Als Frau zur Polizei gehen: Inzwischen ist das ganz normal. In den 1990er-Jahren dagegen war das, man glaubt es kaum, ziemlich anders. Christiane Feichtmeier (51), die im Oktober für die SPD in den Landtag gewählt wurde, war in Bayern eine der ersten Frauen, die bei der Schutzpolizei arbeiteten. „Das war damals ein reiner Männerberuf“, berichtet sie. Die CSU wollte es so. Feichtmeier erinnert sich an einen Spruch von CSU-Legende Franz Josef Strauß, der gesagt haben soll, er wolle „keine Flintenweiber“ auf der Straße haben – sprich: keine bewaffneten Polizistinnen.
Ihre Berufswahl hatte nicht nur, aber auch damit zu tun, dass ihr Vater ebenfalls Polizist war. „Ich hab mir das einfach eingebildet“, erzählt die Abgeordnete. Und so begann sie nach dem Realschulabschluss im Alter von 17 Jahren eine dreijährige Ausbildung im Polizeivollzugsdienst. Schon die Ausbildungszeit war eine Herausforderung. Die fand bei der Bereitschaftspolizei in Eichstätt statt – in deren Unterkünften die junge Frau aus dem Landkreis Berchtesgaden auch wohnte. „Empfindlich durfte man nicht sein“, entsinnt sie sich. Die Herren waren nicht daran gewöhnt, mit Kolleginnen klarzukommen. Doch Feichtmeier kämpfte sich durch.
Ihren ersten großen Einsatz hatte sie 1992 beim Weltwirtschaftsgipfel in München. Die Verpflegungsstation für die Polizeikräfte war in der Operntiefgarage an der Münchner Maximilianstraße eingerichtet worden – da konnte man sich auf Feldbetten ausruhen. Das Essen war eher spartanisch: Dosenwurst, solche Sachen.
Nach der Ausbildung kam sie nach München, durchlief dort verschiedene Stationen, unter anderem tat sie Dienst bei der Polizeiinspektion 13 in Schwabing. Trotz aller Probleme – es gab damals beispielsweise noch keine spezielle Schutzkleidung für Frauen – liebte sie ihren Job: „Mir hat’s echt überall gefallen“, schwärmt sie. „Wir waren ein Team, eine Familie.“
Zur SPD kam sie erst viel später, nämlich 2013. Doch war sie seit ihrem Eintritt bei der Polizei bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) aktiv. Ab dem Jahr 2000 fungierte sie als Personalrätin. „Als Gewerkschafterin fühlte ich mich da verpflichtet“, sagt Feichtmeier.
Zu tun gab es genug: Weil auch die Personalräte damals noch männerdominiert waren, kümmerte man sich im Personalrat nur um deren Probleme. Mutterschutz, frauentaugliche Kleidung oder sexuelle Belästigung wurden nicht thematisiert. Und das wollte Feichtmeier ändern. Dass es persönlich angepasste Schutzwesten für die Polizei gibt, sagt Feichtmeier, „haben die Personalräte erkämpft“.
Von 2008 bis 2010 absolvierte sie den Aufstieg in den gehobenen Dienst. Danach war sie bei der Kriminalpolizei tätig und beim polizeilichen Staatsschutz, der unter anderem für Links- und Rechtsextremismus zuständig ist.
Als beim Hauptpersonalrat der Polizei, der im Innenministerium angesiedelt ist, eine Stelle frei war, bewarb sie sich – und wurde genommen. Von 2016 bis 2019 fungierte sie dort als freigestellte Personalrätin, war für die Polizei in ganz Bayern zuständig. In diesem Gremium war sie erstaunlicherweise die einzige Frau – im 21. Jahrhundert! Schön fand sie das nicht. „Ich hatte nie Schützenhilfe von anderen Frauen.“
Als einzige Frau im Innenausschuss
Aber das Einzelkämpferinnentum kannte sie ja schon. Sie hätte beim Hauptpersonalrat gern mehr erreicht; doch nach drei Jahren dort schied sie aus. Im Innenministerium blieb sie aber als Sachbearbeiterin noch bis kurz vor ihrer Wahl in den Landtag, kümmerte sich unter anderem ums Thema Arbeitssschutz.
Über Innenminister Joachim Herrmann (CSU) lässt sie übrigens nix kommen: „Für die Polizei macht er wahnsinnig viel“, lobt Feichtmeier. Wobei – „es könnten ruhig noch mehr Polizeistellen sein“, schiebt sie nach.
Frauensolidarität ist ein großes Thema für die SPD-Frau. So staunt die neue Abgeordnete darüber, wie die Posten in ihrer eigenen Landtagsfraktion verteilt sind. Denn von den 17 SPD-Abgeordneten sind zehn weiblich. Eine Relation, die sich zum Beispiel im Vorstand nicht entsprechend abbildet. Sie hofft, ihre Kolleginnen bei diversen Frauenanliegen zu gewinnen. Zum Beispiel für die gendergerechte Sprache. Diese fand bislang in der SPD-Fraktion keine Mehrheit, weshalb in Anträgen und Ähnlichem eben nicht gegendert wird. Feichtmeier sagt: „Wir müssen in Frauenangelegenheiten mutiger werden.“ So auch beim Thema Gewalt gegen Frauen.
Für ihre Fraktion sitzt die ehemalige Polizistin im Innenausschuss – auch dort als einzige Frau. Ihr Herzensanliegen als Innenpolitikerin ist es, die Bedingungen für die freiwilligen Feuerwehren in Bayern zu verbessern. Denn im ländlichen Raum, erklärt Feichtmeier, „gibt es keine Berufsfeuerwehr“, nur Freiwillige. Die freiwillige Feuerwehr kämpft fast überall mit Nachwuchssorgen, dazu kommen Probleme mit nötigen Sanierungen der Feuerwehrhäuser. Die neuen Feuerwehrautos seien inzwischen so groß, dass sie nicht mehr in die vorhandenen Häuser passten, sagt Feichtmeier. Und auch ein neues Auto muss sich eine Kommune leisten können. Die roten Gefährte kosteten bis zu einer Million Euro.
Dass sie in den Landtag wollte, wusste sie schon früh. Ihre Parteikarriere begann im Münchner Bezirksausschuss. Nach ihrem Umzug ins nahe gelegene Starnberg wurde sie dort Kreisrätin. Eine erste Landtagskandidatur 2018 misslang, jetzt hat es geklappt.
Mit ihrem Mann, einem Handelsvertreter für Fertighäuser, ist sie seit zwei Jahren verheiratet. Feichtmeier war lange alleinstehend; sie wollte selbstständig sein. Das ist ihr immer noch wichtig. Den Mietvertrag, betont sie, „haben wir beide unterschrieben“, darauf legte sie Wert.
Wenn sie mal frei hat, werkelt Feichtmeier gern in ihrem Garten rum. „Ich bin ein Naturmensch.“ Auch etwas Sport steht regelmäßig auf dem Programm: Kraftttraining, zweimal pro Woche. Als ehemalige Polizistin will sie ja fit sein. Außerdem muss sie Gummibärchen und Schokolade abtrainieren. Süßigkeiten, stöhnt Feichtmeier, seien leider ihre große Leidenschaft. (Waltraud Taschner)
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