In der Öffentlichkeit zu stehen, das ist für Markus Saller wahrlich kein Problem. Ganz im Gegenteil: Man könnte ihn tatsächlich im besten Sinne als Rampensau bezeichnen. Der sympathische 54-Jährige aus dem oberbayerischen Mühldorf am Inn möchte da gar nicht widersprechen. Als Musiker stand er schon auf einigen Bühnen – meist als Frontmann. Als gefragter Verbraucherschutzexperte wurde er immer wieder von Fernseh- und Radiosendern um Statements gebeten, dazu gehörte er über viele Jahre zum Team der BR-Sendung „Wir in Bayern“. Auch in der Politik bekleidete er als Freier Wähler immer verantwortungsvollere Posten – bis er im vergangenen Herbst schließlich in den Landtag gewählt wurde.
Grundlage seiner beruflichen Karriere war ein Jurastudium. Nach dem zweiten Staatsexamen arbeitete er zunächst als freier Mitarbeiter in einer Mühldorfer Anwaltskanzlei und fand dann eine Festanstellung bei einer Versicherung in München. „Das war gut bezahlt, aber nicht so prickelnd“, sagt Saller. Seine damalige Frau, die bei der Verbraucherzentrale Bayern arbeitete, machte ihn daher auf eine Anzeige des Verbands aufmerksam, der einen Leiter der Rechtsabteilung in Kombination mit Öffentlichkeitsarbeit suchte. Saller bewarb sich und setzte sich gegen Hunderte andere durch. Fortan war er für die 16 Beratungsstellen der Verbraucherzentrale in Bayern verantwortlich, rund 30.000 Anfragen gingen über seinen Schreibtisch. „Da kriegt man schon einen guten Eindruck davon, was draußen gerade los ist“, sagt der Jurist. Viele Anfragen in der Zeit beschäftigten sich mit Abofallen und unerlaubten Werbeanrufen.
Ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit bei der Verbraucherzentrale war die Öffentlichkeitsarbeit. „Es war die Zeit der rot-grünen Regierung, und Verbraucherschutz war ein großes Thema“, erinnert sich der Mühldorfer. „Und in der Medienstadt München hieß das Spielchen: Wer sagt am ersten was?“ Saller drückte sich nie um eine meinungsstarke Stellungnahme – und wurde so immer wieder von den Medien kontaktiert. Egal, ob es um den BSE-Skandal, die Schuldrechtsreform oder die Euro-Einführung ging. „Stern TV“, „WISO“, BR – Der Jurist war überall präsent. 2010 verließ er die Verbraucherzentrale, um wieder mehr in der Heimat sein zu können; zuletzt war er Geschäftsstellenleiter bei der Kreishandwerkerschaft Altötting/Mühldorf. Seine Bilanz bis zum Ausscheiden aus der Verbraucherzentrale: mehr als 600 Fernseh- und über 1000 Radioauftritte.
Diese Mischung aus Wissen und Medienerfahrung machte ihn auch für den BR attraktiv, der für seine neue Sendung „Wir in Bayern“ einen Rechtsexperten suchte. Ab 2003 beantwortete Saller in jeder Sendung für das Publikum Rechtsfragen und bis zu 80 000 Menschen sahen jedes Mal zu. Laut Saller ist es die am meisten gesehene Nachmittagssendung in Deutschland. Diesen Job gab er erst nach seiner Wahl in den Landtag auf.
Seine Kandidatur 2023 war schon sein dritter Versuch. „Bei mir klappt das immer beim dritten Mal“, sagt Saller und lacht. Denn auch für seinen Einzug in Stadtrat und Kreistag in seiner Heimat benötigte der Kreisvorsitzende der Freien Wähler drei Anläufe.
