Das Bayerische Gleichstellungsgesetz von 1996 ist in die Jahre gekommen. Im Ausschuss öffentlicher Dienst wurde bei einer Anhörung über die Novellierung diskutiert. Fachleute fordern mehr Verbindlichkeiten, weil fast ein Drittel der Behörden die Gleichstellungskonzepte ignoriert.
Ministerialrätin Friederike Engert aus dem Innenministerium nannte den Gesetzentwurf im Ausschuss öffentlicher Dienst „sehr gelungen“. Besonders wichtig sei neben der Entbürokratisierung und Digitalisierung die Fokussierung auf das „benachteiligte Geschlecht“ – insbesondere in Führungspositionen. Noch immer gebe es zu wenig Männer in Kitas und Schulen, sie würden bei den Bewertungen von Teilzeitkräften auch schlechter als Frauen abschneiden.
Das Vorhaben, den Blick auf das unterrepräsentierte Geschlecht zu legen, lobte auch Reinhard Grepmair vom Bayerischen Bezirkstag. Da Stellen nur sukzessive neu besetzt werden können, dauere es aber zehn, 20 Jahre, bis das Ziel der Gleichstellung erreicht sei. „Durch das Gesetz von 1996 wurde der Gedanke aber in den Köpfen verankert“, erklärte er. Seitdem habe sich in den Kommunalverwaltungen viel getan. Allein in den Bezirken und bezirklichen Kliniken sei die Zahl der Frauen in Leitungspositionen zwischen 2013 und 2023 um 30 Prozent auf 50 Prozent gestiegen.
Personaldezernentin Julia Uckelmann von der Universität Münster nannte den Entwurf „ausgewogen und zukunftsweisend“. Sie hob das Mediationsverfahren hervor. „Das ist ein guter Weg, um einen Kompromiss zu finden, wenn es mal zu Konflikten kommt“, sagte Uckelmann. Die Erweiterung des Gesetzes auf das dritte Geschlecht hielt sie nicht für nötig, da dies im Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes auch nicht erwähnt wird.
Rainer Nachtigall, Vorsitzender des Bayerischen Beamtenbunds, bezeichnete das Gleichstellungsgesetz von 1996 als „Meilenstein“. Seitdem gebe es auch viel weniger Probleme bei der gerechten Beurteilung von Frauen, Bestellungen und Beförderungen. „Gleichwohl ist es gut, wenn wir das Gesetz für die Zukunft weiterentwickeln.“ Auch bei der Polizei sei zwar der Frauenanteil gestiegen, aber in Spezialbereichen seien sie immer noch unterrepräsentiert. Ähnlich verhalte es sich im Schulbereich bei den Männern. Der Freistaat Bayern habe hier eine Vorreiterrolle.
"29 Prozent der Dienststellen haben keine Gleichstellungskonzepte geschrieben und 14,5 Prozent keine Gleichstellungsbeauftragten ernannt, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind“
Zur Eile mahnte der Gleichstellungsbeauftragte, Veterinärdirektor Michael Knabel aus dem Umweltministerium. „Wir sind in Bayern mittlerweile Schlusslicht, was die Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes angeht“, kritisierte er. Solang das Gesetz keine Sanktionen vorsehe, komme die Gleichstellung nicht voran. „29 Prozent der Dienststellen haben keine Gleichstellungskonzepte geschrieben und 14,5 Prozent keine Gleichstellungsbeauftragten ernannt, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind.“ Das gehe seit Jahrzehnten so, obwohl alles in den Gleichstellungsberichten stehe. Auch das dritte Geschlecht sollte im Gesetz berücksichtigt werden.
Hedwig Schouten, die Frauenbeauftragte der Stadt Nürnberg und Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der Bayerischen Gleichstellungsstellen, begrüßte zwar, dass es im neuen Entwurf mehr Verbindlichkeiten geben soll. Aber es fehle weiterhin an angemessenen Ressourcen, Freistellungen, Beteiligungsrechten, Entscheidungsbefugnissen und Eingruppierungen. Handlungsbedarf sah sie auch bei der Frage, wann bei einem Auswahlverfahren Gleichstellungsbeauftragte einbezogen werden sollen. Bisher ist das nur auf Antrag möglich. Schouten fordert, dass die Gleichstellungsbeauftragten das selbst entscheiden können.
In der anschließenden Aussprache erklärte ÖD-Chef Martin Brunnhuber (Freie Wähler), dass es zwar einige Punkte gebe, die man noch überdenken müsse. „Vor allem bei den staatlichen Strukturen in den Ministerien und in den kommunalen Strukturen vor Ort gibt es Unterschiede bei den Anforderungsprofilen für Gleichstellungsbeauftragte.“ Aber insgesamt sei man auf einem guten Weg. Nach der Evaluation könne der Gesetzgeber ja noch nachjustieren.
ÖD-Vizechef Alfred Grob (CSU) hob besonders die Entbürokratisierung durch das neue Gleichstellungsgesetz hervor. Die digitale und standardisierte Erhebung des Gleichstellungsberichts komme „dem Zeitgeist und den Erfordernissen der Kassenlage entgegen“. Er verspricht sich davon auch neue Impulse, wo Verbesserungsbedarf besteht. Die Freistellung von Gleichstellungsbeauftragten müsse durch die Kommunen vor Ort geregelt werden, nicht durch das Gesetz.
Julia Post (Grüne) war zufrieden, dass das Gleichstellungsgesetz nach so vielen Jahren endlich novelliert wird. Sie warb jedoch dafür, den Geltungsbereich auch auf staatliche Unternehmen auszuweiten und den Fokus nicht nur auf Führungspositionen zu legen. „Karrieren fangen nicht auf Führungsebene an“, sagte Post. „Um entsprechenden Nachwuchs zu generieren, muss bei der Gleichberechtigung viel früher angesetzt werden.“
Simone Strohmayr (SPD) sah im Gesetzentwurf ebenfalls „gute Ansätze“. Sie kritisierte allerdings, dass Gleichstellung durch Ausgliederung aus den Dienststellen leicht zu umgehen sei und Gleichstellungsbeauftragte durch schlechte Arbeitsbedingungen in den jeweiligen Behörden lahmgelegt werden könnten. „Solang Freistellung und Bezahlung nicht im Gesetz stehen, bleibt das Papier ein zahnloser Tiger.“ (David Lohmann)
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