Landtag

Begeisterer Mountainbiker: Martin Wagle (CSU). (Foto: privat)

16.07.2021

Der Sportliche

Der niederbayerische CSU-Abgeordnete Martin Wagle im Porträt

Die Treppe hoch im Laufschritt – und immer zwei Stufen auf einmal: Begegnet man Martin Wagle im Maximilianeum, dann mit Sicherheit nicht im Aufzug. Lifte benutzt er grundsätzlich nicht. Nicht etwa wegen Corona oder weil er Klaustrophobie hätte. Der 55-jährige CSU-Abgeordnete ist ein Mann mit Bewegungsdrang. „Die größte Herausforderung nach dem Einzug in den Landtag war für mich dieses lange Herumsitzen – vor allem an den Plenartagen“, stöhnt Wagle. „Also musste ich mir etwas überlegen, damit ich das durchstehe und nicht einroste“, sagt er. Und so macht er jetzt eben alles, was geht, zu Fuß.

Der Niederbayer sitzt seit 2018 im Landtag. Für die Arbeit an der frischen Luft in der eigenen Gärtnerei bleibt seither weniger Zeit. Den Betrieb in Pfarrkirchen im Landkreis Rottal-Inn führt Wagle, Gärtnermeister und Diplom-Kaufmann, in der dritten Generation.

Politiker dagegen ist Wagle aus Zufall geworden. Es ist knapp 20 Jahre her, dass der damalige CSU-Bürgermeister ihn überredete, sich auf die Liste zur Pfarrkirchener Stadtratswahl schreiben zu lassen – als Füllkandidat. Wagle, damals weder Mitglied der CSU noch politisch engagiert, interessierte sich so wenig für die Wahl, dass er die Auszählung der Stimmen gar nicht mitverfolgte. Mitten in der Nacht klingelte ihn ein Anrufer aus dem Bett, der dem staunenden Wagle zum Einzug in den Stadtrat gratulierte.

Vor 20 Jahren landete Wagle in der Politik - aus purem Zufall

So plötzlich und unvorbereitet Wagle sich 2002 auch in der Politik wiederfand, so schnell fing er Feuer. Noch im selben Jahr trat er in die CSU ein – und fand sich auch im Stadtrat rasch zurecht. „Man muss einfach den Etablierten gut zuhören“, sagt er, „und dann eigene Ideen entwickeln.“ Die kommunalpolitische Karriere Wagles nahm ihren Lauf: 2014 wurde er Zweiter Bürgermeister, 2017 Vorsitzender des CSU-Kreisverbands Rottal-Inn. 2020 zog er in den Kreistag ein, und auch im Stadtrat sitzt er noch heute.

Die Kommunalpolitik – das ist bis heute seins. „Ich finde das unglaublich spannend“, sagt Wagle. Als die damalige Landtagsabgeordnete Reserl Sem ihn fragte, ob er sich vorstellen könnte, im Jahr 2018 ihr Nachfolger zu werden, reagierte er deshalb erst einmal etwas geschockt. „Völlig abwegig, das kommt überhaupt nicht infrage“, habe er daheim seiner Frau erklärt, erzählt der Vater zweier Kinder. Um dann – nach mehreren Monaten Bedenkzeit – doch zuzusagen. Was den Ausschlag gab? „Für Menschen, die mit einem Anliegen kommen, etwas bewegen zu können, gibt einem ein schönes Gefühl“, sagt Wagle.

Tatsächlich ist Wagle – ein ruhiger, bodenständiger und ausgeglichen wirkender Typ – keiner, der die Politik als Ego-Show begreift und sich in den Vordergrund spielt. Kompetent, lösungsorientiert und nicht nur fachlich, sondern auch menschlich ein Gewinn sei er, heißt es in der CSU-Fraktion. Dort hat er sich auch als streitbarer Anwalt seiner Heimat einen Namen gemacht. „Er kommt zwar ruhig daher, aber wenn es um seine Region geht, hat er es faustdick hinter den Ohren“, erklärt Jürgen Baumgärtner, Chef des CSU-Arbeitskreises Bauen, Wohnen und Verkehr, dem auch Wagle angehört.

