Landtag

Johann Häusler. (Foto: Stark)

03.03.2023

Der Unermüdliche

Der Freie-Wähler-Abgeordnete Johann Häusler im Porträt

Während viele Abgeordnete bereits in den Wahlkampfmodus geschaltet haben, befindet sich Johann Häusler auf Abschiedstournee. Er tritt bei der Landtagswahl nicht mehr an. „Fast jeden Tag ist bei mir irgendwo Abschied“, sagt Häusler, durchaus bewegt. Hier eine Veranstaltung des Bauernverbands, da ein Treffen mit dem Kolpingwerk. In den zurückliegenden neun Jahren als Landtagsabgeordneter hat der Schwabe aus Biberbach im Landkreis Augsburg viele Kontakte geknüpft.

Vergangene Woche war er zum letzten Mal bei der Jahresversammlung des Verbandes für landwirtschaftliche Fachbildung und Meister in Harburg, also mitten in seinem Nachbarlandkreis Donau-Ries. Es gab viele persönliche Wünsche und Worte des Dankes für den Einsatz des Abgeordneten. „Die haben mich aber auch gefragt: Warum nur hörst du auf?“

Ja, warum? Diese Frage hat sich Häusler auch gestellt. Eine Zeit lang hatte es nämlich so ausgesehen, als würde der 71-Jährige noch einmal als Direktkandidat im Stimmkreis Augsburg-Land, Dillingen antreten. Stattdessen bewirbt sich nun Häuslers politischer Ziehsohn Fabian Mehring, 33, um das Direktmandat.

Mehring, einst persönlicher Referent Häuslers, ist quasi dessen Gegenentwurf: Mit nur 29 Jahren zog der smarte Mehring in den Landtag ein und wurde als Neuling zum Parlamentarischen Geschäftsführer ernannt. Der promovierte Politikwissenschaftler steht für den wirtschaftsliberalen Teil der Freien Wähler. Häusler dagegen verkörpert die wertkonservative Wählerschaft vom Land.

Der Agrarökonom kam 2014 als Nachrücker in den Landtag – mit 62 Jahren. „Wir haben uns damit im letzten Wahlkampf gut ergänzt“, sagt Häusler über seine Zusammenarbeit mit Mehring. „Das hätte in diesem Jahr auch so sein können.“

2018 war Mehring im Stimmkreis Augsburg-Land Süd angetreten und zog über die Liste in den Landtag ein. Diesmal wollte er im Stimmkreis Augsburg-Land, Dillingen kandidieren. Dort, wo Mehring ebenso wie Häusler lebt. Und die beiden Kreisverbände nominierten Mehring im vergangenen Herbst – einstimmig – als ihren Kandidaten. So mancher traut dem sehr ehrgeizigen Senkrechtstarter sogar zu, es als Direktkandidat in den Landtag zu schaffen – als erster FWler in Bayern.

Häusler fühlte sich hintergangen. Noch kurz vor Mehrings Nominierung war er von einer erneuten Kandidatur in seinem Stimmkreis ausgegangen. Seine Verärgerung tat er öffentlich kund, was in den Lokalmedien auch für Aufsehen sorgte.

Häusler ist auch Monate danach enttäuscht. „Unanständig“ sei das abgelaufen, sagt er. Er wirft Mehring vor, ihm nicht frühzeitig mitgeteilt zu haben, dass er kandidieren will. „Ich habe immer gesagt: Ich werde nie gegen einen Jüngeren antreten. Ich habe mich immer – auch gegen Widerstände – dafür eingesetzt, Frauen und Jüngeren eine Chance zu geben“, betont der 71-Jährige.

