Julian Preidls politische Karriere bei den Freien Wählern begann mit einer Art David-gegen-Goliath-Kampf: Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger war im Spätsommer 2019 auf der Suche nach einem Kandidaten, der bereit war, bei der 2020 stattfindenden Landratswahl in Cham in den Ring zu steigen gegen den übermächtigen Amtsinhaber Franz Löffler (CSU). Der fungiert zudem als Bezirkstagspräsident der Oberpfalz, davor war er Bürgermeister von Waldmünchen. Die Chancen, gegen diesen Platzhirsch zu obsiegen, tendierten gegen null. Der damals 25-jährige Preidl trat trotzdem an und verlor mit 12,6 Prozent erwartbar gegen Löffler, der im ersten Wahlgang haushoch gewann.
Im Zuge des erfolglosen Landratswahlkampfs wurde Preidl, der davor kein politisches Amt innehatte, zumindest bekannt – und schaffte es 2020 in den Stadtrat von Bad Kötzting und den Chamer Kreisrat. Die Freien Wähler honorierten Preidls Wahlkampf um den aussichtslosen Landratsposten, indem sie den jungen Kollegen drei Jahre später zum Landtagskandidaten nominierten. Tatsächlich schaffte er bei der Wahl im Oktober 2023 den Sprung in den Landtag, wenngleich äußerst knapp.
Im Wahlkampf setzte der umtriebige Preidl stark auf Social Media, vor allem Tiktok. Mit neuen Medien kennt er sich aus, Preidl hat an der Uni Bamberg Politologie und Medienwissenschaft studiert, nebenbei baute er eine Produktionsfirma auf, die Imagefilme für Unternehmen herstellt.
Ist Tiktok tatsächlich das Medium der Wahl, um junge Menschen für politische Inhalte zu interessieren?
Auf Tiktok ist er noch immer schwer aktiv. Er nutzt das Medium vor allem, um jungen Leuten Politik näherzubringen. „Die politische Kommunikation muss verbessert werden“, glaubt er. Ob Tiktok mit seinen lustigen Kurzfilmchen dafür das geeignete Mittel ist? Preidl sagt: Die Wortwahl sei entscheidend dafür, ob man Menschen, vor allem die jungen, für politische Anliegen erreicht. Und dass sich die Jugend „schon für Politik interessiert“.
Klar ist: Mit unterhaltsamen Videos erzielt man auch als Politiker Klicks. Ob das dazu führt, dass Leute nicht nur kichern, sonden sich auch für politische Inhalte interessieren, ist eine andere Frage. Auf Tiktok bietet Preidl beispielsweise ein Scherzvideo über sein Abgeordnetendasein. Es zeigt Preidl auf dem Weg in den Plenarsaal: „Ich bin Landtagsabgeordneter“, erklärt er grinsend, „und natürlich trage ich jeden Tag Hemd und Anzug.“ Nächstes Bild: Eine Krankenschwester schiebt Preidl auf einer rollenden Liege durchs Maximilianeum: Passend dazu juxt der Neuabgeordnete: „Natürlich debattieren wir immer bis zum Umfallen.“ Und so weiter.
In einem weiteren Filmchen erzählt Preidl, wie schlimm Hass und Hetze im Internet seien. Wer damit schon Erfahrungen gemacht hat, solle ihm schreiben – oder den Beitrag liken.
In seiner Freizeit ist er DJ und geht campen
Wie realistisch ist es, junge Leute so für die Politik zu gewinnen? Tatsächlich ist die Arbeit im Landtag keineswegs immer unterhaltsam, lustig oder kurzweilig. Eher im Gegenteil. Preidl muss das wissen: Bevor er in den Landtag gewählt wurde, arbeitete er als Büroleiter für den Chamer Freie-Wähler-Abgeordneten Robert Riedl, der bei der Wahl im Oktober nicht mehr angetreten war. Die beiden kennen sich lange, sind befreundet. „Robert Riedl hat mich in die Kommunalpolitik gebracht“, erzählt Preidl.
Er wurde 2019 Mitglied bei den Freien Wählern – für sein politisches Engagement seien sie „die einzige Option“ gewesen, betont der 28-Jährige. Weil sie pragmatische Politik betrieben, die „sich nicht am Parteibuch ausrichtet“. Preidl glaubt: „Das Parteibuch ist ein Auslaufmodell.“ Natürlich bräuchten Parteien „eine grundlegende Struktur“ und müssten sich auf „bestimmte Werte“ einigen. Dennoch müsse es möglich sein, dass Parteimitglieder zu unterschiedlichen Themen unterschiedliche Meinungen haben und die auch vertreten dürfen. Über die Ausrichtung der Freien Wähler sagt er: „Wir sind demokratisch. Und wir sind die Mitte.“
Preidl findet: „Es wird oft einseitig berichtet“
Dass die FW mit Parteichef Hubert Aiwanger immer wieder mal in die rechte Ecke gestellt werden, nervt ihn gewaltig. Aiwangers umstrittene Äußerung bei der Erdinger Demo, die „schweigende Mehrheit“ müsse sich „die Demokratie zurückholen“, findet Preidl absolut berechtigt. Allerdings muss er sehr lang überlegen, bevor er das sagt. Dann aber erzählt er, wie eine Grüne bei einer Veranstaltung des Bundes der Deutschen Katholischen Landjugend ebenfalls davon gesprochen habe, dass man „die Demokratie zurückholen“ müsse. Ohne dass es irgendeinen Protest gegeben habe. Preidl findet: „Es wird oft einseitig berichtet.“ Und dass innerhalb des demokratischen Spektrums „eine Spaltung betrieben“ werde.
Im Landtag sitzt der unverheiratete Preidl in den Ausschüssen für Soziales und für Kultur. Eigentlich hatte er auf den Kommunalausschuss gehofft, aber Neulinge müssen sich mit ihren Wünschen hinten anstellen, auch bei den Freien Wählern. Als Abgeordneter will er mithelfen, die Kultur im ländlichen Raum zu stärken oder das Ganztagsangebot an Schulen zu verbessern.
Als seine beste Eigenschaft nennt der Oberpfälzer „Bodenständigkeit“. Die zeigt sich auch in seiner Art, Urlaub zu machen: im Wohnwagen und in Jogginghosen. Spaß hat er außerdem an Sport und Musik. Bei privaten Feiern betätigt er sich schon mal als DJ, hat früher sogar in Clubs aufgelegt: Techno, House oder Electro. Im Gegensatz zu seinem Parteichef, Apfelsaftfan Hubert Aiwanger, hat Preidl gegen Alkoholisches nichts einzuwenden. Sein bevorzugter Drink ist ziemlich oldschool: Cuba Libre.
(Waltraud Taschner)
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