Bernhard Pohl (54) ist seit 30 Jahren Mitglied bei den Freien Wählern, sitzt seit 2008 im Landtag und seit 1996 im Kaufbeurer Stadtrat. Dennoch: Wer seinen Namen nennt, weckt damit noch immer vorwiegend Assoziationen an einen Vorfall, der Jahre zurückliegt – 2015 war der Kaufbeurer Rechtsanwalt zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe sowie einer Geldbuße verurteilt worden. Grund: Pohl wurde nach einer Landtagsfeier mit 1,29 Promille am Steuer erwischt. Die Strafe fiel auch deshalb hoch aus, weil er zuvor mehrfach wegen anderer Verkehrsverstöße aufgefallen war – die aber, wie er betont, mit Alkoholmissbrauch nichts zu tun hatten.
Wie andere Politiker muss auch Pohl damit leben, dass eine Verfehlung das Image für immer prägt und frühere wie auch spätere Verdienste in den Hintergrund treten lässt. Heute bezeichnet er seine Trunkenheitsfahrt zerknirscht als „größten Fehler meines Lebens“, zeigt sich „entsetzt, dass mir so etwas passieren konnte“. Er verweist darauf, damals therapeutische Hilfe in Anspruch genommen zu haben, um sicherzustellen, dass ihm derlei nicht wieder passiert. Und betont, dass er Alkohol inzwischen nie tagsüber und vor allem dann nicht trinke, wenn er Auto fahren muss. Ob er noch immer trinkfest ist? Dazu mag Pohl lieber nichts sagen. Von der These, Politiker seien besonders gefährdet beim Thema Alkoholmissbrauch, hält er im Übrigen nichts: „Das stimmt so nicht.“
Pohls Landtagskarriere verlief turbulent. Was nicht nur mit dem Vorfall im Sommer 2015 zu tun hatte. Nachdem er 2008 in den Landtag gewählt worden war, stieg er rasch auf, avancierte bereits nach einem Jahr zum stellvertretenden Fraktionschef der Freien Wähler. „Hochinteressant“ sei das gewesen, schwärmt Pohl. Die FW waren damals neu im Landtag, „wir haben bei null angefangen“. Bereits kurz nach der Landtagswahl 2008 sah sich Landtagsneuling Pohl mit der Milliardenkrise der bayerischen Landesbank konfrontiert. Der Jurist wurde Mitglied in der Kommission zur parlamentarischen Begleitung der Krisenbewältigung bei der BayernLB sowie im Landesbank-Untersuchungsausschuss. Kollegen anderer Fraktionen schildern Pohl einerseits als umgänglich und kenntnisreich, aber auch als arrogant und profilierungssüchtig. „Der muss immerfort beweisen, dass er wichtig ist und alles weiß“, lästert ein SPD-Mann. Wahr ist, dass Pohl nicht gern drumherum redet, sondern ziemlich direkt ist. Eine Eigenschaft, „die einem das Leben nicht leichter macht“, urteilt er selbst.
Drei Mal Fraktionsvize, dreimal verlor er den Posten
Bereits ein Jahr nach Pohls Einzug in den Landtag beschloss seine Fraktion im Jahr 2009, die Stellvertreterriege im Maximilianeum außerplanmäßig neu aufzustellen. Pohl verlor seinen Posten, gewann ihn 2010 bei turnusgemäßen Neuwahlen zurück, um ihn drei Jahre später erneut zu verlieren. Im Jahr 2014 schließlich wurde er ein drittes Mal zum Fraktionsvize gekürt – er rückte nach, weil seine Kollegin Ulrike Müller ins Europaparlament gewählt worden war. Im Juli 2015 schließlich ließ er sein Amt wegen des Trunkenheitsdesasters ruhen, trat wenig später zurück. Für den ehrgeizigen Pohl ein harter Schritt. „Wenn man ein Amt abgeben muss – das ist nicht gerade das, was man sich wünscht.“ Doch er betont auch: „Wer solche Fehler macht, muss die Konsequenzen tragen.“
Die Wähler im Stimmkreis Kaufbeuren waren gnädig mit Pohl; bei der Landtagswahl im Herbst 2018 schaffte er erneut den Einzug ins Maximilianeum, konnte sein Ergebnis im Vergleich zur Wahl des Jahres 2013 sogar verbessern. Zu seinen Erfolgen im Landtag zählt Pohl seine Mitarbeit bei der Neuausrichtung der Landesbank sowie die von den FW initiierte Neuregelung bei den Straßenausbau- und Erschließungsbeiträgen (Strabs und Strebs). Letzteres führte dazu, dass Bürger beim Straßenausbau vor ihrer Haustür in vielen Fällen um etliche zehntausend Euro entlastet werden. Er habe „viele Formulierungen im entsprechenden Gesetz federführend erstellt“, sagt Pohl, der gern darauf verweist, nach seinem Jurastudium in München und Genf ein „Spitzenexamen“ abgelegt zu haben. Als Rechtsanwalt in einer vierköpfigen Kaufbeurer Kanzlei ist er spezialisiert auf die Bereiche Erbrecht, internationales Privatrecht, Grundstücksrecht sowie IT- und Urheberrecht.
Er ein rechter Hardliner? Stimmt nicht, sagt Pohl
Einen herausgehobenen Posten in der Fraktion konnte Pohl nach der zurückliegenden Landtagswahl nicht mehr ergattern. Das war umso bitterer, als die FW im Zuge der schwarz-orangen Koalition attraktive Regierungsposten zu vergeben hatten. Wenige Tage nach der Wahl 2018 hatte Pohl in einem Zeitungsinterview hoffnungsfroh erklärt, sehr erfahren und „vielfältig einsetzbar“ zu sein. Gelandet ist er zumindest im mächtigen Haushaltsausschuss.
Was er im Landtag erreichen will? Pohl bleibt vage, nennt Grundsätzliches: „Eine Kultur des Wir statt des Ich fördern.“ Ihn stimme nachdenklich, dass Menschen öfter gegen als für etwas sind – gegen Bauern, Geflüchtete, Wohlhabende. Pohl ist Verfechter eines verpflichtenden gemeinnützigen Jahres, um den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken.
Spätestens seit einer kürzlichen Landtagsdebatte, in der es um politischen Extremismus ging, muss er mit dem Vorhalt leben, ein rechter Hardliner zu sein. Stimmt nicht, kontert Pohl und betont, rechten Extremismus keineswegs zu verharmlosen – das hatte ihm die Opposition vorgeworfen. Er sei „nicht in das klassische Schema von rechts und links einzuordnen“, sagt Pohl über sich. So habe er sich in Kaufbeuren für den Bau einer umstrittenen Moschee stark gemacht oder dafür gekämpft, dass eine in die Schlagzeilen geratene Asylbewerberunterkunft in seinem Stimmkreis geschlossen wurde.
Ob er hofft, irgendwann noch Minister zu werden? Nein, beeilt sich Pohl zu versichern. Zu viel Stress: „Wenn ich sehe, was die zu leisten haben“, stöhnt er.
Dabei ist er nach eigenem Bekunden kein ausgeprägter Freizeitmensch. „Ich mache wenig Urlaub.“ Seinen letzten verbrachte er mit Lebensgefährtin Christine Degenhart – die FW-Frau ist Präsidentin der bayerischen Architektenkammer – in Ungarn. Ansonsten guckt Pohl in seiner freien Zeit gern Eishockey, joggt, liest oder kocht. Danach gefragt, was er sich als Politiker noch wünscht, antwortet Pohl: „dass Dinge gelegentlich anders anerkannt werden.“
(Waltraud Taschner)
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