Fast 40 Jahre: So lang ist Anne Franke bereits Mitglied bei den Grünen. Damit zählt sie zu den Urgesteinen der Partei, wenngleich ihre Landtagskarriere erst spät begann, nämlich im Jahr 2010. Franke ist mit 67 außerdem eine der ältesten Landtags-Grünen. Zwei Jahre nach Gründung der Grünen im Jahr 1980 trat die damals 28-Jährige in die Partei ein. Anlass war das Waldsterben. Sie erinnert sich, wie geschockt sie war, dachte, „da kann ich nicht einfach zuschauen“, und guckte, was die Parteien gegen dieses und weitere Ärgernisse unternahmen.
Schnell wurde sie, die jahrelang SPD gewählt hatte, bei den Grünen fündig. Wobei – einen kleinen Ausflug zu den Sozialdemokraten hatte es schon gegeben. Weil sie wissen wollte, was dort so geboten war, schaute sie beim SPD-Ortsverband in München-Neuhausen vorbei, wo sie zu der Zeit lebte. Es war ein kurzer Besuch: Als sie die Tür öffnete, schlug ihr so viel Tabakqualm entgegen, dass sie sofort kehrtmachte. „Das war’s“, entsinnt sich Franke.
Bei den Grünen dann fühlte sich die junge Frau gleich heimisch – nicht nur wegen der besseren Raumluft. Da waren zum einen die Umweltthemen, welche von den Grünen als erster Partei tatsächlich ernst genommen wurden. Und es war die Zeit der Friedensbewegung wie auch der Anti-Atomkraft-Initiativen. Von all dem fühlte Franke sich angezogen. Natürlich demonstrierte sie in Wackersdorf gegen die dort geplante Wiederaufbereitungsanlage, die dann wegen der andauernden Proteste tatsächlich gestoppt wurde von der damals allein regierenden CSU.
Zweifel an ihrer Partei? Hatte sie nie
Franke ist noch immer überzeugte AKW-Gegnerin. Dass die Kernkraftwerke zumindest befristet weiterlaufen sollen, erfüllt sie mit Grausen. Man müsse die Kernkraft „unbedingt beenden“, fordert sie, spätestens im April. „Mit uns Grünen wird es keinen Neueinstieg in die Atomkraft geben.“
Auch bei anderen Themen stimmt sie zu 100 Prozent mit gängigen Grünen-Positionen überein. Sogar die Waffenlieferungen an die Ukraine trägt die zur Zeit der Friedensbewegung sozialisierte Franke voll mit. Da gebe es „keine Wahl“, betont sie und verweist auf den „völkerrechtswidrigen Angriff“ Putins.
Zweifel an ihrer Partei? Gab es in all den Jahren nie, sagt sie. Schon erstaunlich. Tatsächlich ist sie nie als Rebellin aufgefallen, und auch sonst blieb es eher still um sie. Große Schlagzeilen hat Franke zumindest im Landtag nicht erzeugt.
Was nicht bedeutet, dass sie nicht für Dinge gekämpft hat.
Wichtig ist ihr vor allem das Thema Friedens- und Konfliktforschung. Franke stört sich daran, dass es dafür in Bayern keinen Lehrstuhl gibt. Das will sie ändern. Im vergangenen Jahr hat sie dazu ein Symposium veranstaltet. Die Universitäten hätten sich dabei offen gezeigt für das Anliegen, freut sich Franke. Als weiteres „Herzensanliegen“ nennt sie die Energiewende.
Ihre Pläne für 2023: endlich wieder mehr malen
Politisch aktiv ist Anne Franke seit ihrem Parteieintritt. Passives Mitglied zu sein war ihr immer zu wenig. Früh arbeitete die Grafikerin in der Grünen-Landesarbeitsgemeinschaft Wirtschaft mit. Im Jahr 1995 avancierte die im oberbayerischen Stockdorf lebende Mutter zweier Töchter zur Ortsvorsitzenden von Gauting, wenige Jahre später wurde sie Kreisvorsitzende, Kreisrätin und Fraktionsvorsitzende im Starnberger Kreisrat. Zwei Kandidaturen für den Bundestag und den Landtag in den Jahren 2005 und 2008 blieben erfolglos.
Erst 2010 schaffte sie als Nachrückerin den Sprung in den Landtag. Sie folgte dem legendären Sepp Daxenberger nach, der an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben war. Franke erbte damit auch Daxenbergers Sitz im Ausschuss für Landwirtschaft – ein Thema, mit dem sie bis dato keine größeren Berührungspunkte gehabt hatte. Also absolvierte sie ein zweiwöchiges Praktikum auf dem Bauernhof, half beim Melken und Füttern der Tiere.
Bei der Landtagswahl 2013 verlor Franke ihr Mandat, kehrte aber nach der für die Grünen überaus erfolgreich verlaufenen Wahl 2018 ins Parlament zurück. Inzwischen sitzt sie im Europa- und im Petitionsausschuss. Für die auch als Malerin tätige Franke wäre der Kunstausschuss nahegelegen – aber den hatte sich bereits eine Kollegin gesichert. Und Franke zählt nicht zu den Menschen, die ihre Wünsche mit ausgefahrenen Ellenbogen durchsetzen.
Mit dem Malen hatte sie schon früh begonnen. Nach ihrem Grafikstudium war Franke einige Jahre in einem Verlag und einer Werbeagentur tätig, merkte aber bald, dass ihr das Arbeiten in festen Strukturen nicht behagte. Sie kündigte ihren Job, zog für ein halbes Jahr nach Griechenland – und malte. Das lief gut, erzählt sie. Bereits mit 25 hatte sie ihre erste Ausstellung. Und für 2023 plant sie die nächste. Dann wird Franke im Ruhestand sein – sie strebt keine erneute Landtagskandidatur an. Was auch bedeutet, dass sie keinen Anspruch auf eine Abgeordnetenpension haben wird. Die bekommt nur, wer volle zwei Legislaturperioden vorweisen kann. Alle anderen erhalten eine Abfindung. Bei sechsjähriger Abgeordnetentätigkeit wären das rund 113 000 Euro, die versteuert werden müssen.
Seit ihre erwachsenen Töchter ausgezogen sind, lebt die geschiedene Franke allein. Kürzlich hat sie allerdings Gesellschaft bekommen: Eine geflüchtete Ukrainerin wohnt nun bei ihr. Auch sonst lebt Franke grüne Grundsätze, fährt Fahrrad, nutzt daheim Photovoltaik und Biogas und hat die Heizung runtergedreht – „aus Solidarität“. Konflikte: gibt’s bei ihr nur in der Kunst. Ihre neue Ausstellung befasst sich mit dem Gegensätzlichen in der Welt und trägt den bairischen Titel „Wuide Baam und brave Leit“. (Waltraud Taschner)
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