Landtag

Der neu konstituierte Landtag bestimmt zu Beginn der fünfjährigen Legislaturperiode neben den 22 berufsrichterlichen Mitgliedern nach dem Verhältniswahlrecht 15 weitere nichtberufsrichterliche und ihre Vizes. (Foto: dpa/Matthias Balk)

12.01.2024

Viele offene Fragen

Sollen AfD-Kandidaten an den bayerischen Verfassungsgerichtshof gewählt werden? Im Landtag gibt es darüber Streit

Normalerweise ist die Wahl der ehrenamtlichen Verfassungsrichter*innen in Bayern reine Formsache. Der neu konstituierte Landtag bestimmt zu Beginn der fünfjährigen Legislaturperiode neben den 22 berufsrichterlichen Mitgliedern nach dem Verhältniswahlrecht 15 weitere nichtberufsrichterliche und ihre Vizes. Sie sollen ein Spiegelbild des parteipolitischen Kräfteverhältnisses im Landtag darstellen. So war es auch noch vor fünf Jahren. Doch jetzt gibt es Streit. Der Grund: die AfD – weil sie bundesweit unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht.

Eigentlich sollte die Wahl der ehrenamtlichen Richterschaft am 15. Dezember 2023 im Maximilianeum stattfinden. Gewählt werden können Personen ohne Mandat über 40 Jahre, die eine „Befähigung zum Richteramt“ haben oder aus der universitären Rechtswissenschaft stammen. Doch dieses Mal wurde die Ernennung verschoben – offiziell aus Zeitgründen. In Wirklichkeit waren wohl viele Abgeordnete überrascht vom heftigen Widerstand gegen eine mögliche Wiederwahl der von der AfD vorgeschlagenen Kandidaten Rüdiger Imgart und Wolfram Schubert beziehungsweise ihrer Stellvertreterin und ihres Stellvertreters.

Dabei hätte man spätestens nach der Abstimmung im Sommer 2021 in Baden-Württemberg gewarnt sein müssen. Weil sich die Mehrheit im dortigen Landtag enthielt, wurde ein Kandidat der AfD-Fraktion zum ehrenamtlichen Richter an den Landesverfassungsgerichtshof gewählt. Bei AfD-Kandidaten „sagt man ,Nein’. Immer“, twitterte anschließend der heutige Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Und der CDU-Europapolitiker Dennis Radtke ergänzte: „Wenn Nazis Spiele spielen, dann erwarte ich von jedem, dass er den Rücken gerade macht.“ 

"Bei AfD-Kandidaten sagt man ,Nein’. Immer."

Tatsächlich wurde der bayerische AfD-Kandidat Imgart während der Corona-Proteste in Berlin bei jenen Demonstrierenden gesichtet, die den Reichstag stürmen wollten. Dabei entscheiden Verfassungsrichter über die Gültigkeit der Wahl, den Verlust des Mandats oder über Verfassungsstreitigkeiten. Sanktionen oder eine Abberufung ist im Verfassungsgerichtshofgesetz wegen der richterlichen Unabhängigkeit allerdings nicht vorgesehen. Warum er vor fünf Jahren dennoch ohne Zögern gewählt wurde? Wer im Landtag nachfragt, erhält immer dieselbe Antwort: Vor Corona habe man noch geglaubt, dass die AfD-Kandidaten „nicht so schlimm“ seien. 

Als Nachholtermin für die Wahl ist die Plenarsitzung am 24. Januar angesetzt. Grüne und SPD lehnen die Wahl der AfD-Kandidaten ab. „Ich weiß nicht, wie jemand die Verfassung schützen soll, wenn er selbst nicht hinter der Verfassung steht“, sagt SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Simone Strohmayr. Auch die Grünen sehen „keine Verfassungstauglichkeit“. CSU und Freie Wähler sind noch unentschlossen. Wie entschieden wird, „wird sich voraussichtlich erst kurz vor oder sogar erst in der Plenarsitzung ergeben“, heißt es aus dem Landtagsamt. Was mit den Sitzen passiert, wenn die AfD-Kandidaten nicht gewählt werden, ist derzeit ungeklärt. (David Lohmann)

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