CSU: Kristan von Waldenfels (23) aus Lichtenberg im Stimmkreis Hof
Der Nachwuchsstar
Er dürfte dieser Tage einer der gefragtesten Neuzugänge im Landtag sein: Kristan von Waldenfels aus Lichtenberg bekommt derzeit Presseanrufe aus ganz Deutschland. Der 23-Jährige hat mit einem Erststimmenergebnis von fast 50 Prozent nicht nur ein Traumergebnis bei der Landtagswahl erzielt, sondern bereits im Alter von 19 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt – als jüngster Bürgermeister Bayerns. Offenbar hat er seinen Job dort gut gemacht – jedenfalls toppte er das landesweite CSU-Ergebnis bei Weitem, ebenso wie das Wahlergebnis seines Vorgängers. Alexander König (62) und bis dato Vizechef der CSU-Landtagsfraktion, hatte eigentlich vor, erneut zu kandidieren, wurde dann aber von dem Youngster Waldenfels bei der Delegiertenversammlung übertrumpft. König nahm es sportlich.
Sein Abitur absolvierte von Waldenfels im Jahr 2018 mit 1,0. Mit einem Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes studierte er zunächst Jura, wechselte dann zu Volkswirtschaft und Politologie. „Das hat mir mehr zugesagt“, erzählt der Jungpolitiker, der nach all den Höhenflügen überaus geerdet und bescheiden wirkt.
Neben seinem Landtagswahlkampf schloss er kürzlich sein Studium ab. „Das waren intensive Monate“, sagt er rückblickend, „aber ich wollte das Studium unbedingt durchziehen.“ Seine Bachelorarbeit schrieb er über die Bundestagsbeschlüsse zum Ausbau erneuerbarer Energien und deren Folgen. Und kam zum Fazit, „dass die Grünen, solange sie so ideologisch sind, unserem Land schweren Schaden zufügen“. Eine Conclusio, die in der CSU derzeit kräftig beklatscht werden dürfte.
Von Waldenfels’ Work-Life-Balance ist auch nach Abschluss des Studiums beeinträchtigt. Denn seinen Posten als ehrenamtlicher Bürgermeister der 1000-Einwohner-Kommune will er behalten.
Wieso tut er sich als junger Mensch das alles an? Andere fahren nach dem Abi ein halbes Jahr in den Urlaub. Er wolle „unbedingt Politik machen“, antwortet von Waldenfels. Um sich „für die Heimat einzusetzen“ – ohne ideologische Scheuklappen. „Die Vernunft muss regieren“, formuliert der Jungabgeordnete. Am liebsten würde er seine Vorstellungen künftig im Wirtschaftsausschuss des Landtags einbringen. Wobei sein Name bereits im Kontext der Regierungsbildung genannt wird.
Im Landtag hat von Waldenfels übrigens einen berühmten Vorvorgänger. Sein Großonkel Georg von Waldenfels (78) fungierte von 1974 bis 1996 als Hofer Abgeordneter, zuletzt war er außerdem Finanzminister. Mit dem berühmten Verwandten hat er „guten Kontakt“ und holt sich gelegentlich auch mal Rat, erzählt Waldenfels junior.
In seiner Freizeit treibt er gern Sport: Fahrradfahren, Tennis oder Basketball. Auch Geigespielen entspannt ihn – er musiziert, seit er vier ist. Das aufregende Jahr 2023 wird er im Dezember tatsächlich mit einem Urlaub krönen. Auf Wunsch seiner Freundin geht es dann nach Südafrika. (Waltraud Taschner)
Freie Wähler: Julian Preidl (28) aus Cham
Der Social-Media-Profi
Bis zum Schluss hat er gezittert, sagt Julian Preidl. Und dann stand fest: Er hat es in den Landtag geschafft. Auf Platz vier voninsgesamt vier Plätzen zog er über die oberpfälzische Liste seiner Partei in das Parlament ein – „durch die unglaubliche Unterstützung aus meinem Heimatwahlkreis“. Preidl hatte zwar in Cham den Kampf um das Direktmandat gegen Gerhard Hopp (CSU) verloren. Er erzielte aber so viele Stimmen, dass es trotz der wenigsten Zweitstimmen aller Freien Wähler aus der Oberpfalz für ein Landtagsmandat reichte.
