Der bayerische Patienten- und Pflegebeauftragte Hermann Imhof hat sich eindringlich für eine bessere Personalausstattung in den Altenpflegeheimen des Freistaats ausgesprochen. „Ohne mehr Fachkräfte werden wir keine Verbesserungen in der Pflege bekommen und immer weiter ins personelle Abseits geraten“, erklärte der CSU-Abgeordnete bei der Vorlage seines ersten Tätigkeitsberichts vor dem Gesundheitsausschuss des Landtags. Nach über 1000 Gesprächen in den vergangenen zwei Jahren sei es für ihn Gewissheit, dass die meisten Mitarbeiter am Ende ihrer Kräfte seien. „Sie geben alles, aber sie sind außer Atem, haben kaum noch Kraft und sind mit ihrer Psyche am Ende“, sagte Imhof. Die dramatischen Schilderungen vom Alltag in den Pflegeheimen seien „nicht übertrieben“.
Imhof forderte, den Personalbemessungsschlüssel nach oben zu korrigieren und die Bezahlung der Pflegekräfte zu verbessern. „Sie sind für mich die Eliten dieser Gesellschaft“, betonte er. Ohne mehr Personal drohe in der Pflege die Stagnation und bei den Beschäftigten Resignation. Es sei ein Fehler gewesen, den Beitragssatz zur Pflegeversicherung im vergangenen Jahr nur um 0,5 Prozentpunkte zu erhöhen. Nötig wäre ein Anstieg um einen Prozentpunkt gewesen. „Würdevolles Pflegen müsste in der Politik oberste Priorität haben – auch wenn es mehr kostet“, sagte Imhof. Nötig seien ähnliche Anstrengungen wie beim Ausbau der Kinderbetreuung.
Imhof schilderte, dass bei ihm monatlich im Durchschnitt 80 Anfragen von Patienten, Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen eingingen. Neben Alltagsfragen zur Gesundheitsversorgung und Pflege erreichten ihn auch verzweifelte Hilferufe bei Auseinandersetzungen mit Ärzten, Krankenkassen oder Heimträgern. Immer wieder höre er, dass der Patientenbeauftragte nach einer langen Odyssee durch die Instanzen „die letzte Rettung“ sei. Sein Bemühen sei, innerhalb von spätestens 14 Tagen konkrete Antworten auf jede Anfrage zu geben. Das Spektrum reiche von Fragen zur Medikamentenverschreibung über das Unverständnis bei der Abweisung von Patienten durch Krankenhäuser bis hin zu vermuteten Behandlungsfehlern.
Monatlich gehen bei Imhof im Schnitt 80 Anfragen ein
Als Arbeitsschwerpunkte für die Zukunft nannte Imhof, beim Übergang von der stationären Behandlung im Krankenhaus in den Alltag, die Reha oder das Altersheim die Bruchstellen abzubauen sowie die Beratung, Betreuung und Unterstützung von Angehörigen zu verbessern. Diese litten in den Mühlen der Gesundheits- und Pflegebürokratie oft unter einem Ohnmachtsgefühl. Imhof betonte, seine Beratungstätigkeit sei „garantiert unabhängig und individuell“, er verstehe sich als Sprachrohr und Interessenvertreter von Patienten und Pflegebedürftigen.
Redner aller Fraktionen lobten Imhofs Engagement ausdrücklich. Imhof sei „ für jeden Fall und jedes Schicksal offen“, so Bernhard Seidenath (CSU). Der Grüne Ulrich Leiner ergänzte, CSU und Staatsregierung wären „gut beraten, wenn sie mehr auf den Patientenbeauftragten hören würden“. Doris Rauscher (SPD) mahnte, Imhof dürfe sich von Gesundheitsministerin Melanie Huml nicht als „Schutzschild“ missbrauchen lassen. Peter Bauer (Freie Wähler) sprach sich für ein am Elterngeld orientiertes Pflegegeld für pflegende Familienangehörige aus. Oft gäben vor allem Frauen für längere Zeit ihren Beruf auf, um Angehörige zu Hause zu pflegen. Damit schmälerten sie ihre Rentenansprüche.
(Jürgen Umlauft)
INFO: Patientenbeauftragter
Das bayerische Gesundheitswesen gilt als hochentwickelt. Dennoch gibt es immer wieder ärztliche Behandlungs- und Kunstfehler oder menschenunwürdige Zustände bei der Betreuung älterer Menschen in Pflegeheimen. Um Betroffenen gegen die Übermacht von Klinikkonzernen, Krankenversicherungen und Heimträgern zur Seite zu stehen, wurde vor zwei Jahren das Amt des Patienten- und Pflegebeauftragten der Staatsregierung eingeführt. Mit dem Nürnberger CSU-Abgeordneten Hermann Imhof erhielt den Posten ein über die Parteigrenzen hinweg anerkannter Fachmann für Sozial- und Gesundheitspolitik. Selbst in der CSU ist Imhof als kritischer und mitunter unbequemer Geist bekannt.
Der 62-jährige Betriebswirt kann in seinem Amt auf die Erfahrungen als Mitarbeiter und Funktionär in verschiedenen Sozial- und Wohlfahrtsorganisationen zurückgreifen. Neben dem Beistand für Patienten gehören zu seinen Aufgaben die bessere Vernetzung der im Gesundheits- und Pflegewesen Beteiligten sowie die Beratung der Staatsregierung. Dies gilt insbesondere für Fragen der Patientenrechte, die Qualität in der medizinischen Versorgung und die Belange von Pflegebedürftigen sowie ihren Angehörigen und der Pflegekräfte. Alle Rat- und Hilfesuchenden können sich direkt an die Dienststelle des Patienten- und Pflegebeauftragten im Gesundheitsministerium wenden. Zum seinem Servicepaket gehören auch Hilfen bei der Arzt-, Krankenhaus- und Pflegeheimsuche. (JUM)
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