweltschutz. Zwei Themenfelder, die ihn ebenfalls umtreiben. Steiner ist auch Biobauer, hat freilaufende Schweine, züchtet Rinder, zieht Rüben und Kartoffeln. Sein ganzer Stolz aber ist die Streuobstanlage mit 120 Obstbäumen. Aus den Früchten brennt er Schnaps im alten Waschhäusl auf dem Hof seiner Großeltern. 2003 hat er die alte Brennerei des Großvaters wiederbelebt. „Schon als kleiner Bub bin ich zwischen den alten Männern im Brennkammerl gehockt“, erzählt Steiner. „Draußen hatte es minus 20 Grad und drinnen 40. Und die Alten haben bei Geräuchertem vom Krieg erzählt.“ Zwischendurch wurde natürlich auch immer mal wieder das Destillat probiert. „Ab und zu durfte ich es auch mit dem Finger testen.“
Was ihm Magengrimmen bereitet: die Umsetzung des Volksbegehrens zum Artenschutz. Dass Streuobstwiesen unter Schutz gestellt werden sollen, ärgert ihn gewaltig. Er habe einen 80 Jahre alten hohlen Birnbaum, der immer noch Früchte trägt, erzählt er. „Da sind Hornissen drin, der Bilch und der Specht.“ Gut möglich, dass er den Baum bald umschneiden müsse, damit er ihm nicht aufs Haus fällt. „Dazu bräuchte ich dann eine Genehmigung des Landratsamts.“ Steiner wettert: „Ich brauche da doch keine Nachhilfe. Wir sind ohnehin schon randvoll mit Bürokratie.“ Davon abgesehen arbeiteten die Almwirtschaften im Chiemgau bereits jetzt extensiv, also umweltverträglich, betont Steiner.
Er ist sich sicher: Gesetze sind hier keine Lösung, der Verbraucher ist gefragt. „Ich habe da meine Steiner’sche Formel, sagt er. „Wenn nur die Hälfte der Leute, die es sich leisten könnten, bereit wären, für Nahrungsmittel ein bisschen mehr zu zahlen, wären alle Probleme gelöst.“ Die Leute aber unterschrieben Volksbegehren, um dann zum Billigfleisch zu greifen. Steiner: „Das ist der Widerspruch, der unser ganzes Land lähmt.“
Steiner hofft nun, dass sein alter Birnbaum noch lange stabil bleibt. „Der gibt zwar nicht den guten Williams, aber einen bescheidenen leckeren Schnaps“, schwärmt er. Edelbrände sind für ihn Genussmittel und Medizin. Und die Nebenwirkungen? „Ist der Schnaps gut, trinkt man nur einen, denn ein zweiter wäre Verschwendung. Und von einem schlechten trinkt man gar keinen“, erklärt er und grinst: „Man kommt also gar nicht in die Verlegenheit, dass man zu viel säuft.“
(Angelika Kahl)
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