Landtag

Harald Schwartz ist auch Insolvenzverwalter. (Foto: Schwartz)

21.06.2019

Der Vielseitige

Im Porträt: Harald Schwartz (CSU), Vizevorsitzender des Petitionsausschusses

Harald Schwartz ist ein Mensch, der von einer gewissen Neugier angetrieben mit wachem Verstand und offenen Augen durch die Welt geht. Als Jurist erkennt er den Rahmen an, den ihm das Recht setzt, mit vermeintlich Unabänderlichem gibt er sich aber trotzdem nicht zufrieden. „Ich schaue durch die Gegend und denke mir: Muss das jetzt so sein?“, erzählt der 50-jährige CSU-Abgeordnete aus der Oberpfalz. Und dann fängt er an, Prüfanträge zu schreiben, Initiativen anzustoßen und Gedanken zu streuen. „Ich speise gerne meine Ideen in den politischen Betrieb ein und freue mich dann, wenn ein Gedanke irgendwo wieder auftaucht“, sagt Schwartz. Und sei es als Nebensatz in einer Regierungserklärung. So reklamiert Schwartz zumindest einen Teil des Urheberrechts für sich, dass es nun ein Förderprogramm für Kommunen zur Sanierung ihrer Schwimmbäder gibt.

Bei seinem Blick auf die Welt kennt Schwartz keine thematischen Grenzen. „Ich habe keine Schwerpunkte, das geht bei mir wild durcheinander“, bekennt er. Derzeit hinterfragt er, wie sinnvoll es mit Blick auf den kindlichen Biorthythmus ist, die Schule um Punkt acht Uhr in der Früh starten zu lassen. Wenn der Trend immer stärker zum Ganztag gehe und Studien belegten, dass Kinder zeitig am Tag weniger aufnahme- und leistungsfähig seien, dann müsse am starren Unterrichtsbeginn gerüttelt werden, meint Schwartz. Priorität müsse die bestmögliche Bildung für die Kinder haben, nicht die Organisation des Schulbusverkehrs. Schwartz versteht auch nicht, warum bei automobilen Antriebstechniken ideologisch über Diesel oder Elektro gestritten werde, während die ökologisch saubere Brennstoffzelle kaum eine Rolle spiele. Ganz nebenbei macht er sich noch Gedanken über die Landwirtschaft der Zukunft und das Quanten-Computing.

Fragt man Schwartz, warum er Jurist und Insolvenzverwalter geworden ist und wie es ihn in die Politik gezogen hat, nennt er jeweils spontan den „Zufall“. Im Laufe des Gesprächs werden ihm die Zufälle dann selbst etwas zu viel. Glückliche Fügungen und eine gewisse Vorhersehung mag er dann doch nicht ausschließen. „Wenn sich einem eine Chance bietet, dann muss man sie auch nutzen“, erklärt er schließlich. Es klingt ein bisschen wie die vom Parteifreund und Überzeugungsniederbayern Erwin Huber gerne auf Englisch zitierte Weisheit: „Luck is when preperation meets opportunity.“ Sie soll gar auf Seneca zurückgehen.

Die Mischung aus Zufall und Eigenantrieb zeigte sich bei Schwartz schon beim Einstieg in die Politik. Mitte der 1980er-Jahre, in der Hochphase des Kampfes um die atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf, die in der Oberpfalz keinen kalt ließ, lernte Schwartz am Gymnasium engagierte Mitschüler kennen. Diese gehörten der Jungen Union (JU) in einem Nachbarort an. Bei Schwartz zu Hause in Fensterbach gab es weder JU noch CSU, zumindest nicht organisiert. Das wollte Schwartz, damals 16, ändern. Von politischen Programmen habe er seinerzeit wenig gewusst, ihn habe mehr das Engagement gereizt. So gründete er unter Mithilfe des JU-Kreisvorsitzenden mit einem Dutzend Freunden einen Ortsverband und wurde – weil sonst keiner laut „Hier!“ schrie – gleich Vorsitzender. Inzwischen ist er auch CSU-Kreischef im Landkreis Amberg-Sulzbach.

