Landtag

Zukunftsmarkt Iran: Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner bei der Eröffnung der vbw-Repräsentanz in Teheran. (Foto: BSZ)

10.06.2016

Iran, China und Russland im Fokus

Bayerns Exportwirtschaft boomt – der Opposition sind die neuen Ausbaukonzepte aber nicht nachhaltig genug

Auf den ersten Blick scheint die bayerische Außenwirtschaftspolitik aufzugehen: Im Vergleich zu 1995 konnte das Exportvolumen um 122 auf rund 180 Milliarden Euro gesteigert werden. „Das entspricht einer Steigerung von 200 Prozent“, rechnete der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Franz Josef Pschierer im Europaausschuss des Landtags vor. Jeder vierte Arbeitsplatz im Freistaat sei vom Export abhängig – in der Industrie sogar jeder zweite. „Wir unterstützen daher nicht die Global Player, sondern den bayerischen Mittelstand“, betonte Pschierer. Doch die Moral bleibt dabei auf der Strecke, befürchtet die Opposition.

Um die Exportwirtschaft weiter zu unterstützen, setzt das Ressort von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) neben den Delegationsreisen mit je einem Vertreter der Opposition auf zwei Instrumente: erstens das bundesweit größte Netzwerk von 25 Auslandsrepräsentanzen, das sich von Argentinien bis Vietnam erstreckt. Die deutschsprachigen Ansprechpartner vor Ort helfen bei der Erschließung neuer Märkte und werben für den Standort Bayern. Da viele Konzepte laut Pschierer „aus den Neunzigerjahren“ stammen, sollen sie zukünftig stärker zu Kompetenzzentren in den Bereichen Forschung, Entwicklung und berufliche Bildung ausgebaut werden.

Hohe Rendite, niedrige Moral

Zweiter wichtiger Punkt ist das Messebeteiligungsprogramm (siehe Infokasten). Aufgrund der Messeorganisation durch die vom Wirtschaftsministerium gegründete Gesellschaft „Bayern International“ werde die Erschließung neuer Märkte leicht gemacht, versicherte Pschierer: „Befragungen zeigen, dass zehn Prozent unserer Aussteller zum ersten Mal an einer Messe im Ausland teilnehmen und sich 80 Prozent der Aussteller ohne das Messeprogramm nicht auf der Messe präsentiert hätten.“ Der Staatssekretär hofft daher auf zusätzliche Finanzmittel im nächsten Doppelhaushalt.

Die Märkte der Zukunft sieht Pschierer vor allem im Iran, wo bei der Infrastruktur ein großer Nachholbedarf bestehe, in China, wo bereits die dritte bayerische Repräsentanz eröffnet und in Russland. Pschierer hofft im Sommer auf ein Ende des Handelsembargos, das die Europäische Union wegen der unrechtmäßigen Eingliederung der ukrainischen Krim in die Russische Föderation erlassen hat. Außerdem stünden Israel, Mexiko, Brasilien, die Golfstaaten, der arabische Raum und die Türkei im Fokus – „auch wenn auch da die Geopolitik durchschlägt“. Gemeint sind die jüngsten Unstimmigkeiten zwischen Ankara und Berlin.

In der anschließenden Aussprache lobte die Opposition zwar die Stärkung der bayerischen Wirtschaft. Was Hans Ulrich Pfaffmann (SPD) allerdings fehlte, war die Frage der Nachhaltigkeit: „Bayern sollte nicht nur auf eine hohe Rendite schauen, sondern den Ländern helfen, sich selbst zu stabilisieren.“ Pschierer versprach, das Thema sehr ernst zu nehmen.

Christine Kamm (Grüne) forderte, Wirtschaftsbeziehungen nicht ohne Blick auf die politische Gesamtlage aufzubauen. „Katar hat zum Beispiel im großen Umfang durch den Staat den so genannten Islamischen Staat gefördert und finanziert“, kritisierte die Abgeordnete. Erst so sei es zur aktuellen Situation in Libyen gekommen. „Dort werden wir keine Auslandsrepräsentanz eröffnen“, sicherte Pschierer Kamm zu.

Hans Jürgen Fahn (Freie Wähler) prangerte mit Blick auf die Fluchtursachenbekämpfung an, dass es auf dem ganzen afrikanischen Kontinent nur eine einzige Auslandsrepräsentanz gibt – in Südafrika. Bei der Erschließung neuer Zielmärkte sei das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit Industrie und Wirtschaft „nicht immer ganz zielsicher“, räumte Pschierer ein. Er nehme Zentralafrika jedoch gerne noch mal in den Fokus. „Aktuell ist Afrika ein vergessener Kontinent“, sagte Pschierer offenherzig. „Das tut mir selbst in der Seele weh.“ (David Lohmann)

INFO: Messebeteiligungsprogramm

Die Gesellschaft Bayern International unter dem Vorsitzenden Franz Josef Pschierer wurde 1996 gegründet. Damit will der Freistaat den bayerischen Mittelstand und die bayerische Exportwirtschaft unterstützen. Die rund 50 Mitarbeiter helfen Firmen dabei, auf Auslandsmessen oder Unternehmerreisen dabei zu sein.

Der schlüsselfertige bayerische Gemeinschaftsstand für die rund 60 Messen pro Jahr in mehr als 30 Ländern, die meisten davon in Asien, wird für die Firmen ebenfalls von Bayern International organisiert. Dazu gehören Ausstattung, Messeplatzierung, Networking, Werbemaßnahmen, Dolmetscherservice und die Betreuung vor Ort mit eigener Lounge. Die Teilnahme wird vom bayerischen Wirtschaftsministerium und vom Auslandsmesseprogramm des Bundes finanziell gefördert.

Der Fokus liegt dabei auf den Branchen Bauwirtschaft, Biotechnologie, Hotel, Gastronomie und Food, Industrietechnologien, Kultur- und Kreativwirtschaft, Maschinen- und Anlagebau, Medien und Digitalwirtschaft, Medizintechnik sowie Umwelt und Energie.

Bayern Innovativ bietet etablierten Firmen, Existenzgründern und wissenschaftlichen Einrichtungen aus Bayern auf Messen im In- und Ausland daneben die Gelegenheit, mit Gemeinschaftsständen innovative Produkte und Verfahren vorzustellen.

Bayern Handwerk International (BHI) wiederum bietet zahlreiche vom Freistaat geförderte Gemeinschaftsbeteiligungen speziell für Handwerksunternehmen auf europäischen Messen in wichtigen Branchen. Alle Infos unter www.bayern-international.de/messen (LOH)

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