Landtag

Markus Söder auf dem Münchner Schlosskanal. (Foto: dpa)

03.03.2017

Opposition beklagt fehlende Waffengleichheit

Die Ausgaben für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Staatsregierung sind seit 2011 kontinuierlich gestiegen

Finanzminister Markus Söder in einer Gondel auf dem Nymphenburger Schlosskanal, Innenminister Joachim Herrmann in Motorradkluft auf der Sternfahrt nach Kulmbach, Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (alle CSU) beim Wandern auf dem Heigelkopf: Die Freien Wähler kritisieren die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Staatsregierung. „Die Kommunikation scheint immer mehr der persönlichen Selbstdarstellung von Ministern und Staatssekretären zu dienen“, klagt deren medienpolitischer Sprecher Michael Piazolo.

Ziel von Regierungskommunikation sollte es laut Piazolo sein, die Bevölkerung umfassend, sachlich und wahrheitsgemäß über das eigene Handeln zu informieren. „Stattdessen bekommen wir vom Kabinett Seehofer jede Menge Show und wenig konkrete Inhalte vorgesetzt“, kritisiert Piazolo. Zudem gebe es keine „Waffengleichheit“ zwischen Regierung und Opposition – letzterer stände ein viel kleineres Budget für ihre Pressearbeit zur Verfügung.

Tatsächlich gibt die Staatsregierung für ihre Presse- und Öffentlichkeitsarbeit immer mehr Geld aus, wie eine Anfrage von Piazolos Fraktionskollegen Florian Streibl an die Staatskanzlei ergab. Ein Blick auf die letzten fünf Jahre zeigt: Seit 2011 sind die Ausgaben für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit kontinuierlich gestiegen. Von 8,8 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 11,5 Millionen Euro im Jahr 2015. Mit 9,8 Millionen Euro gab das Umwelt- und Verbraucherschutzministerium in den letzten fünf Jahren am meisten Geld dafür aus. Danach folgt mit 8,6 Millionen Euro die Staatskanzlei, auf Platz drei mit 6,6 Millionen Euro das Kultus- und Wissenschaftsministerium. Sparsam zeigten sich das Justizministerium mit 1,8 Millionen Euro und das Gesundheits- und Pflegeministerium mit 1,6 Millionen Euro – letzteres wurde allerdings auch erst im Jahr 2013 errichtet. Die größten Einzelaufträge an eine Fremdfirma vergab die Staatskanzlei: 1,4 Millionen Euro für die Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des G7-Gipfels.

Insgesamt über 54 Vollzeitstel-lenäquivalente kümmerten sich 2015 in den Ministerien um die Pressearbeit. Hinzu kommen im Schnitt 9,83 Mitarbeiter in der Pressestelle der Staatskanzlei. Um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern sich 63 Vollzeitstellenäquivalente – hier sticht mit 12,5 Stellen vor allem das Umwelt- und Verbraucherschutzministerium hervor. Hinter der „Internetpräsenz“ verbergen sich die Mitarbeiter für die Internet- und Social-Media-Betreuung. Dafür arbeiten bei der Staatsregierung zusammen über 18 Personen – davon allein 7,54 bei der Staatskanzlei. Viele Ministerien haben für das Internet noch keine eigene Organisationseinheit.

Die Staatsregierung findet an den Zahlen und Fotoaktionen nichts Anrüchiges. „Ein Heimatministerium muss auch in der Heimat präsent sein“, heißt es aus dem Ressort von Heimatminister Söder. Ob im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auch Personen beschäftigt sind, die zuvor in Lobbyorganisationen beschäftigt waren, kann die Staatsregierung nicht sagen. „Mangels einer verbindlichen Definition und Zuordenbarkeit des Begriffs“, heißt es in der Antwort der Staatskanzlei, „sind hierzu keine Meldungen möglich.“

Dem Abgeordneten Streibl ist das zu viel Geld für „Staats-PR“. Im Gespräch mit der BSZ fordert er aus Effizienzgründen, die verschiedenen Abteilungen zusammenzulegen. Zumindest aber hoffen die Freien Wähler auf eine Art freiwillige finanzielle Selbstbeschränkung der Staatsregierung bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – gerade in den Wahljahren. Weil Vertrauen gut, Kontrolle aber besser ist, haben die Freien Wähler jetzt eine Interpellation (siehe Info) mit rund 240 Fragen erstellt. Darin verlangen sie Auskunft über die Pressearbeit, Ehrungen, Auszeichnungen, Kongresse und andere Veranstaltungen der Ministerien. Mit einer Antwort wird allerdings nicht vor Ende des Jahres gerechnet. (David Lohmann)

INFO: Kontrollrecht der Abgeordneten
Da der Landtag nicht nur Gesetzgeber, sondern auch Kontrollorgan der Staatsregierung beziehungsweise Verwaltung ist, stehen den Abgeordneten Frage- und Informationsrechte zu.

Anfragen zum Plenum: Jeder Landtagsabgeordnete kann in der Vollversammlung kurze Fragen an die Staatsregierung stellen, die sofort beantwortet werden müssen.

Schriftliche Anfragen: Umfangreichere Fragen müssen schriftlich gestellt und von der Staatsregierung in vier Wochen schriftlich beantwortet werden.

Interpellationen: Dabei handelt es sich um eine große Anfrage an die Staatsregierung über besonders wichtige Angelegenheiten. Sie kann von einer Fraktion oder mindestens 20 Abgeordneten eingebracht werden. Auf Antrag muss sie im Plenum oder im zuständigen Ausschuss behandelt werden.

Aktuelle Stunde: Dabei wird in der Vollversammlung über ein von den Fraktionen abwechselnd bestimmtes Thema mit aktuellem Bezug und in der Zuständigkeit des Landes gesprochen.

Parlamentsbeteiligungsgesetz: Dabei verpflichtet sich die Staatsregierung, den Landtag frühzeitig über Gesetzesvorhaben, Staatsverträge, Bundesratsangelegenheiten oder Angelegenheiten der Europäischen Union zu informieren.

Anträge: Abgeordnete und Fraktionen können Anträge und Änderungsanträge stellen. Wenn es schnell gehen muss, sind auch Dringlichkeitsanträge möglich, über die beschleunigt entschieden wird. (loh)

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