Startschwierigkeiten dürfte der selbstbewusste Politikwissenschaftler eher nicht haben. In den vergangenen eineinhalb Jahren war er Büroleiter des Chamer Abgeordneten Robert Riedl, der nicht mehr antrat und dessen Arbeit er nun fortsetzen möchte – gerne auch im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport. Viele Papiere zur Sportpolitik habe er vorbereitet, da kenne er sich aus, sagt Preidl. Dazu möchte er eine Stimme für die ländlichen Regionen sein – er ist in seiner Heimat auch Stadt- und Kreisrat. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist ihm ebenso wichtig wie der Ausbau von Stromspeichern.
Besonders am Herzen liegt ihm eine neue Art der Kommunikation mit den Bürger*innen. „Viele fühlen sich nicht mehr abgeholt.“ Der unverheiratete Preidl hat keine Berührungsängste. In den vergangenen Wochen hat er nicht nur Haustürwahlkampf betrieben, er war zudem permanent in sozialen Netzwerken wie Tiktok aktiv und ließ auch mal die ehemaligen Nato-Türme im Bayerischen Wald für ein Wahlvideo anstrahlen. Diese erfrischende Art der Kommunikation will er fortsetzen.
Jetzt freut er sich erst einmal über die erste Zeit als Abgeordneter. „Ich habe einen Meilenstein erreicht. Den kann mir jetzt keiner mehr nehmen“, sagt Preidl. „Aber ich bin auch demütig. Es wird viel von mir erwartet.“ (Thorsten Stark)
AfD: Daniel Halemba (22) aus Würzburg
Der Jüngste überhaupt
Daniel Halemba hat seinen Wahlkampf für die AfD unter einigermaßen ungewöhnlichen Bedingungen durchgezogen: Er studiert Wirtschaftsrecht an der Fernuni Hagen, fungiert seit zwei Jahren als Textilunternehmer und hat ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung am Hals. Letzteres nennt Halemba einen Akt der „Willkür“, mit dem Ziel, der AfD und vor allem seiner Kandidatur zu schaden. Halemba spricht von einer drastischen Aktion: Mitte September hätten 50 vermummte Polizeikräfte das Gebäude der Burschenschaft Teutonia Prag gestürmt, deren Mitglied er ist. Die Polizei habe die Anwesenden gefesselt und mit Schusswaffen bedroht. Belastendes Material sei nicht gefunden worden.
Noch genießt Halemba keine parlamentarische Immunität; diese greift erst, wenn sich der Landtag – am 30. Oktober – konstituiert hat.
Der unverheiratete und kinderlose Halemba stammt aus einer konservativ geprägten Spätaussiedlerfamilie aus Oberschlesien. Im Alter von drei Jahren kam er zusammen mit seinen Eltern nach Baden-Württemberg, später nach Unterfranken, wo er seitdem lebt.
Sein Studium will er unbedingt abschließen, es fehlen noch zwei Semester zum Bachelor of Laws. Aber, sagt Halemba, das Tempo müsse er jetzt halt „verlangsamen“.
Im Landtag würde er sich am liebsten um die Bildungspolitik kümmern. Hier sieht er mit Blick auf die „unkontrollierte Massenmigration“ Handlungsbedarf. Er beklagt gewaltsame Übergriffe von migrantischen Jugendlichen gegenüber weiblichen Lehrkräften. Und moniert, dass die oft mangelhaften Sprachkenntnisse von Kindern mit Migrationshintergrund den Unterricht erschwerten. Als fremdenfeindlich will er sich nicht bezeichnen lassen. Ihm gehe es nur darum, die „unhaltbaren“ Zustände zu beenden, sagt Halemba.
In seiner knappen Freizeit entspannt sich der 22-Jährige am liebsten beim Sport, Kraftsport vor allem. Dass sein Landtagsdasein als AfD-Mann kein Spaziergang wird, ist ihm klar. Ungeliebt zu sein und im Fokus der Kritik zu stehen, „das muss man als AfDler aushalten“. (Waltraud Taschner)
Grüne: Julia Post (33) aus München
Die Frauenrechtlerin
Durch ihren guten Listenplatz war Julia Post recht optimistisch, dass es mit dem Einzug in den Landtag klappt. Nach dem enttäuschenden Wahlergebnis der Grünen begann sie aber doch zu zittern und aktualisierte am Dienstag regelmäßig die Seite der neu gewählten Abgeordneten – bis endlich ihr Name erschien.
