Der AfD-Abgeordnete Markus Striedl postet gerne und oft in den sozialen Netzwerken. Doch verbales Einschlagen auf den politischen Gegner mit Schaum vorm Mund ist seine Sache nicht. Diesen Eindruck gewinnt man beim Durchlesen der Botschaften und auch beim persönlichen Gespräch. Selbst im Sommer, nachdem Unbekannte kurz vor einem Tag der offenen Tür die Scheiben seines Bürgerbüros eingeschlagen hatten, blieb der gemütlich wirkende Abgeordnete aus Augsburg entspannt. Er lud einfach noch einmal übers Internet „besonders gerne“ alle Interessierten zu einem Besuch ins Bürgerbüro ein.
„Wir haben auch Leute, die gerne einen draufsetzen“, sagt Striedl, der im Landtag im Petitionsausschuss und im Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr sitzt. „Aber das ist nicht mein Stil. Ich bin die Schiene Fachpolitiker. Ich bin nicht ideologisch getrieben, ich halte mich aus den Debatten raus.“
Kann das in einer Partei funktionieren, in der Grenzüberschreitung als legitimes politisches Mittel eingesetzt wird? Sehr gut sogar, findet Striedl. „Bei uns wird das freie Mandat gelebt.“ Für ihn bedeutet das: „im Zweifelsfall Bürger vor Parteiprogramm.“ Da lasse er sich von niemandem unter Druck setzen.
Politisch ordnet er sich „rechts von der CSU, aber nicht weit“ ein. Die Strauß-CSU der 80er-Jahre wäre womöglich politische Heimat des 44-Jährigen geworden, wenn es sie noch geben würde. So aber trat Striedl, der in Schongau aufwuchs und als Sechstklässler nach Augsburg zog, 2016 in die AfD ein – auch als Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Flüchtlingspolitik der Merkel-Regierung. Und in der AfD, sagt er, fühlt er sich auch heute noch wohl. 2018 wurde er Bezirksrat in Schwaben, 2019 Referent des AfD-Bundestagsabgeordneten Rainer Kraft, und 2020 zog er in den Augsburger Stadtrat ein. 2023 war dann der Weg für den Landtag frei. „Wollte ich in die Politik? Nö. Wollte ich in den Landtag? Nö. Mich haben die Leute aber immer gefragt“, sagt Striedl ganz nüchtern.
Er kommt aus einer Eisenbahnerfamilie. Doch nach Striedls qualifizierendem Hauptschulabschluss klappte es nicht mit einer Ausbildung bei der Bahn. Er absolvierte stattdessen eine Lehre zum Stahlbauschlosser und machte im Anschluss seine Mittlere Reife. Danach heuerte er bei einer Transportfirma als Lkw-Fahrer an. Und war jahrelang in Europa unterwegs, drei Jahre sogar in Marokko und Tunesien. 2013 zog es ihn zu einem anderen Job. Er wurde Kranführer und stieg allmählich zum Leiter der Werkstatt der Firma auf. 2020 hörte er dort auf. Bevor er zum Berufspolitiker wurde, absolvierte er 2022 die Logistikmeisterprüfung.
Im Landtag ist Striedl verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Er kritisiert die aus seiner Sicht zu hohen Investitionen für Radwege auf dem Land, die von den Menschen dort nicht so dringend gebraucht würden wie ein funktionierender Nahverkehr und ausreichend große und sanierte Straßen. Das Deutschlandticket ist für Striedl eine teure Subvention, die am Ziel vorbeigeht. „Ich bin auch dafür, dass die Leute eine bezahlbare Mobilität bekommen. Das muss aber streckenbezogen und kilometerabhängig sein“, sagt er. Mehr Umsteiger*innen vom Auto würde man auch nur bekommen, wenn man die Qualität und das Angebot verbessern würde.
Von der Reaktivierung alter Bahnstrecken hält Striedl nichts. Lieber solle man die alten Stellwerke modernisieren, findet er. Und mehr Busse fahren lassen. Schließlich fahren diese anders als die Bahn direkt vor die Tür der Arztpraxis oder des Supermarkts.
Was Striedl grundsätzlich stört: Die Ausgliederung von immer mehr staatlichen Aufgaben. Eigentlich müsse doch die Bestellung von Verkehrsleistungen Aufgabe des Landtags sein. Stattdessen übernehme das die Bayerische Eisenbahngesellschaft, bei der die Opposition ihre Kontrollfunktion nicht mehr ausüben könne. Das Gleiche gilt aus seiner Sicht bei der zweiten Stammstrecke: „Da hat die Opposition nichts zu melden.“
Mehr Kontrolle wünscht sich Striedl natürlich an den deutschen Grenzen. Rund um die Uhr müsste kontrolliert werden, auch an Bundesstraßen, um Schleuser-Banden das Handwerk zu legen. Er erinnert an seine Zeit als Lkw-Fahrer in Marokko. „Dort geht kein Lkw einfach durch.“
Ein schärferes Asylrecht und weniger EU-Einfluss
Wie alle in der AfD fordert er eine Verschärfung des Asylrechts: Wer vorsätzlich Straftaten begeht, soll ausgewiesen werden. Und die 1,2 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine sollten auch in ihre Heimat geschickt werden – „wenn der Krieg wieder vorbei ist“.
Von der Europäischen Union würde sich Striedl weniger Einfluss wünschen. „Was geht Brüssel an, was für eine Zulassung mein Auto hat? Warum muss ein Stecker in Spanien in unsere Steckdose passen?“ Er plädiert für eine Rückkehr zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, einem der Vorläufer der EU. Da habe man gemeinsame Standards vereinbart, wenn man miteinander Handel betreiben wollte.
Auch in Deutschland sehnt er sich nach mehr staatlicher Zurückhaltung und mehr Eigenverantwortung. So bleibe am Ende mehr Geld bei den Menschen, glaubt er.
Striedl war auch einer der Kandidaten, den seine Fraktion für die Wahl zum Landtagsvizepräsidenten aufgestellt hatte. Ein Posten, der theoretisch jeder Fraktion zusteht – doch wie alle anderen Kandidaten der AfD fiel auch Striedl bei den Abgeordneten der anderen Fraktionen in geheimer Wahl durch. Begründet wurde das nicht mit Problemen, die Striedl als Person betreffen. Sondern damit, dass man die AfD insgesamt ablehnt. Striedl geht damit entspannt um: „Das ist ihr Recht.“
Und genauso sei es das Recht der AfD, immer wieder neue Kandidat*innen aufzustellen. Grundsätzlich sei er den anderen Abgeordneten auch nicht böse, nicht zu wissen, wie sie mit der AfD umgehen sollen. Er räumt ein: „Wir sind schwer kontrollierbar.“
Seine Freizeit verbringt der Junggeselle vor allem mit Haus und Garten. Dort gibt es immer etwas zu tun. Und er verfügt über genügend handwerkliches Geschick. „Ich bin kein Ober-Baulurch“, sagt er lächelnd. „Aber ein bisschen kennt man sich auch als Schlosser aus.“ (Thorsten Stark)
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