Womöglich ist Maximilian Böltl das jüngste CSU-Mitglied, das die Partei je hatte. Denn die politische Karriere des heute 41-jährigen Oberbayern begann mit einer formaljuristischen Unterlassungssünde. Böltl war 15, als er den Auftritt des damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber auf dem Volksfest seiner Heimatgemeinde Kirchheim miterlebte. Ihn hatten damals die Leidenschaft Stoibers und dessen „Politik mit Weitblick“ fasziniert, weshalb er damals beschloss, in die CSU einzutreten, erzählt Böltl. Weil man das aber erst mit 16 darf, habe er im Antragsformular einfach sein Geburtsdatum weggelassen. Mit der Aufnahme hat es trotzdem geklappt. Die Umgehung der Parteisatzung sollte sich nicht als Schaden für die CSU erweisen.
Gleich nach seinem Eintritt auch in die Junge Union (JU) begann Böltl, sich mit Gleichgesinnten um Verbesserungen im Ort zu kümmern. Man habe eine bessere IT-Ausstattung für seine Schule organisiert und mit einem JU-Blumenbeet das damals „nicht so ansehnliche Ortsbild“ Kirchheims verschönert. Bereits mit 19 wurde Böltl Gemeinderat, später Kreisrat. Er übernahm Ämter in der lokalen CSU, und mit 31 wurde er zum Bürgermeister von Kirchheim gewählt. Das Gestalten und Verbessern sei sein Antrieb gewesen. Und als Bürgermeister hätten sich eben sehr schnell sichtbare Verbesserungen für die Bürgerschaft erreichen lassen. So versteht er auch das Handeln der CSU: „Als konservative Kraft stehen wir nicht in erster Linie für Veränderung, sondern für Verbesserung.“ Und weil er auch selbst „besser werden“ wolle, habe er an der Universität St. Gallen als Bürgermeister ein Seminar in Sachen „Leadership“ begonnen.
Böltl kann aber auch bodenständig. Zehn Jahre lang war er in Kirchheim neben der Arbeit im Rathaus als Schulweghelfer tätig. Eigentlich wollte er nur einmal kurz einspringen, doch dann bereitete es ihm viel Spaß, einmal in der Woche die Kinder sicher über die Straße zu leiten. Noch heute ist er als „Springer“ im Einsatz, wenn mal jemand ausfällt. Auf Böltl geht auch die lokale Initiative „Lacher statt Kracher“ zurück. Die Idee: Auf die Ausgaben für das Silvesterfeuerwerk verzichten und das Geld stattdessen für soziale Projekte spenden. So habe man schon die Klinikclowns in Kirchheim finanziert sowie Aktionen gegen Altersarmut gestartet. Heuer, berichtet Böltl, sammle man kein Geld, sondern Zeit gegen die Einsamkeit im Alter.
Ursprünglich hatte Böltl gar nicht Bürger-, sondern Landwirtschaftsmeister werden wollen. Bauer sei sein „Traumberuf in der Grundschulzeit“ gewesen – der Urlaube auf einem Bauernhof mit seinen Eltern wegen. Am Ende wurde es dann aber ein BWL-Studium in München, während dessen er auch als Werkstudent bei BMW tätig war. Dort lernte er viel über die Optimierung interner Abläufe und die Verschlankung von Prozessen – Erkenntnisse, die er später als Bürgermeister für Verbesserungen in der Gemeindeverwaltung habe nutzen können. „Politische Prozesse müssen effizient sein, weil sie dann auf mehr Akzeptanz beim Bürger stoßen“, ist sich Böltl sicher.
Mit seinen Erfahrungen bringt sich Böltl nun als Leiter der „Jungen Gruppe“ in der CSU-Fraktion ein. Dass sich die Staatsregierung den Bürokratieabbau prominent auf die Fahnen geschrieben hat, findet er gut. Böltl denkt aber schon einen Schritt weiter. Es reiche nicht aus, Vorschriften zu streichen und Prozesse zu vereinfachen. Verwaltung müsse „neu gedacht“ werden, sagt er und drängt auf weitergehende Veränderungen.
Braucht es wirklich alle Verwaltungsebenen? Sind Doppelzuständigkeiten sinnvoll? Welche Aufgaben lassen sich mit Digitalisierung und künstlicher Intelligenz effektiver erledigen? Um solche Fragen müsse es gehen. Ein offenes Ohr dafür scheint Böltl bei Fraktionschef Klaus Holetschek zu haben.
Seine Idee zur Einrichtung von Testregionen für einen umfassenden Bürokratieabbau hatte jüngst Eingang in eine Plenarrede Holetscheks gefunden.
Der Wechsel in den Landtag sei für ihn keine leichte Entscheidung gewesen, bekennt Böltl. So sehr er das Amt des Bürgermeisters „geliebt“ habe, so sehr habe er auch gemerkt, dass sich viele kommunale Probleme nur auf höherer Ebene lösen ließen. Die Arbeit im Landtag, wo Böltl gleich Mitglied des Haushaltsausschusses wurde, sei anfangs recht gewöhnungsbedürftig gewesen.
Im Landtag musste er erst mal Geduld lernen
„Als Bürgermeister bist du mehr Einzelkämpfer, im Landtag ist man Herdentier“, schmunzelt er. Entscheidungsprozesse seien komplexer und oft langwieriger, weshalb er sich Geduld aneignen musste. Sein Ziel ist es, „etwas mehr Dynamik“ ins Hohe Haus zu bringen. Gerade junge Menschen würden vom Parlament schnellere und effizientere Entscheidungen erwarten.
Aus seinem Privatleben will Böltl kein großes Ding machen. Vor zwei Jahren heiratete er seinen langjährigen Lebensgefährten. Es finden sich davon – auch von der kirchlichen Zeremonie, die dem gläubigen Katholiken Böltl wichtig war – einige wenige Fotos im Internet. „Wir versuchen immer, aus unserer Beziehung keine Show zu machen“, betont Böltl.
Auf die Frage, ob er noch vor einigen Jahren an der Haltung der CSU zur Homosexualität verzweifelt sei, zum Beispiel wegen deren Ablehnung der „Ehe für alle“, schnauft Böltl erst einmal durch. Dann antwortet er maximal pragmatisch: „Für mich ist relevant, wie sich die CSU heute dazu positioniert.“ Da gebe es für ihn keinen Grund zur Kritik mehr.
Und wie ist es mit der Haltung seiner Kirche zur Homosexualität? Er erlebe vor Ort viele Vertreter der katholischen Kirche, die der gleichgeschlechtlichen Liebe offen gegenüberstünden und es würdigten, wenn zwei Menschen durch Heirat Verantwortung füreinander übernähmen. „Der Herrgott liebt dich so, wie du bist – das gehört doch zu unserem christlichen Menschenbild“, sagt Böltl ruhig und bestimmt. (Jürgen Umlauft)
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