Landtag

Bei der Arbeit: Marina Jakob. (Foto: BSZ)

02.02.2024

Die Auffallende

Im Porträt: Marina Jakob, umweltpolitische Sprecherin der Freie-Wähler-Fraktion

Marina Jakob (Freie Wähler) ist eine der auffallendsten neuen Landtagsabgeordneten. Zwar noch nicht politisch – die Sacharbeit im Maximilianeum hat erst begonnen. Aber optisch. Mit ihrem orangefarbenen Rollkoffer sticht sie sogleich heraus. Den hat die 35-jährige Augsburgerin nämlich immer dabei. Geschenkt hat ihr den Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler). „Als ich 2021 für den Bundestag kandidiert habe, hat er mir im Falle eines Wahlsiegs einen Koffer in Freie-Wähler-Farben versprochen“, erzählt sie. Mit dem Bundestag klappte es nicht, dafür im Herbst 2023 mit dem Landtag. Und Mehring hielt sein Versprechen.

Die beiden kennen sich schon länger, denn er war früher ihr Chef. Von 2020 bis 2023 war Jakob wissenschaftliche Mitarbeiterin im Landtagsbüro Mehring. „Er hat mich nach meiner Familienpause angerufen und gefragt: Hast du Bock?“, erinnert sich Jakob. Und sie sagte nicht nur wegen der flexiblen Arbeitszeiten in Mehrings Büro sofort zu. Mehring war es auch, der sie motivierte, für den Bundestag zu kandidieren. Obwohl die Freien Wähler damals an der Fünfprozenthürde scheiterten, verlieh Jakobs Kandidatur ihrer politischen Karriere den nötigen Schub. Seit dieser Legislaturperiode haben die beiden Schwaben eine Bürogemeinschaft in Augsburg. „Marina gehört zweifellos zu den größten Nachwuchstalenten, die es derzeit in der bayerischen Landespolitik gibt“, lobt Mehring. Auch privat könne man mit ihr sprichwörtlich Pferde stehlen.

Jakob kam 2012 zu den Freien Wählern. Da sie mit der Tochter der Freien-Wähler-Politikerin Ulrike Müller in Weihenstephan Landwirtschaft studierte, erfuhr sie von der Ausschreibung einer freien Stelle als Agrarreferentin in der Fraktion. „Bis dahin hatte ich gar nicht auf dem Schirm, dass ich auch im politischen Bereich arbeiten könnte“, erzählt die Augsburgerin. Sie bekam die Stelle – und blieb bis zur Landtagswahl 2018. Danach pausierte sie wegen der Geburt ihrer zwei Kinder (5 und 8 Jahre). 

Der Partei trat sie erst bei ihrer Bundestagskandidatur 2021 bei. „Bis dahin war es für mich als Referentin wichtig, parteineutral zu sein und nur die fachliche Ebene zu beleuchten“, erläutert sie. Schon davor sei sie aber den „Parteien der Mitte“, für sie CSU und Freie Wähler, nahegestanden. Die Landtagskandidatur kam selbst für sie überraschend, weil die Bewerber in ihrem Stimmkreis feststanden und sie nicht „dazwischengrätschen“ wollte. Doch im Nachbarstimmkreis Günzburg wurde ein junger und vor allem weiblicher Kandidat gesucht. Schnell fiel die Wahl auf Jakob. Und die sagte nach Rücksprache mit ihrer Familie zu. Zum ersten Mal als Abgeordnete den Landtag zu betreten, sei für sie wie „Heimkommen“ gewesen. 

Aufgewachsen ist Jakob in der kleinen Gemeinde Todtenweis. Das Leben auf dem Land, die Dorfgemeinschaft und der enge Kontakt zur Verwandtschaft haben sie geprägt – genauso werden ihre Kinder jetzt auch groß. Ihre Eltern waren Landwirte, gaben den Hof später jedoch auf. Jakob engagierte sich bei der Katholischen Landjugend und der Freiwilligen Feuerwehr. In der elften Klasse an einem Mädchengymnasium verließ sie die ländliche Idylle für ein Highschooljahr in den USA. „Das kann ich jedem nur empfehlen“, unterstreicht sie.

