Landtag

Michael Busch. (Foto: BSZ)

03.06.2022

Der Streitbare

Porträt: Der SPD-Abgeordnete und Ex-Landrat Michael Busch

„Dass es nicht einfach wird, hatte ich mir schon gedacht“, stöhnt Michael C. Busch. „Aber ich habe tatsächlich geglaubt, dass man im Landtag etwas verändern könnte“, sagt der 65-jährige SPD-Politiker etwas resigniert. Vor seinem Landtagseinzug 2018 war Busch über zehn Jahre Landrat im Landkreis Coburg. Was sehr ungewöhnlich ist. Denn meist ist ein Landtagsmandat das Sprungbrett für eine Landratskandidatur – nicht umgekehrt. Aber er habe eine Vision gehabt, erklärt Busch. Der Oberfranke wollte einen neuen Politikstil in das Parlament tragen. Einen, bei dem Inhalte im Vordergrund stehen – und nicht die Parteizugehörigkeit und taktische Spielchen.

Als Landrat habe er bei Problemen gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden des Kreistags nach Kompromissen gesucht, sagt Busch. „Die Rituale im Landtag stören mich immens.“ Zum Beispiel, dass Anträge aus den Reihen der Opposition von den Regierungsfraktionen grundsätzlich abgelehnt werden. „Aber ich habe mittlerweile eingesehen, dass man nichts verändern kann“, betont er.

Busch ist mit seinem Drang nach mehr Pragmatismus aber auch an der eigenen SPD-Fraktion gescheitert. Schon die erste Sitzung, gesteht er, war für ihn ein „Schock“. Die Posse um die Vorsitzendenwahl – fünf Stunden und drei Wahlgänge waren nötig – hat ihn völlig konsterniert. Wie zerstritten die Fraktion war, habe er gar nicht einschätzen können, sagt Busch, der 2018 neben dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Christian Flisek als einziger neuer SPDler in den Landtag einzog. Bereits zuvor hatte Busch seinen ersten großen Streit mit Natascha Kohnen, der damaligen bayerischen SPD-Vorsitzenden. Weil sie von vorneherein eine Koalition mit der CSU ausschloss. „Wie blöd muss man denn sein. Ich gebe mein Landratsamt auf, um dann zu sagen, regieren will ich aber nicht?“, empörte sich Busch damals, der im Wahlkampf jede Veranstaltung mit dem Satz beendete: „Ich möchte gern Kultusminister werden.“

Busch hätte wohl große Chancen gehabt, auch 2020 wieder zum Landrat gewählt zu werden. Jetzt ist er Sprecher für Mittelstand und Handwerk einer auf 22 Abgeordnete geschrumpften Oppositionsfraktion. Einer Fraktion, in der er sich schwertut. Zum Beispiel damit, dass diese begann, von der CSU abgelehnte Anträge der Freien Wähler aus der vergangenen Wahlperiode systematisch wieder aufzugreifen. „Um ihnen dann vorhalten zu können: Was ihr damals wolltet, lehnt ihr heute ab. Das ist doch ein Schmarrn“, meint Busch. In seinen Augen ist das nur wieder so ein Ritual, das zu keinem echten Ergebnis führt. Aber auf ihn höre man ja nicht, klagt er. Nach dem Motto: „Da kommt jetzt so ein Landrat, der uns sagen will, wie es geht.“

Allerdings: Busch, ein Mann der aus seinem Herzen noch nie eine Mördergrube gemacht hat, hat bereits als Landrat die SPD-Landtagsfraktion mitunter heftig kritisiert. Im Falle seiner Wahl in den Landtag kündigte er, wenn auch nicht ganz ernst gemeint, an: Er wolle die SPD-Fraktion im Landtag aufmischen. Das hat nicht jedem gefallen. „Auch einige Bürgermeister aus dem Coburger Land haben mir den Auftrag gegeben, darauf hinzuarbeiten, dass unsere Landespolitiker näher an den Problemen der Menschen und den Kommunen dran bleiben“, betont er. Busch gibt aber auch lachend zu: „Diplomatisch bin ich wirklich nicht.“

Mutige Aktion gegen rechte Umtriebe in seiner Heimat

Tatsächlich ist Busch ein äußerst streitbarer Mensch. Als Landrat war er zum Beispiel ab 2015 nie mehr bei einer Sitzung der Kreistags-SPD. Weil er sich mit dem damaligen Vorsitzenden überworfen hatte.

Trotz aller Kritik – der Gedanke, die SPD zu verlassen, kam Busch nie. Der gelernte Krankenpfleger und Kaufmann ist seit 1979 Parteimitglied und Sozialdemokrat durch und durch. Bereits Buschs Vater war bei der SPD. 75 Jahre lang. Kriegsversehrt kam dieser aus dem Zweiten Weltkrieg mit nur einem Bein zurück. Buschs Mutter flüchtete aus Oberschlesien nach Bayern. In einer Flüchtlingsfamilie groß zu werden, das hat auch Buschs Politik geprägt. Er setzte sich immer für die Integration von Geflüchteten ein. Kämpfte zum Beispiel gegen harte Wiederstände für deren dezentrale Unterbringung.

Für ihre drei Kinder schufen Buschs Eltern in harter Arbeit ein gemütliches Heim. Um das kleine Häuschen abbezahlen zu können, arbeitete die Mutter in einer Polsterei und der Vater führte einen Kiosk in Buschs Heimatort Ebersdorf. „Er war ein Kraftprotz ohne Ende, ist mit nur einem Bein auf die höchsten Berge gelaufen“, schwärmt Busch.

Der Vater ist Buschs größtes Vorbild. Neben Robert Baden-Powell, Gründer der Pfadfinderbewegung. „Versucht die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als ihr sie vorgefunden habt“, schrieb Baden-Powell in einem Abschiedsbrief vor seinem Tod. „Das hat mich geprägt“, sagt Busch, der mit zehn Jahren selbst zu den Pfadfindern kam. Nach diesem Motto versuche er zu handeln, sagt Busch. „In allem, was ich tue.“

Und manchmal geht Busch dabei ungewöhnliche Wege. Als die NPD 2013 ihren Bundesparteitag im Landkreis abhalten wollte, ließ er die Auffahrt zum Versammlungsgelände bei Rottenbach mit einem Erdhaufen zuschütten. „Es war gar nicht unsere Absicht, den Parteitag zu verhindern“, sagt Busch. „Wir wollten dieses Bild: NPD-Leute klettern über einen braunen Haufen.“ Am Ende wurde der Parteitag abgesagt – und die NPD klagte. Gegen eine Geldauflage von 5000 Euro wurde das Verfahren eingestellt. Zahlen musste Busch persönlich. Eine kleine Genugtuung aber gab es für ihn neben der Sympathie vieler für die mutige Aktion: Das Geld ging an die KZ Dachau und Buchenwald.

2023 soll jetzt aber Schluss sein mit der Politik. Für den Landtag kandidiert Busch nicht mehr. Langweilig wird es ihm sicher nicht. Busch, zweifacher Vater, fünffacher Opa und Hobbykoch, will seine zweite Frau in ihrem Puppenhandel unterstützen. Und seine Combo „Das Mülldeich-Duo“ wieder aufleben lassen. Busch singt und spielt Gitarre. Für Auftritte fehlt seit 2018 die Zeit – noch. (Angelika Kahl)

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