Landtag

Das neue Gesetz erlaubt das Anbringen von Photovoltaikanlagen auch auf denkmalgeschützten Gebäuden. (Foto: dpa/Robert Michael)

16.06.2023

Windräder und Solaranlagen trotz Denkmalschutz

Der Landtag verabschiedet ein neues Gesetz, das Raubgräbertum bekämpfen und die Energiewende voranbringen soll

Der Landtag hat mit breiter Mehrheit das neue bayerische Denkmalschutzgesetz verabschiedet. Lediglich die AfD lehnte die Novelle bei der Schlussabstimmung ab, die SPD enthielt sich der Stimme. Das neue Gesetz erleichtert die Errichtung von Photovoltaikanlagen und Windrädern an oder in der Nähe von Bau- und Bodendenkmälern, führt ein landesweites Schatzregal zur Bekämpfung des Raubgräbertums ein und präzisiert die Besitz- und Entschädigungsregeln bei archäologischen Funden. „50 Jahre nach Einführung des ersten Denkmalschutzgesetzes ist Bayern mit der Novelle wieder Vorreiter in Deutschland“, erklärte Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU).

Im Einzelnen erlaubt das neue Gesetz das Anbringen von Photovoltaikanlagen auch auf denkmalgeschützten Gebäuden. Voraussetzung dafür ist die Denkmalverträglichkeit des Projekts und dessen denkmalgerechte Einpassung in das Gesamtensemble einer Kommune. Die Energieerzeugung soll dabei überwiegend dem Bedarf im Denkmal und der in ihm lebenden Personen dienen. Die Mehrkosten für die denkmalverträgliche Anbringung von Anlagen sowie für die energetische Sanierung denkmalgeschützter Gebäude sind gesondert förderfähig. Der Bau von Windrädern in der Nähe von Denkmälern wird grundsätzlich erlaubt, besondere Genehmigungsverfahren sind nur bei „besonders landschaftsprägenden Denkmälern“ erforderlich.

Mit der Einführung des Schatzregals geht das Eigentum an Bodendenkmälern künftig mit Entdeckung auf den Freistaat über. Redliche Entdecker*innen erhalten eine Belohnung, Grundstückseigentümer einen Ausgleich. Um den Verbleib von Funden in der Region zu ermöglichen, überträgt der Freistaat das Eigentum auf die Fundortgemeinde, sofern es dort fachgerechte Lagerungs- und Archivierungsmöglichkeiten gibt. Auf eingetragenen Bodendenkmälern wird Sondengehen grundsätzlich untersagt. Berechtigte Ausnahmen davon durch professionelle Archäolog*innen sind auf Antrag möglich. Um die Rechtssicherheit zu erhöhen, wird eine Regelung zur Kostentragung für Ausgrabungen und Dokumentation bei archäologischen Grabungen aufgenommen. Das ist nach Angaben des Wissenschaftsministeriums vor allem bei großen Infrastrukturprojekten von Bedeutung.

Der CSU-Abgeordnete Helmut Radlmeier begrüßte die Zusammenführung von Denkmal- und Klimaschutz. Dabei werde gewährleistet, dass das Erscheinungsbild eines denkmalgeschützten Bereichs nicht gestört werde. „Denkmäler müssen in ihrem Charakter und in ihrer Wirkung erhalten bleiben“, betonte Radlmeier. Mit der Einführung des Schatzregals und dem Verbot des Sondengehens werde das illegale Raubgräbertum unterbunden. Durch den automatischen Übergang von Funden auf den Freistaat werde zudem verhindert, dass Raubgräber weiter Miteigentümer an Funden würden. „Wer nach Recht und Gesetz handelt, wird belohnt“, begrüßte Radlmeier die neuen Entschädigungsregeln.

Die AfD sorgt sich um das kulturelle Erbe Bayerns

Als positiv bewertete Sabine Weigand (Grüne) die Einführung des Schatzregals. Damit werde endlich Raubgräbertum wirksam bekämpft und dem Verlust von Artefakten und wissenschaftlicher Erkenntnis gegengesteuert. Erfreulich sei auch die Zulassung von Anlagen erneuerbarer Energien. Hier vermisste Weigand allerdings klare Regeln und besser ausgestattete Fördertöpfe. Kritisch benannte Weigand die schlechte Personalausstattung in den Denkmalschutzbehörden, sodass weiterhin der Verlust von Baudenkmälern drohe. Größter Mangel des Gesetzes sei jedoch, dass das 1994 abgeschaffte Dissensverfahren ausgesetzt bleibe. Damit dürften Kommunen weiterhin auch gegen die Expertise des Landesamts für Denkmalpflege geschützte Gebäude abreißen.

Ins gleich Horn stieß Volkmar Halbleib (SPD). Mit dem Verzicht auf das Dissensverfahren funktioniere die „Allianz zum Schutz von Denkmälern“ nicht, sagte er. Der Denkmalschutz müsse überhaupt einen höheren Stellenwert bekommen. Bayernweit seien mehr als 3000 Baudenkmäler vom Verfall bedroht, Personal und Fördermittel müssten aufgestockt werden. Wie Halbleib stellte auch Wolfgang Heubisch (FDP) fest, dass Denkmalschutz und Energieversorgung künftig zusammengedacht werden müssten. Dass dafür nun schlanke Regeln eingeführt würden, sei begrüßenswert, so Heubisch. Ohne praller gefüllte Fördertöpfe werde die Umsetzung aber schwierig.

Klar gegen das neue Gesetz sprach sich Ulrich Singer (AfD) aus. Dieses gefährde und vernachlässige das kulturelle Erbe Bayerns. „Der Klimakult wird in inakzeptabler Weise über den Denkmalschutz gestellt“, sagte Singer. Zudem zerstöre die energetische Sanierung historische Substanz ohne großen Nutzen. Die Einführung des Schatzregals und das Verbot von Sondengängen lehnte Singer ab, weil dadurch anständige Hobbyarchäologen ausgegrenzt würden.

Blume erklärte dagegen, mit dem neuen Gesetz verbinde Bayern Heimat und Hightech. Die Mittel für den Denkmalschutz seien heuer um 5 Millionen Euro aufgestockt worden. Das Dissensverfahren ist laut Blume nicht endgültig vom Tisch, es müsse aber unbürokratisch aufgestellt werden. Kerstin Radler (Freie Wähler) erklärte, Denkmalschutz dürfe „unsere Heimat nicht zum Freilandmuseum machen“. Deshalb sei eine Weiterentwicklung des Gesetzes erforderlich gewesen. Zwischen den Belangen des Denkmalschutzes und der Energiewende bestehe nun eine „ausgewogene Balance“. (Jürgen Umlauft)

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