Leben in Bayern

Jürgen Meggle in seinem Riley Racing MPH, gebaut 1933. (Foto: Tobias Lill)

08.06.2018

"Ab Tempo 120 wird es ungemütlich"

Im Freistaat sind immer mehr historische Autos auf den Straßen unterwegs – auch der Münchner Jürgen Meggle liebt Oldtimer

Die Zahl der Oldtimer stieg im Freistaat in nur fünf Jahren um 69 Prozent an. Auch der Münchner Jürgen Meggle ist ein Fan historischer Automobile – sein Riley von 1933 hat stolze 100 PS unter der Haube. Gerade präsentierte er sein Gefährt auf Süddeutschlands größtem Oldtimer-Treffen und einer dreitägigen Rallye durch Oberbayern.

Es dauert nur einen kurzen Moment, dann hat alles wieder seine Ordnung. Akkurat wischt Jürgen Meggle den kleinen Dreckfleck von der Motorhaube – und schon glänzt der Stolz des Oldtimer-Fans wieder in der Sonne. Es ist dem blauen Riley MPH Special nicht anzusehen, dass er bereits 1933 vom Stapel ging. Weltweit gibt es nur eine überschaubare Zahl dieser schicken Flitzer längst vergangener Tage. „Das war damals ein Rennwagen. Unter der Haube schlummern 100 PS“, sagt Meggle stolz.
Der Wagen kann auf 160 Kilometer in der Stunde beschleunigen. „Aber über Tempo 120 macht es ehrlich gesagt keinen wirklichen Spaß, damit zu fahren.“ Da werde es schlicht ungemütlich, berichtet der 54-jährige Münchner. Er fährt seit 2005 auch Oldtimer-Touren.

Gurte sind in Oldtimern nicht vorgeschrieben

Meggle hat den Wagen vor elf Jahren in vielen Einzelteilen gekauft. In Hunderten Stunden Tüftelarbeit hat er es dann innerhalb von gut drei Jahren tatsächlich geschafft, dass das Auto so aussieht wie früher. Allerdings hatte bereits der erste Besitzer den Wagen von einem Viersitzer in einen Roadster mit zwei Sitzen umbauen lassen. Doch vieles an dem Wagen ist Meggle zufolge exakt so wie im Jahr 1933. Manche Dinge, die es in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg nicht gab, wie etwa ein Warnblinker, gehören aber auch für Oldtimer zur Pflichtausstattung. Gurte schreibt der Gesetzgeber bei diesem Baujahr dagegen nicht vor. Aber gefährlicher als Motorradfahren sei sein Hobby auch nicht, sagt Meggle.

Diese Einschätzung scheinen immer mehr Bayern zu teilen. Auf den Straßen im Freistaat nimmt die Zahl der Oldtimer stark zu. Zum Jahresbeginn waren im Freistaat 88 324 Fahrzeuge mit Historien-Kennzeichen zugelassen. Das sind laut Kraftfahrtbundesamt gut 9000 Fahrzeuge und damit 11,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zu Anfang 2013 (52 222) stieg die Zahl sogar um 69 Prozent in nur fünf Jahren.

Mit Uralt-Motor durch die Umweltzone: kein Problem

Das „H“ am Ende des Kfz-Kennzeichens dürfen nur Fahrzeuge führen, die als „historisches Kulturgut“ gelten. Auch müssen die Fahrzeuge älter als drei Jahrzehnte sein. Für den Halter kann das „H“-Kennzeichen Vorteile bei der Versicherung und dem Kfz-Steuersatz bringen. Sie können beispielsweise auch mit Uralt-Motoren durch Umweltzonen fahren. So wird die Steuer für Oldtimer nicht nach Abgaswert und Hubraum berechnet, sondern beträgt pauschal 192 Euro pro Jahr.

Doch der Unterhalt gerade von älteren Oldtimern ist nicht billig. Ersatzteile gibt es oft nur bei speziellen Werkstätten. Und Meggle muss mit seinem Kultauto regelmäßig zum TÜV. Was ihn sein Sammlerobjekt gekostet hat, will Meggle nicht in der Zeitung lesen. Klar ist: Bei den Preisen, die Sammler für Oldtimer bezahlen, gibt es eine große Bandbreite. „Einen alten 3er-BMW kann man mitunter schon für 5000 Euro erwerben. Nach oben aber gibt es fast keine Grenze: Ein Bugatti ging kürzlich für 16 Millionen Euro weg“, erzählt Meggle.

An Fronleichnam konnte ein breites Publikum den Wagen des 54-Jährigen im Rahmen des vom ADAC Südbayern veranstalteten Maxlrainer Oldie Feeling bestaunen. Beim größten Oldtimer-Treffen Süddeutschlands waren laut Autoclub über 15 000 Besucher nach Maxlrain bei Bad Aibling gekommen. Oldtimer-Begeisterte aus einer Vielzahl von Ländern präsentierten vor der herrlichen Schlosskulisse bei strahlendem Sonnenschein über 3000 historische Karossen.

„Das Publikum war gut gemischt. Es kamen auch viele Familien aus der Region“, freute sich Fritz Schadeck, Sportleiter des ADAC Südbayern. Besucher konnten unter anderem mehrere zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts gefertigte Automobile bestaunen. Vor allem jedoch waren spätere Jahrgänge zu sehen: Andreas Hahn und Bettina Lotter aus Neubiberg bei München etwa zeigten ihren 1967 gefertigten Trabant 601. Historische Rennautos sowie Motorräder drehten für die Zuschauer ihre Runden.

Am späten Mittag startete dann in Maxlrain die ADAC Bavaria Historic. Drei Tage dauerte die Oldtimer-Tour durch das Voralpenland. „Damit auch ganz alte und wenig stark motorisierte Fahrzeuge die Strecke gut bewältigen können, wurde vor drei Jahren das Konzept geändert – hin zu einer touristischen Ausfahrt mit Gleichmäßigkeitsprüfungen“, sagte Schadeck. Der Teilnehmer mit dem ältesten Wagen war Meggle. Als Beifahrerin unterstützte ihn seine Frau Anja.

Mit seinem „Riley Racing Team“ wollte er bei der Oldtimer-Rallye aber „nicht nur Spaß haben, sondern auch gewinnen“, wie er sagt. Ein Rennen im klassischen Sinne ist eine solche Oldtimer-Tour aber nicht. Es geht nicht darum, wer als Erster ins Ziel kommt – die Fahrer müssen bestimmte Kriterien erfüllen, etwa exakt den vorgegebenen Weg fahren und eine bestimmte Sollzeit für jeden Abschnitt nicht überschreiten. Es gilt die Straßenverkehrsordnung. Meggle belegte am Ende den 2. Platz.

Der Münchner ist schon seit seiner Jugend ein Autonarr, machte eine Kfz-Lehre und studierte später Maschinenbau. Seit vielen Jahren arbeitet er nun bei einem großen Fahrzeugbauer. Mitunter fährt er mit dem Wagen sogar in den Urlaub, etwa an den Gardasee. „Ein Problem ist allerdings, dass man das Auto ja fast nirgends einfach stehen lassen kann – es ist ja offen.“

Ein Bub, der vorbeigeht und staunend auf seinen Wagen blickt, winkt Meggle zu. Meggle freut das sichtlich: „Ich sehe mich auch als Botschafter für Oldtimer“, sagt er, bevor er losfährt.
(Tobias Lill)

Bilder (ADAC Südbayern):
So weit das Auge reicht: Oldtimer beim Maxlrainer Oldie Feeling.
Hatten das älteste Auto am Start: Jürgen Meggle und seine Frau Anja.

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