Ursprünglich wollte Jakob zur Polizei oder in die Touristik. Doch ihr damaliger Freund und heutiger Mann – er sitzt für die CSU im örtlichen Gemeinderat – hatte einen Bauernhof. Das fand sie spannend, weshalb sie sich für ein Landwirtschaftsstudium entschied. Seit 2012 ist sie Nebenerwerbslandwirtin und betreibt biologischen und konventionellen Anbau. Diese Kombination will sie als Zeichen verstanden wissen, dass es in der Landwirtschaft nicht immer nur das eine oder das andere gibt. „Beides ist wichtig.“ Bevor noch mehr Betriebe auf Bio umgestellt würden, müsse erst die Nachfrage entsprechend steigen – was momentan nicht der Fall sei. Und: „Jede konventionelle Kartoffel vom Landwirt um die Ecke ist nachhaltiger als die Biokartoffel aus Ägypten.“ 

Als umweltpolitische Sprecherin ihrer Fraktion tritt sie für mehr pragmatische Lösungen in Umwelt und Landwirtschaft ein. „Wir brauchen eine Umweltpolitik, die schützt, aber uns nicht den Zugang zu nachhaltigen Produkten versperrt.“ Also konkret: Keine Wälder stilllegen und dafür stattdessen das Holz aus dem Ausland importieren. Zusätzlich will sich die 35-Jährige im Landtag dafür einsetzen, die Landwirtschaft gegenüber dem Ausland wettbewerbsfähig zu halten, die überbordende Bürokratie abzubauen und kleine Familienbetriebe zu erhalten. Auch der Hochwasserschutz ist ihr ein Anliegen.

Jakob ist Mitglied im FCA-Fanclub des Landtags

Den jüngsten Unmut der Bäuerinnen und Bauern kann sie nachvollziehen, ein paar Mal war sie selber mit ihrem Traktor bei den Protesten dabei. Bäuerin zu sein, sei trotz der Subventionen kaum lukrativ: „Der Stundenlohn steht in keinem Verhältnis zum Arbeitsaufwand“, betont sie. 6 Euro seien oft schon viel – und das, obwohl Bauern auch Landschaftspflege fürs Allgemeinwohl betrieben. Sie kritisiert auch die öffentlich-rechtlichen Medien, die beim Thema Landwirtschaft „nicht neutral“ berichten würden.

Im Dezember hatte sie auf Facebook Neuwahlen im Bund gefordert. Doch auf Nachfrage räumt sie ein, das sei zum jetzigen Zeitpunkt falsch. Warum hat sie es dann gepostet? Da stockt die selbstbewusste Frau zum ersten Mal. Einer Abgeordneten sollte so ein unüberlegter Post eigentlich nicht passieren.

In ihrer Freizeit entspannt sich die Augsburgerin beim Radlfahren, Inlineskaten, Gärtnern oder beim Spazierengehen im Wald. „Und bei einem gemütlichen Feierabendgetränk mit Nachbarn und Freunden im Garten“, erzählt sie und grinst. Auch Fußball, genauer der FC Augsburg, liegt ihr am Herzen. Seit Januar ist sie Mitglied im fraktionsübergreifenden FCA-Fanclub des Landtags. Trotz des vollen Terminkalenders ist es ihr wichtig, sich zwei Nachmittage pro Woche für ihre Kinder freizuhalten.

Am Abgeordnetendasein gefällt ihr, dass sie den Menschen gerade im Bürgerbüro oft schnell helfen kann. Als Lebensmotto hat sie mal Schillers „Wer nichts waget, der darf nichts hoffen“ angegeben. Ob das auf höhere Ambitionen schließen lässt? Jakob lacht. Nein, das sei ihr Leitspruch für die Zeit vor der Wahl gewesen. „Jetzt muss ich mir wohl was Neues einfallen lassen.“ (David Lohmann)

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