In Bayern soll die unberechtigte Speicherung von Bürgerdaten im Kriminalaktennachweis (KAN) der Polizei noch in diesem Jahr abgestellt werden. Auf entsprechende Maßnahmen haben sich Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer und Bayerns Datenschutzbeauftragter Thomas Petri verständigt. Die Fraktionen reagierten erfreut auf die Einigung von Polizei und Datenschützer.
Im Innenausschuss lobte Petri die Polizeispitze. Schließlich hätten er und seine Vorgänger schon seit über 20 Jahren auf Fälle rechtswidriger Datenspeicherung hingewiesen. „Sollte alles so umgesetzt werden, wäre das bundesweit das erste Modell zur Fehlerbeseitigung im KAN“, sagte Petri.
Im bayerischen KAN sind derzeit rund 1,6 Millionen Personendaten gespeichert. Aufgenommen werden sie, wenn gegen eine Person der Verdacht einer Straftat besteht. Sobald dieser aber ausgeräumt ist oder sich als falsch erwiesen hat, müsste der Eintrag von der Polizei gelöscht werden. In Einzelfällen erfolgt dies jedoch nicht, so dass Bürger – oft ohne es zu wissen – noch über Jahre als mögliche Straftäter in den Akten geführt werden. Petri geht nach einer stichprobenartigen Überprüfung des KAN davon aus, dass mehrere 1000 Personen betroffen sein könnten. Seine Behörde erhalte pro Jahr rund 100 Beschwerden von betroffenen Bürgern, in etwa einem Drittel davon fordere er die Polizei dann zur Löschung auf.
In den Datenschutzberichten der vergangenen Jahre finden sich regelmäßig zum Teil skurrile Fälle. Da ist die 14-Jährige, die mit einem Edding-Stift an eine Kirchenmauer gekritzelt hat und das später gegenüber dem Pfarrer gebeichtet sowie die Schmierereien beseitigt hat. Trotzdem wurde sie wegen Sachbeschädigung im KAN gespeichert. In einem anderen Fall leitete die Polizei den Vermerk über eine vermeintliche Drogenkurierin an die Fahrerlaubnisbehörde weiter, obwohl da längst klar war, dass die Frau Opfer einer Adressfälschung gewesen war.
Behördlicher Schlendrian
Hinter der unberechtigten Speicherung steckte laut Petri zumeist keine böse Absicht, sondern behördlicher Schlendrian. Zum einen komme die Staatsanwaltschaft mitunter nicht ihrer Pflicht nach, der Polizei den Wegfall eines Tatverdachts und die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens mitzuteilen, zum anderen lasse die Polizei bei Personen mit „Restverdacht“ die Daten oft länger als erlaubt in den Akten. Auch komme es vor, dass die Polizei noch einmal in die Fallprüfung einsteige, obwohl die Staatsanwaltschaft als Herrin des Verfahrens den Tatverdacht für ausgeräumt halte.
Mit Schmidbauer habe er nun vereinbart, dass die Richtlinien für die Speicherung von Personendaten im KAN bis zum Herbst so präzisiert werden, dass unberechtigte Speichervorgänge für die Zukunft weitgehend ausgeschlossen werden könnten, erläuterte Petri. Bei Restverdacht soll eine standardisierte Wiedervorlage dafür sorgen, dass Daten nicht mehr unbegrenzt im KAN bleiben. Zudem habe das Justizministerium zugesichert, die Staatsanwälte an die korrekte Mitteilungspflicht gegenüber der Polizei bei Verfahrenseinstellungen zu erinnern. Mit diesen Maßnahmen ließen sich wohl die meisten Fehlspeicherungen vermeiden, meinte Petri.
Die Fraktionen begrüßten die Einigung zwischen Polizeispitze und Datenschutzbeauftragten. Auf Antrag der SPD soll das Innenministerium im Herbst über die Umsetzung der Maßnahmen berichten. Der SPD-Abgeordnete Peter Paul Gantzer erklärte, die Fälle rechtswidriger Speicherung von Bürgerdaten im KAN ziehe sich „wie ein roter Faden durch die Datenschutzberichte der letzten 20 Jahre“. Es sei höchste Zeit, dass hier für Abhilfe gesorgt werde. Manfred Ländner (CSU) sagte, bei über einer Million gespeicherter Daten könne es immer zu Fehlern kommen. Aufgabe der Politik sei es, für eine Optimierung des Systems und die Minimierung der Fehler zu sorgen. „Niemand hat Interesse an einer Speicheritis“, betonte Ländner.
Für die Grünen erklärte Katharina Schulze, keiner wolle die Abschaffung des KAN, da dieser für die polizeiliche Präventions- und Ermittlungsarbeit von großer Bedeutung sei. Umso wichtiger sei es, dass die Speicherung der Daten den Rechtsvorschriften entspreche. Es müsse die rasche Löschung von Bürgerdaten gewährleistet sein, für die es keine Speicherberechtigung gebe. Nach Einschätzung von Joachim Hanisch (Freie Wähler) werden im KAN „zu viele Daten gespeichert und das auch noch zu lang“. Nötig sei eine Regelung, die die Vorgänge übersichtlicher mache und die unberechtigte Speicherung von Daten ausschließe. (Jürgen Umlauft)
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