Nach wie vor übrigens teilen sich die beiden im Landtag ein Büro. „Ich kann das trennen“, sagt Häusler. Man gehe professionell miteinander um. Mehring sieht er als „großes Talent“ und „absoluten Politprofi“. Nur mit der Freundschaft ist es vorbei. „Freunde verhalten sich anders.“ Mehring verweist dagegen auf ein transparentes und demokratisches Nominierungsverfahren. „Ich bedauere es sehr, dass Hans es anders sieht“, sagt Mehring. „Ich werde aber kein schlechtes Wort über ihn verlieren.“

Jetzt will er noch Geschichte studieren

Dass Häusler 2013 für den Landtag kandidierte, hatte zwei Gründe: „Ich habe immer gesagt, dass ich mit 60 noch mal eine neue Herausforderung suchen werde. Außerdem hatte ich in meinem Berufsleben immer wieder Ärger mit der Ministerialbürokratie. Da wollte ich gern mal auf der anderen Seite stehen.“

Johann Häusler stammt aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater hatte eine Landwirtschaft. 110 Hektar, 14 Kühe, acht Schweine. „Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen. Aber damit hat er sich, seine Frau, sieben Kinder und unsere Oma ernährt.“ Häusler war der Älteste und arbeitete viel im Betrieb mit. Doch es zog ihn woanders hin. Er absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und wurde Lagerhausverwalter. Am Bayernkolleg holte er sein Abitur nach und wurde schließlich Geschäftsführer mehrerer Erzeugergemeinschaften.

Nebenher war er jahrzehntelang leidenschaftlicher Kommunalpolitiker. 18 Jahre saß er im Marktgemeinderat Biberbach, sechs Jahre davon war er Zweiter Bürgermeister. Im Kreistag des Landkreises Augsburg, dem er 24 Jahre lang angehörte, war er lange Fraktionsvorsitzender, bis er stellvertretender Landrat wurde. Und dann kam der Wechsel in den Landtag.

Häusler brachte sich zunächst in den Ausschüssen für Landwirtschaft und für Wirtschaft ein. „Ich hätte gerne eine progressivere Agrarpolitik gemacht, aber wir waren da noch in der Opposition“, sagt er. Durch die Regierungsbeteiligung hat sich aus seiner Sicht viel verändert. So starteten die Freien Wähler 2019 unter seiner Mitwirkung ein Aktionsbündnis für die Stärkung des ländlichen Raumes. Ein Schlachthofstrukturprogramm hat er mitentwickelt.

Doch Häuslers Hauptbetätigungsfelder wechselten nach der Wahl 2018. Neben seiner Wahl zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden wurde er Mitglied des Sozialausschusses. Im vergangenem Jahr wechselte er in den Bildungsausschuss. Er setzt sich für ein Bildungsfreistellungsgesetz in kleineren Betrieben ein, also für das Recht der Beschäftigten auf Weiterbildung. Auch die Bekämpfung der Altersarmut ist ihm ein großes Anliegen. Die Zeit im Landtag hat ihm große Freude bereitet. „Ich möchte keinen Tag missen“, sagt Häusler.

Ab dem Herbst einfach die Füße hochzulegen und nur noch Zeit mit seiner Frau, den drei schon erwachsenen Kindern und den Enkelkindern zu verbringen, das kann er sich nicht vorstellen. „Ich war immer gefordert, da kannst du nicht plötzlich auf null runterfahren.“

Radeln und wandern nennt er als seine einzigen Hobbys. Mehr als eine Woche Urlaub im Jahr war für ihn bisher undenkbar. Jetzt könnten es dann auch zwei Wochen werden, sagt Häusler. Er will sich sozial engagieren. Und er möchte an die Uni – Geschichte interessiert ihn besonders. Eingeschrieben ist er noch nicht. „Aber ich gehe bald zur Studienberatung.“

Sein Vater hat als Rentner angefangen, Französisch zu lernen. Zwei Jahre vor seinem Tod verfasste er zudem ein Buch zur Heimatgeschichte. „Das war immer ein Ansporn für mich“, sagt Häusler. (Thorsten Stark)
 

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