Landtag

Will die Leitlinien zur Unterbringung reformieren: Justizminister Georg Eisenreich (CSU). (Foto: dpa/Kneffel)

28.02.2025

Viel Kritik, aber keine Rücktrittsforderung

Der Landtag diskutierte Konsequenzen aus dem Skandal in der JVA Gablingen

Folter- und Misshandlungsvorwürfe gegen die Justizvollzugsanstalt im schwäbischen Gablingen haben vergangenes Jahr für Aufsehen gesorgt. Straf- und disziplinarrechtliche Ermittlungen laufen. Auf der Grundlage eines Antragspakets der Grünen beschäftigte sich nun der Landtag mit möglichen Konsequenzen.

Nach einer hitzigen Debatte im Landtagsplenum sind die Grünen mit einem Antragspaket zu Änderungen im bayerischen Strafvollzug gescheitert. Auslöser waren die im vergangenen Jahr erhobenen Foltervorwürfe gegen die Justizvollzugsanstalt (JVA) Augsburg-Gablingen. In drastischen Worten berichtete der Grünen-Rechtspolitiker Toni Schuberl über „Prügelorgien“ gegen Gefangene und den Zwang, in besonders gesicherten Hafträumen (bgH) nackt auf dem Boden zu schlafen. Schuberl verglich die Zustände mit dem von den USA betriebenen Foltergefängnis Guantanamo auf Kuba und machte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) dafür politisch verantwortlich. „Es ist Ihr Saustall, Herr Söder, misten Sie ihn endlich aus“, rief Schuberl.

Um Vorfälle wie in Gablingen künftig zu verhindern, hatten die Grünen acht Anträge eingebracht. Darin forderten sie unter anderem, alle Sicherungsmaßnahmen für Gefangene auf den Prüfstand zu stellen, die Verlegung in bgH generell einem Richtervorbehalt zu unterwerfen, die Unterbringung dort besser zu dokumentieren und die Aufsicht über die JVA auch durch unangekündigte Kontrollen durch das Justizministerium zu intensivieren. Zudem müsse der Schutz der Privatsphäre auch in den bgH besser gewahrt werden. „Man muss in bayerischen Gefängnissen zum Kacken gehen können, ohne dass es live, in Farbe und unverpixelt ins Stationszimmer übertragen wird“, formulierte Schuberl. Ergänzend verlangte er eine bessere psychologische und psychiatrische Betreuung suizidgefährdeter Gefangener.

"Man muss in bayerischen Gefängnissen zum Kacken gehen können, ohne dass es live, in Farbe und unverpixelt ins Stationszimmer übertragen wird"

„Einigermaßen fassungslos“ reagierte Petra Guttenberger (CSU) auf die Ausführungen Schuberls. Ihm gehe es erkennbar nicht um Aufklärung der Vorgänge in Gablingen oder Verbesserungen im Justizvollzug, sondern darum, „Angst und Schrecken zu schüren, zu skandalisieren und vorzuverurteilen“. So habe Schuberl unterschlagen, dass staatsanwaltschaftlich und disziplinarrechtlich gegen die mutmaßlich an den Übergriffen beteiligten JVA-Bediensteten ermittelt werde und dass Justizminister Georg Eisenreich (CSU) unverzüglich nach Bekanntwerden zahlreiche Maßnahmen ergriffen habe, um solche Vorgänge künftig zu verhindern. Guttenberger stellte sich hinter die Beschäftigten in den bayerischen Gefängnissen, die wegen der Vorfälle in Gablingen nicht unter Generalverdacht gestellt werden dürften. Schließlich verwies sie auf die von Eisenreich eingerichtete unabhängige Expertenkommission, die die Leitlinien zur Unterbringung in bgH weiterentwickeln soll.

Als „schweren Schlag“ für das Vertrauen in die JVA bewertete Rene Dierkes (AfD) die Gablinger Vorgänge. Die Vorschläge der Grünen hielt er aber für unangebracht, weil sie zu einem „Kuschelvollzug“ führten. „Ordnung und Sicherheit muss in den bayerischen Gefängnissen oberste Priorität haben“, sagte er. Ungeachtet dessen müssten die Vorgänge in Gablingen aufgearbeitet und nötige Konsequenzen gezogen werden. Alexander Hold (Freie Wähler) rügte Schuberl scharf. „Es ist eine Schande für einen Demokraten, bayerische Justizvollzugsanstalten mit dem Internierungslager Guantanamo zu vergleichen, wo systematisch gefoltert wurde“, sagte er. Als „zivilisatorischen Kulturbruch“ bezeichnete Horst Arnold (SPD) die Vorgänge in Gablingen. Sie seien auch Folge eines „hocharroganten Umgangs“ der Justizverwaltung mit Beschwerden. Eisenreich hätte viel früher auf bekannte Missstände reagieren müssen. Die SPD stimme den Anträgen der Grünen zu, weil diese der fachlichen Begleitung des notwendigen Reformprozesses dienten.

Eisenreich nannte die gegen die JVA Gablingen erhobenen Vorwürfe „erschütternd“. Er habe deshalb eine rückhaltlose Aufklärung angeordnet. „Es ist mir wichtig, dass hier nichts beschönigt wird“, betonte er. (Jürgen Umlauft)

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