Daniel Artmann gehört mit seinen erst 35 Jahren zu den politischen Überfliegern im Maximilianeum. Schon mit 14 Jahren war er in der Jungen Union und der CSU als Ortsvorsitzender aktiv. Seit 2014 ist er unter anderem Stadtrat in seiner Heimat Rosenheim, seit 2020 dort zusätzlich Zweiter Bürgermeister. Nebenher absolvierte er berufsbegleitend sein Wirtschaftsmanagementstudium und arbeitete in einem Beratungsunternehmen.
Das Wirtschaftsmagazin Capital zählte ihn 2022 zu den erfolgversprechendsten 40 Menschen unter 40 Jahren in der Kategorie Politik – so wie im Vorjahr die heutige Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Letztes Jahr wurde er dann mit 34 Prozent als Direktkandidat in den Landtag gewählt, wo er im wichtigen Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen sitzt. Wie immer top gestylt. Und immer im Vollgasmodus.
Ob ihm das Leben auf der Überholspur nicht hin und wieder zu viel wird? „Meine größte Schwäche ist, dass mir manchmal die Leichtigkeit fehlt“, räumt er offen ein. Geschwister und Freunde hätten sich beispielsweise immer viel Zeit zum Reisen genommen, er hingegen sei diesbezüglich wegen der Arbeit stets sehr streng mit sich gewesen. Frühes Aufstehen, das eigene Geld verdienen – das seien seine Ansprüche gewesen. So wie sein Vater, der täglich von Rosenheim zu einem Triebwerkshersteller nach Dachau pendelt.
„Vielleicht hätte ich in meinen Zwanzigern aber auch mal eine Veranstaltung sausen lassen sollen, dann wäre ich jetzt vielleicht entspannter.“ Und womöglich gesünder: Im Februar wurde bei ihm bei einer Magen-Darm-Spiegelung ein bösartiger Tumor entdeckt. Artmann entschied sich, die Krebserkrankung öffentlich zu machen.
„Die Diagnose war ein Schock, aber sie kam glücklicherweise in einem frühen Stadium“, berichtet Artmann. Daher rät er dringend zu Vorsorge. Inzwischen bremst ihn seine Frau, die im Bereich Public Affairs arbeitet, entsprechend öfter aus und zwingt ihn zu Auszeiten. „Dann nehme ich mir bewusst freie Tage für einen Ausflug mit meinen zwei Kindern in der Natur – das erdet.“
Ganz auf die Arbeit verzichten will er aber trotz der laufenden Behandlung nicht, auch um sich abzulenken. Im März hat er sogar noch einen zusätzlichen Posten übernommen: den Vorsitz des Kuratoriums der Technischen Hochschule Rosenheim. „Das ist einfach ein Herzensprojekt“, sagt er halb entschuldigend. Fachkräfte seien elementar für die Wirtschaft. Diese gelte es besonders abseits von Ballungszentren an die Region zu binden.
Ohne Wirtschaft kein Wohlstand, dieses Credo zieht sich durch alle politischen Aussagen des 35-Jährigen. Sein großes Vorbild ist seit seiner Kindheit Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) – „auch wenn seine Reden manchmal etwas holprig waren“, sagt er und lacht. Aber niemand hätte besser erklären können, wie eine Umgehungsstraße dazu führt, dass sich zuerst die Industrie und später dann internationale Großkonzerne in einer Gemeinde ansiedeln.
Die brauche man einfach, um Steuereinnahmen für die Kommunen zu generieren, um die Daseinsvorsorge und letztlich auch den Sozialstaat garantieren zu können. Leistung belohnen, aber andere dabei nicht vergessen, lautet sein politisches Leitmotto. So hätten ihn und seine zwei Geschwister auch seine Eltern erzogen. Der jüngere Bruder ist ebenfalls als CSU-Mitglied aktiv.
Noch mehr Aufgaben trotz Krebserkrankung
In der Kommunalpolitik war es für Artmann wichtig, immer ein offenes Ohr für die Menschen vor Ort zu haben. Das klingt nach einer Plattitüde, aber er meinte es ernst: Seine Handynummer stand öffentlich auf seiner Webseite. Jeder, der wollte, konnte ihn erreichen. Und das nutzten viele Menschen. „Es kamen manchmal bis zu 100 Whatsapp-Nachrichten pro Tag“, erzählt Artmann. Die Idee dazu hatte er schon in jungen Jahren, weil er nicht „so aalglatt“ werden, sondern bei Fragen oder Nachfragen erreichbar sein wollte. Das helfe auch, ein Gespür für die Probleme der Menschen zu haben. „Und wenn man gut zuhört, bekommt man in der Regel auch schon die oft unkonventionelle Lösung präsentiert.“ Erst mit dem Einzug in den Landtag verschwand die Nummer von der Webseite.
Als wichtigste Aufgabe in dieser Legislatur bezeichnet Artmann, die Zuwanderung besser zu steuern. „Das Thema spaltet unsere Gesellschaft, und wir dürfen es nicht den Rechten überlassen.“ Konkret seien dazu im aktuellen Haushalt zum Beispiel die Stellen im Bereich Polizei und Abschiebung aufgestockt worden. „Der wichtigste Unterschied zur AfD ist aber“, schiebt er ungefragt hinterher, „dass wir Zuwanderung nicht ablehnen – im Gegenteil.“ Daher soll gleichzeitig die Anerkennung von ausländischen Bildungs- und Berufsabschlüssen beschleunigt werden. Auch im Bereich erneuerbare Energien müssten unangenehme Entscheidungen getroffen werden, „weil wir sie in Zukunft brauchen“.
Reformbedarf sieht er ebenso bei der überbordenden Bürokratie, der hohen Steuerlast und beim Bürgergeld, das in seinen Augen Fehlanreize schafft.
Privat versucht der 35-Jährige, die Care-Arbeit mit Sohn (8) und Tochter (2) fair mit seiner Frau aufzuteilen. „Ich will es aber gar nicht schönreden“, sagt er offen. „Den Großteil macht meine Frau.“ Er bewundere es sehr, wie sie trotz Führung in Teilzeit alles mit großer Leichtigkeit manage. Dennoch müssten natürlich auch die Großeltern oft einspringen. Er plädiert daher dafür, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schleunigst weiter zu verbessern.
In seiner raren Freizeit steht Artmann gerne in der Küche. „Daher habe bei uns auch ich entschieden, wie sie aussieht“, sagt er nicht ohne Stolz. Wer ein Geburtstagsgeschenk für ihn braucht, muss nicht lange überlegen: „Kochkurse gehen immer“, sagt er und grinst. „Oder was zum Kochen oder Grillen.“ Überhaupt: Grillen könnte er Tag und Nacht. Seine Spezialität: Steckerlfisch.
Am Wochenende lädt er oft und gern viele Freunde ein – unter anderem seinen gleichaltrigen CSU-Landtagskollegen Konrad Baur. Ihre Frauen sind gegenseitig Trauzeuginnen. Viele könnten nicht verstehen, warum er bei seinem vollen Terminkalender auch noch am Wochenende viele Leute um sich rumhaben will. „Aber das“, betont er, „ist einfach meine absolute Leidenschaft.“ (David Lohmann)
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