Leben in Bayern

Auf Fremdstoffe im Biomüll wird ab sofort verstärkt geachtet. Darauf muss man sich auch in Bayern einstellen. (Foto: dpa/SZ Photo/Stephan Rumpf)

25.04.2025

Bald kommt die Müllpolizei

Am 1. Mai tritt die neue, strenge Bioabfallverordnung in Kraft – Verstöße können teuer werden

Dienstagabend. Der Familienvater kehrt von seiner Arbeit zurück. Die Biotonne steht noch vorne an der Straße, klar: Am Vormittag wurde geleert. Bevor der Mann ins Haus geht, will er noch schnell die Tonne wieder an ihren angestammten Platz ziehen – doch: Die Tonne ist noch randvoll. Dieses Erlebnis dürfte bald kein Einzelfall mehr sein. In wenigen Tagen gilt die neue Bioabfallverordnung – und sie hat es in sich: Nur noch ein Prozent Kunststoff und maximal drei Prozent Fremdstoffe dürfen künftig im Biomüll enthalten sein.

Was für viele nach einer kleinen Zahl klingt, ist in der Praxis eine gewaltige Herausforderung – für die Kommunen, die die Einhaltung kontrollieren müssen, aber auch für die Haushalte. Denn wer seinen Bioabfall falsch trennt, riskiert jetzt, dass die Tonne ungeleert bleibt oder dass Bußgeld fällig wird.

KI-gestützte Kameras erkennen Fremdstoffe

Die Kommunen haben verschiedene Methoden entwickelt, damit umzugehen. In der Landeshauptstadt München werden etwa KI-gestützte Kameras getestet, die während des Entleerungsvorgangs Fremdstoffe erkennen sollen. Seit Anfang April sind sie in mehreren Müllfahrzeugen im Pilotbetrieb im Einsatz. Sobald der Inhalt der Biotonnen in eines der Fahrzeuge gekippt wird, scannen die Kameras den Müll und gleichen das, was sie sehen, mit einer Fotodatenbank ab. Überschreiten die Fremdstoffe den zulässigen Wert, geht eine Lampe an. 

Im Landkreis Böblingen schlagen spezielle Detektoren Alarm, wenn sich unerwünschte Stoffe in der Tonne befinden. In Ulm setzt die Abfallwirtschaft auf ein digitales Sperrsystem. Wird eine Biotonne mehrfach falsch befüllt, bleibt sie stehen – und wird erst nach Zahlung einer Gebühr wieder geleert.

Im Landkreis Berchtesgadener Land geht man derzeit einen anderen Weg. Bewusst, wie Thomas Hartenberger, Leiter des Fachbereichs Kommunale Abfallwirtschaft im Berchtesgadener Land, betont: „Ein Ampelsystem wie in anderen Landkreisen ist bei uns nicht geplant“, sagt er. Auch auf technische Hilfsmittel wie künstliche Intelligenz oder Kameras verzichtet man aktuell. Stattdessen setzt die Abfallwirtschaft auf einen bewährten Grundsatz: Aufklärung.

Schon seit 2022 informiert das Landratsamt regelmäßig über die kommenden Verschärfungen. „Die neuen Grenzwerte lassen sich nur mit dem Zutun der Bürger einhalten“, erklärt Hartenberger. Informationskampagnen, Infoblätter, persönliche Beratung und Gespräche mit Hausverwaltungen und Hausmeisterservices sollen helfen, Fehlwürfe zu vermeiden. „Gerade in Mehrfamilienhäusern, wo mehrere Parteien eine Tonne nutzen, ist die Fehlerquote besonders hoch“, weiß Hartenberger aus Erfahrung.

Trotz aller Aufklärung setzt das Landratsamt auch auf Kontrolle. Schon jetzt werfen Müllwerker regelmäßig einen Blick in die Tonnen – künftig sollen diese Stichproben häufiger werden.

Die Stichproben sollen häufiger werden

Wer beim Fehlbefüllen erwischt wird, findet einen Hinweisaufkleber auf dem Deckel und wird aufgefordert, sich mit der Behörde in Verbindung zu setzen. Nach erfolgter Nachsortierung wird die Tonne zur nächsten regulären Leerung wieder mitgenommen. In besonders gravierenden Fällen, in denen eine Nachsortierung nicht möglich oder zumutbar ist, muss der Inhalt der Tonne auf eigene Kosten als Restmüll entsorgt werden. Wiederholte Verstöße können – je nach Schwere – ein Bußgeld nach sich ziehen, bis zu 1000 Euro.

Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger sind gefragt, auch die Abfallwirtschaft steht vor Veränderungen. „Im Zuge der Abfallsammlung und Verwertung kommen erhebliche personelle und finanzielle Herausforderungen auf die Abfallwirtschaft zu“, sagt Hartenberger. Der Kontrollaufwand bei der Einsammlung steigt. Auch die Abnehmer des Bioabfalls müssen künftig genauer hinsehen. Wird ein zu hoher Störstoffanteil festgestellt, lehnen sie die Annahme ab. Die Folge: Die gesamte Charge muss als Restmüll verbrannt werden.

Besonders häufig landen vermeintlich kompostierbare Kunststofftüten im Biomüll. Ihr Name klingt nach Umweltfreundlichkeit, doch in der Realität gelten sie als problematisch: Sie zersetzen sich nicht schnell genug und sind mit bloßem Auge nicht von normalen Plastiktüten zu unterscheiden. Die einfache Lösung: Bioabfall entweder lose oder in Papier eingewickelt in die Tonne geben.

Obwohl andere Kommunen bereits mit digitalen Lösungen experimentieren, bleibt man im Berchtesgadener Land dahingehend vorerst zurückhaltend. „Die meisten Systeme erkennen Störstoffe erst beim Schüttvorgang im Fahrzeug – da ist der gesamte Inhalt bereits kontaminiert“, so Hartenberger.

Auch der finanzielle Aufwand für eine flächendeckende Umrüstung der Müllfahrzeuge wäre erheblich. Man beobachte zwar neue Entwicklungen auf dem Markt – sieht aber noch keine Notwendigkeit.

Landkreis setzt auf Aufklärung

Für 2025 hat sich der Landkreis ambitionierte Ziele gesetzt: Die Quote der korrekt getrennten Bioabfälle soll steigen, der Anteil an Störstoffen deutlich sinken. Denn was viele nicht wissen: Schon geringe Verunreinigungen können dazu führen, dass ganze Ladungen unbrauchbar werden und in der Müllverbrennung enden. (Kilian Pfeiffer, Thorsten Stark)
 

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die tägliche Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.