Sie bestellt sich erstmal einen Cappuccino – ohne Koffein. „Fastenzeit“, erklärt Jenny Schack. Mit ihrem katholischen Glauben habe das aber nichts zu tun, sagt die CSU-Abgeordnete aus dem schwäbischen Günzburg. „Es ist ein guter Anlass zu schauen, was man exzessiv nutzt.“ In ihrem Fall ist das also Koffein. Bis Ostern will sie darauf verzichten – und es ist ihr zuzutrauen, dass ihr das auch gelingen wird. Denn die 42-Jährige liebt offenkundig Herausforderungen.
Als Jugendliche spielte sie exzessiv Hockey und schaffte es bis in die Landesauswahl. Und nach einem Auslandsaufenthalt in den USA zog sie als 16-Jährige von zu Hause aus. „Ich wollte mir nach dem Jahr in den USA nicht mehr vorschreiben lassen, dass ich um zehn zu Hause sein soll.“ Fortan arbeitete sie, um sich ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Zunächst während der Schulzeit, dann neben dem Journalistik-Studium in Eichstätt. „Ich habe nichts geschenkt bekommen“, sagt Schack.
Gerade hat sie ihre Ausbildung zur Klimaschutzmanagerin abgeschlossen, die sie nebenher absolvierte. Zusätzlich nimmt sie an einem Jagdkurs teil – natürlich mit der bekanntermaßen schwierigen Jagdprüfung am Ende. „Wenn wir uns selbst nicht challengen, können wir nicht verstehen, was andere denken“, glaubt sie.
Sie nahm 2022 auch die Herausforderung an, als Kandidatin im Stimmkreis Günzburg anzutreten, der über Jahrzehnte von Alfred Sauter vertreten worden war – bis der CSU-Politiker über eine Maskenaffäre stolperte und in der Partei zur Persona non grata wurde. „Das hat den Kreisverband erschüttert“, sagt Schack. Eine parteipolitisch völlig unbeleckte Frau – erst zur Kandidatur trat sie in die CSU ein – schien da genau die Richtige zu sein. Und tatsächlich wurde sie in den Landtag gewählt.
Als Politikneuling will sie sich aber nicht bezeichnen lassen. „Ich war immer schon politisch.“ Schon in der ersten Klasse habe sie Zeitungsseiten mit Nachrichten gebastelt, erzählt Schack. Aufgewachsen ist sie in Thüringen, als Teil einer katholischen Familie. Ihre Mutter durfte wegen des Glaubens nicht studieren, was sie wollte. Zur Wende war Schack sieben Jahre alt.
Nach dem Journalistikstudium absolvierte Schack ein Volontariat beim Bayerischen Rundfunk. Anschließend baute sie das neugeschaffene BR-Regionalstudio Günzburg und Neu-Ulm auf, das sie dann mehrere Jahre leitete, bis sie schließlich die Leitung der neuen Presse-Stabstelle im Landratsamt Günzburg übernahm. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk liegt mir sehr am Herzen“, sagt Schack. Trotzdem will sie nicht verhehlen, dass sie einigen Reformbedarf sieht. Schlankere Strukturen gehören für sie ebenso dazu wie ein stärkeres Gespür für Themen.
Sie erinnert sich an ein Treffen mit ehemaligen Absolvent*innen des Journalistikstudiengangs in Eichstätt im vergangenen Jahr – viele davon beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. „Zutiefst irritierende Gespräche“ habe sie da geführt, erzählt Schack. Eine Ex-Kommilitonin habe etwa stolz berichtet, dass sie gerade einen Beitrag über eine Person mit einer Geschlechtsumwandlung produziert habe. Sicher ein wichtiges Thema – für die direkt Betroffenen, sagt Schack. „Aber wir haben doch gerade größere Probleme, die man darstellen sollte.“
Rudern als Ausgleich
Ihre erste Plenarrede zum Thema ÖRR hat sie schon hinter sich. Allerdings schnitt ihr Landtagspräsidentin Ilse Aigner das Wort ab, bevor sie ihre Schlussworte sprechen konnte – die Zeit war abgelaufen. „Ich hatte die Zwischenrufe nicht miteingerechnet“, sagt Schack.
Ansonsten hat sie sich im Landtag gut eingelebt. Mit einem hat sie auch nicht gerechnet: „wie kollegial es zugeht.“ Auch in ihrer eigenen Fraktion habe sie deutlich mehr Egoismen erwartet. Ihre Ansprüche hat sie aber gleich klar formuliert: Als sie gefragt wurde, welche Ausschüsse sie bevorzugen würde, nannte sie den Haushalts- und den Wirtschaftsausschuss – beides wichtige Gremien, die eher mit erfahrenen beziehungsweise verdienten Abgeordneten besetzt werden. Dieses Selbstbewusstsein kam nicht überall gut an. „Das ist ein Generationending“, sagt Schack. Auch andere junge Neulinge seien ähnlich selbstbewusst aufgetreten, was manche langgediente Fraktionsmitglieder irritiert habe.
Tatsächlich ergatterte sie einen Sitz im Wirtschaftsausschuss. Außerdem wurde ihr der Ausschuss für den öffentlichen Dienst zugeteilt. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt Schack. „Sehr familiär“ empfindet sie die Arbeit im Ausschuss öffentlicher Dienst. Und im Wirtschaftsausschuss kann sie den Themen nachgehen, die sie schon länger interessieren: Energiepolitik, Digitalisierung, Stärkung des ländlichen Raums und Wirtschaft. Für ihre Heimat startete sie schon eine Initiative, die auch Günzburg zur Wasserstoff-Region machen soll. Dazu macht sie sich für die Ausbildung von medizinischen Fachkräften aus dem Ausland stark. „Ich mag es, Fäden und Menschen zusammenzuführen“, sagt die Politikerin.
Zum Abschalten schaut sie daheim ausgerechnet Politiksendungen. In einem Raum steht ein Rudergerät. Während des Ruderns sind Wassergeräusche zu hören. „Dann mache ich die Augen zu, das ist unglaublich entspannend.“ Viel Zeit zur Entspannung bleibt aber auch zu Hause nicht. Die Politikerin hat zwei Töchter, die eine ist sieben, die andere elf Jahre alt. Ihr Mann arbeitet als Arzt. Ohne Au-Pair wäre das alles nicht zu stemmen, räumt Schack ein.
Dass sie als Mutter von zwei Kindern in den Landtag einziehen wolle, habe sie sich im Wahlkampf auch öfter anhören müssen. „Es hat mich erschüttert, was Leute, ohne mich zu kennen, über mich geäußert haben“, sagt Schack. Ein Mann, so stellt sie fest, hätte sich das wohl nicht anhören müssen. (Thorsten Stark)
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