Eher zufällig hineingerutscht ist Schwartz nach eigener Aussage dann 2002 in die dortige Landratskandidatur, die er erst in der Stichwahl knapp verloren hatte, und 2013 in den Landtag. Dorthin aber wollte er dann wirklich. „In den Landtag hat mich die Neugier getrieben“, erklärt Schwartz. Vor allem die Neugier auf die Gestaltungsmöglichkeiten in einer Regierungsfraktion.

Fernsehen? Ach nö. Lieber Serien im Internet streamen

Daneben arbeitet Schwartz weiter in der von ihm gegründeten Anwaltskanzlei in Amberg. Früh hat er sich auf die Aufgaben eines Insolvenzverwalters spezialisiert – auch da spielten Zufälle und glückliche Fügungen eine Rolle. Inzwischen hat die Kanzlei rund 100 Mitarbeiter und ist weltweit aktiv. Um beides unter einen Hut zu bringen, hat Schwartz seine Anwaltstätigkeit auf rund zehn Prozent seines früheren Pensums reduziert. Ganz aussteigen wollte er aber nie. Politische Mandate würden schließlich nur auf Zeit vergeben, da müsse er sich die Option auf Rückkehr in den Beruf offenhalten. Und lukrativ scheint der Anwaltsjob auch zu sein. Laut Landtagshandbuch gehört Schwartz zu den Spitzenverdienern unter den Abgeordneten.

Im Landtag fungiert Schwartz inzwischen als Vizevorsitzender im Petitionsausschuss. Bei der Bearbeitung der Bürgereingaben entdeckt er immer wieder Parallelen zum Job als Insolvenzverwalter. Gemein sei beiden die Kunst, das Mögliche machbar zu machen. Das Wichtigste in beiden Bereichen sei aber Fantasie. „Die Frage ist immer: Wie gelingt es, innerhalb des rechtlichen Rahmens zu Lösungen zu kommen, die für alle Beteiligten zufriedenstellend sind“, erläutert Schwartz. Als Insolvenzverwalter müsse er die Interessen des Unternehmers, der verschiedenen Gläubiger sowie der Beschäftigten ausgleichen, im Petitionsverfahren die Anliegen von Bürgern mit der Rechtsauffassung der Verwaltung oder den Ansprüchen anderer Betroffener.

Nach Einschätzung Schwartz’ sind die von Bürgern in Petitionen angegriffenen Beschlüsse der staatlichen Verwaltung „zu 99,9 Prozent rechtlich einwandfrei“. Trotzdem seien die Anliegen oft nachvollziehbar. „Wenn wir nur nach legal oder illegal bewerten würden, könnten wir uns den Petitionsausschuss sparen“, betont Schwartz. Ihn interessiere aber, „ob es nicht den dritten, vierten oder fünften Weg gibt“. Lässt sich ein Fall innerhalb des rechtlichen Rahmens anders lösen? „Man muss da eingeschliffene Denkmuster verlassen“, glaubt Schwartz. Zudem brauche es den Blick von oben auf den Sachverhalt, man dürfe sich nicht emotional hineinziehen lassen. Ein bisschen Psychologie sei neben Rechts- und Menschenkenntnis nicht von Schaden – im Petitions- genauso wenig wie im Insolvenzverfahren.

Der Privatmensch Harald Schwartz, „der ist weniger wichtig“, sagt er. Weshalb er auch privat bleiben solle. Nur so viel verrät er: In seiner knappen Freizeit lese er gerne, mit Vorliebe die Romane des Briten Terry Pratchett. Das Fernsehen meidet Schwartz als „großen Zeitfresser“, lieber streame er ausgewählte Serien auf Internetportalen – da könne man während einer Folge mal unterbrechen und später weiterschauen.

Seine weiteren Karrierechancen in der Politik beurteilt Schwartz realistisch. Zum einen sei er mit 50 in einem Alter, „in dem man noch was werden kann“, andererseits reduziere sich in einer Koalition die Zahl möglicher freier Posten. Schwartz hängt dieser Analyse einen Augenblick lang nach, dann sagt er mit beinahe spitzbübischem Lächeln: „Es gäbe schon ein, zwei politische Funktionen, die mich interessieren würden, aber ich strebe sie nicht aktiv an.“ Vielleicht klopft ja der Zufall mal wieder an Schwartz’ Tür. (Jürgen Umlauft)

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