Wagle sitzt im Umwelt- sowie im Bauausschuss. Mit diesen Themen war er auch schon als Stadtrat und Bürgermeister betraut. Was er hingegen noch lernen musste: „zu verstehen, wie die Ministerien arbeiten“, sagt Wagle. Für ihn ist das Wichtigste in der Politik der persönliche Austausch. „Mit Kollegen, Fachleuten oder eben Ministeriumsmitarbeitern“, sagt er. Und natürlich mit den Menschen und Institutionen in seiner Region. „Genau da habe ich, glaube ich, einen großen Vorteil“, meint Wagle. „Ich kenne wahnsinnig viele Leute – sei es bei den Wasserversorgern, in Bauämtern oder in Rathäusern.“

Und die meisten dürften ihn schätzen. Als überaus freundlich und kooperativ beschreibt man Wagle selbst in der Landtagsopposition. „Im persönlichen Umgang sehr angenehm und zugänglich“, erklärt zum Beispiel der Grüne Markus Büchler, der ebenfalls im Bau- und Verkehrsausschuss sitzt. Man könne mit ihm gut und offen reden und Ansichten austauschen. „In der Sache trennen uns natürlich immer wieder unterschiedliche politische Positionen, dennoch kann ich sagen, dass er zu den Themen im Ausschuss, die er berichterstattet oder mitberichterstattet, hervorragend vorbereitet ist und sehr verständlich und schlüssig argumentiert“, sagt Büchler.

Der 55-Jährige hat schon sieben Mal mit dem Radl die Alpen überquert

In der CSU-Fraktion ist Wagle für das Thema Radverkehr zuständig. Was ihn nervt: „Von der Politik erwartet man immer nur, dass sie Geld zur Verfügung stellt.“ Dabei hapere es auch an so vielen anderen Stellen. „Mir hat mal jemand gesagt, einen Radweg zu bauen sei fast aufwendiger als eine Ortsumgehung“, erzählt Wagle. Er kämpfe deshalb dafür, dass bei Auflagen, die Planungen oft im Weg stünden, abgespeckt werde. „Ich habe schon so viele coole Radlwege gesehen – in der Schweiz, in Österreich oder Italien“, schwärmt Wagle. Unterirdische Kreuzungen oder Brücken nur für Radler zum Beispiel. „So was muss doch auch bei uns möglich sein!“

Beim Thema Radeln blüht der sonst eher bedächtige Wagle, der selbst begeistert in die Pedale tritt, richtig auf. Sieben Mal hat er mit seinem Mountainbike schon die Alpen überquert. „Sport hat schon immer zu meinem Leben gehört“, betont er. Vor allem Fußball – bis sein Kreuzband riss.

Auf seine Alpentouren bereitet sich Wagle akribisch vor. Im Winter plant er die Strecken – und trainiert dann intensiv auf dem Radl, um im Sommer fit zu sein. „Ohne eine gewisse Grundkondition geht’s nicht“, erklärt er. Ob es heuer klappt mit der achten Alpenüberquerung, steht deshalb noch nicht fest. Denn angesichts der vielen Termine, die noch anstehen, sei fraglich, ob genug Zeit fürs Training bleibt. „Ich bin aber kein Abenteurer oder Hasardeur“, betont Wagle. Lieber macht er eine etwas kleinere Tour, als ein Risiko einzugehen.

Ausgleichend zu sein statt ichbezogen: Diese Eigenschaft nützt Wagle auch bei seinen Extrem-Touren. Er startet immer mit unterschiedlichen Gruppen, für die er auch die Verantwortung trägt. „Das Tempo gibt immer der Langsamste vor“, sagt er. Worauf Wagle besonders stolz ist: „Bislang habe ich jeden ans Ziel gebracht.“
(Angelika Kahl)

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