Saller sitzt im Petitionsausschuss und im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz. Damit ist er sehr zufrieden, schließlich bringt er als Anwalt und Verbraucherschutzexperte einiges an Wissen mit. Zudem ist er stellvertretender Vorsitzender des 2020 geschaffenen Normenkontrollrats, der sich dem Bürokratieabbau verschrieben hat. „Fragen Sie mich in zwei, drei Jahren, ob was dabei rausgekommen ist“, sagt Saller.
Bürokratieabbau ist ein großes Thema
Auch beim Verbraucherschutz ist Bürokratieabbau für ihn ein großes Thema. Aus seiner Sicht hat sich in den vergangenen Jahren vieles positiv für die Verbraucher*innen entwickelt. „Die Werkzeugkästen, um gegen Verstöße vorgehen zu können, sind da. Und das Schutzmaß ist heute hoch, manchmal schon zu hoch.“ In manchen Bereichen müsse man die Bürokratie eher wieder zurückfahren – Stichwort: Cookies-Fenster auf Internetseiten. Der Datenschutz sei damit eher nicht besser geworden, die Nutzung aber wesentlich erschwert worden. „Das ist kein Verbraucherschutz.“
Saller hätte eine bessere Idee: einen Resetknopf, mit dem man bei Unternehmen alle von einem gespeicherte Daten löschen könnte. „Das wäre Gold wert“, sagt er. Oft fehlt es bei den Verbraucher*innen auch einfach an Wissen, welche Rechte sie haben. Saller plädiert dafür, Verbraucherschutz schon in der Schule zu behandeln. Und der Gesetzgeber müsse verständlichere Gesetzestexte formulieren. Für das Becksche Rechtsanwalts-Handbuch, ein Standardwerk, kommentiert er Verbrauchergesetze. „Da verzweifle ich regelmäßig.“
Vorgenommen hat er sich auch, etwas für seine Heimat Altötting und Mühldorf herauszuholen. „Das sind zwei Landkreise, die immer am Rande mitlaufen.“ Mindestens genauso wichtig ist für ihn der Versuch, das Ländliche und das Städtische wieder zusammenzubringen. „Das starke Auseinanderdriften ist schlecht für Bayern. Wir müssen versuchen, wieder mehr Verständnis für den anderen mitzubringen.“ In den Ausschüssen funktioniert die Zusammenarbeit jedenfalls aus seiner Sicht hervorragend, und zwar mit allen Parteien.
Viel Freizeit gab es für ihn in den vergangenen Monaten nicht. Da er nicht wirklich mit dem Landtagseinzug gerechnet hatte, hatte er vor der Wahl noch einige Mandate angenommen und auch noch nicht komplett mit der Arbeit bei der Kreishandwerkerschaft abgeschlossen. Das galt es alles noch abzuarbeiten. „Da musste die Familie sehr zurückstecken“, sagt Saller, der drei Töchter hat – 12, 14 und 26 Jahre alt. Seine – zweite – Frau arbeitet als Dolmetscherin. Jetzt, wo die Arbeit halbwegs organisiert ist, kann Saller sie wieder sonntagmittags bekochen. Bald möchte er auch wieder die Schafkopfrunde mit Freunden einberufen. Immerhin war in den Pfingstferien Zeit für einen Familienurlaub auf Kreta.
Auch die Musik kam zuletzt zu kurz, obwohl sie ihm schon immer sehr viel bedeutet hat. Als Jugendlicher komponierte er seine eigenen Songs auf der Gitarre. Dazu spielte und sang er lange in einer Hochzeitsband. Drei Jahre lang war er auch Sänger und Gitarrist einer Blasmusikkapelle, die in vielen Bierzelten auftrat und sogar in Südafrika und Namibia.
Der FC-Bayern-Fan verfolgt natürlich auch die Fußball-Europameisterschaft, vor allem die Spiele der deutschen Nationalmannschaft. „Aber ich bin schon so oft enttäuscht worden, dass ich diesmal erwartungsfrei reingehe.“ (Thorsten Stark)
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