Die gebürtige Würmtalerin ist seit 2015 Mitglied der Grünen, 2000 wurde sie in den Stadtrat gewählt. Warum sie nach nur drei Jahren in den Landtag wollte? „Ich habe gemerkt, dass die Erfolge unserer Politik immer am Stadtrand enden.“
Zur Politik kam die gelernte Hotelfachfrau und Politikwissenschaftlerin durch ihr Unternehmen „Coffee to go again“, mit dem sie der Pappbecherflut den Kampf angesagt hat. „Irgendwann wollte ich nicht mehr nur politisch Verantwortliche überzeugen, sondern die Politik selbst aktiv mitgestalten“, erzählt sie.
Im Landtag will sie sich entsprechend neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien für nachhaltiges Wirtschaften, eine bessere Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lieferketten einsetzen. Auch die Stärkung von Frauen in der Wirtschaft ist ihr ein Herzensanliegen. Zum einen durch mehr Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen, zum anderen durch mehr Investments in weibliche Start-ups. Post ist seit 2019 Vorstandsmitglied des deutschen Social Entrepreneurship Netzwerks. „Männer bekommen neunmal mehr Kapital als Frauen“, kritisiert sie. Wenn es sich die 33-Jährige aussuchen könnte, würde sie am liebsten wirtschaftspolitische Sprecherin ihrer Fraktion werden.
Die nächsten Tage verbringt Post damit, nach einem Büro und Mitarbeiter*innen zu suchen. Und sich einzuarbeiten. Am Samstag wird aber erst mal gefeiert. Angestoßen wird nicht nur auf den erfolgreichen Wahlkampf ihres Teams, sondern auch auf ihren Geburtstag. Post wird 34. (David Lohmann)
SPD: Anna Rasehorn (32) aus Augsburg
Die Soziale
Die Augsburgerin Anna Rasehorn hatte mit dem Kapitel Landtag schon abgeschlossen. Magere 7 Prozent hat die SPD am vergangenen Sonntag in Schwaben geholt, das reichte nur für zwei Mandate – und Rasehorn stand auf Platz fünf der Liste. Die Wähler*innen gaben ihr aber fast 14 500 Stimmen. Damit überholte Rasehorn drei besser gelistete SPD-Leute, darunter den vor Ort viel bekannteren SPD-Fraktionschef im Augsburger Stadtrat, und zieht nun als jüngste SPD-Abgeordnete in den neuen Landtag ein.
Die 32-jährige Altenpflegehelferin ist schon seit neun Jahren im Augsburger Stadtrat aktiv, vor allem in den Bereichen Soziales und Jugendhilfe. Hier merkte sie, dass dafür viele Weichen im Landtag gestellt würden, und hat sich zur Kandidatur entschlossen. Für den Wechsel in den Landtag muss die Mutter eines kleinen Buben nun auf die Schnelle ihr Leben neu organisieren: vom Teilzeitjob in einem Augsburger Seniorenzentrum zur Vollzeitaufgabe als Abgeordnete. Ohne die Unterstützung ihres Mannes, der als Anwalt seine Arbeitszeit reduzieren und mehr Homeoffice machen will, und ohne die Hilfe der Großeltern wäre das nicht zu schaffen, sagt Rasehorn.
Im Landtag würde sie ihrer Ausbildung entsprechend gern im Gesundheits- und Pflegeausschuss mitarbeiten. Dort würde sie sich für bessere Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung der Pflegekräfte einsetzen. Um den Bezug zur Praxis zu behalten, plant Rasehorn, an ein paar Tagen im Monat weiter als Altenpflegehelferin zu arbeiten. Dafür muss sie aber ihr Jurastudium vorerst auf Eis legen.
In ihrer Freizeit geht Rasehorn gern im Allgäu wandern, zudem unterstützt sie ihren Lieblingsverein, den FC Augsburg. Weil der traditionell eher gegen den Abstieg kämpft, braucht es dafür eine gewisse Leidensfähigkeit. Die wird ihr auch beim Engagement für die gebeutelte SPD helfen. Immerhin, sagt die junge Abgeordnete, ließen sich beide, der FCA und die SPD, nicht unterkriegen. Das mache sie stolz. (Jürgen Umlauft)
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